Die wirtschaftlichen Bedingungen bleiben aktuell für Unternehmen herausfordernd und unsicher. Geschäftsmodelle erfordern etwa aufgrund der Klimaerwärmung und des Rufs nach Diversität Anpassungen, um langfristig zu bestehen. Zugleich scheint es, als ob Unternehmen in immer kürzeren Abständen überrascht werden von neuen Entwicklungen, die rasches Handeln erfordern: Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation oder die Instabilität der Finanzsysteme.

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Eine Frage der Existenz

Vielen Unternehmen ist bewusst, dass sie langfristig nur dann erfolgreich sind, wenn sie Themen wie Klima und Diversität in ihren Geschäftsmodellen berücksichtigen. Und zugleich können kurzfristig auftretende Entwicklungen für viele verheerend sein: Ein produzierendes Unternehmen, welches die Energiekrise ignorierte und nicht rasch und entschlossen handelte, existiert heute womöglich nicht mehr.

Die Autoren

Jan Meyer, Director Audit

Alessandro Miolo, Managing Partner Audit & Assurance, Deloitte Schweiz, Zürich.

Gutes Teamwork

Anspruchsvolle Herausforderungen erfordern ein gutes Teamwork innerhalb der Führung, einen systematischen Ansatz und eine gute Kommunikation, um diese Aufgaben erfolgreich meistern zu können. Drei Aspekte stehen dabei im Fokus: Der Verwaltungsrat verantwortet die Organisation, die Strategie sowie die Berichterstattung gegenüber den Aktionärinnen und Aktionären und weiteren Anspruchsgruppen – entsprechend ist eine wirkungsvolle Zusammenarbeit zentral für den Erfolg. Weiter ist es in einem von Unsicherheit geprägten Umfeld für eine starke Unternehmensführung entscheidend, Risiken vorausschauend zu begegnen und nicht reaktiv zu handeln.

Ein systematisches Risikomanagement ermöglicht es, den Blick auf langfristige Themen zu behalten. Schliesslich sehen Unternehmen, welche die strategisch langfristige Bedeutung des ESG-Themas verstanden haben, in der nicht finanziellen Berichterstattung mehr als Compliance. Sie sehen darin ein Mittel, um zu erklären, weshalb ihr Geschäftsmodell auch in Zukunft erfolgreich sein wird, und liefern so eine ergänzende Sicht zur traditionell historischen, finanziellen Berichterstattung.

Verwaltungsräte sind im Verlaufe des letzten Jahrzehnts internationaler und weiblicher geworden: Waren 2012 noch 9 Prozent der Verwaltungsräte der 50 höchstkapitalisierten Titel weiblich, so waren es 2022 bereits 32 Prozent. 8 Prozent der Verwaltungsräte sind fünfzig Jahre alt oder jünger, und mit 43 Prozent machen Mitglieder mit Kenntnissen im Bereich Finanzen/Banking die mit Abstand grösste Kategorie aus.

Auch wenn der Ruf nach mehr Ausgewogenheit lauter geworden ist: Im Einzelfall entscheidend ist eine Zusammensetzung, die eine Vielfalt des Denkens mit relevanten Fragestellungen beispielsweise der Branche oder in den geografischen Tätigkeitsgebieten zulässt: die kognitive Diversität. Ein breiter Erfahrungsschatz und Führungserfahrung sind wichtig, damit sich die Mitglieder in der breiten Diskussion engagieren können – Silodenken ist äusserst problematisch. Um die Vielfalt des Denkens tatsächlich nutzen zu können, ist eine konstruktive, konsensorientierte Diskussion im Verwaltungsrat wichtig. Offenheit und Transparenz im Dialog sind genauso entscheidend wie Agilität im Umgang mit kurzfristig auftretenden Themen und die Fähigkeit, in langfristigen Szenarien zu denken.

Griffige Massnahmen und Prävention

Ein modernes Risikomanagement eliminiert nicht die Unsicherheiten, denen ein Unternehmen ausgesetzt ist. Aber es hilft zu verstehen, ob die Massnahmen im Risikofall greifen, und dient dem Schutz der Reputation. Die Beurteilung der Eintretenswahrscheinlichkeit ist dabei viel anspruchsvoller als das blosse Erkennen von Risiken. Der Verwaltungsrat ist in der einmaligen Position, eine Aussensicht zur Risikoeinschätzung des Managements einzubringen und sie dann derjenigen des Managements gegenüberzustellen. Das hilft dem Unternehmen, über das bisher Bekannte hinauszublicken.

Der strategischen Bedeutung von ESG werden solche Berichte gerecht, die das Thema ganzheitlich betrachten, also es beispielsweise nicht nur aus einer Finanz-, «Health- und Safety»- oder Klima-Sicht beleuchten. Gut geschriebene Berichte legen transparent und klar dar, welche Fortschritte erzielt wurden und wie sich das Geschäftsmodell eines Unternehmens weiterentwickelt, damit es auch in Zukunft Gewinne schreibt. Letztlich ist der Verwaltungsrat in der Verantwortung, das Management mit ESG-Zielen zu incentivieren, denn 73 Prozent verfügen aktuell über keine oder nur kurzfristige ESG-spezifische Zielsetzungen.

Die Wirtschaftsprüfung stärkt die Corporate Governance eines Unternehmens, und zwar über die eigentliche Finanzberichterstattung heraus.

Die Revisionsstelle kann dem Verwaltungsrat ergänzende Einsichten in Fragestellungen und Funktionsweisen des Unternehmens liefern und so die Vielfalt des Denkens weiter verstärken. Auch nimmt die Revisionsstelle im Zusammenhang mit der Prüfungsplanung eine unabhängige Risikoeinschätzung vor, welche die Aussensicht des Verwaltungsrates bei der Risikoeinschätzung verstärken kann.

Darüber hinaus hilft eine – derzeit freiwillige – Prüfung der nicht finanziellen Berichterstattung, die Frage zu beantworten, ob das interne Kontrollsystem eines Unternehmens eine angemessene Qualität von ESG-Daten sicherzustellen und zuverlässig ESG-Kennzahlen zu messen vermag.