Die Schweizer Unternehmenslandschaft ist dynamisch: Jährlich wird eine Vielzahl an Start-ups gegründet – 2024 wurden laut dem KMU-Portal des Seco rund 53’000 neue Firmen im Handelsregister eingetragen. Der überwiegende Teil dieser Gründungen sind Kleinstunternehmen, die zu Beginn meist von der gesetzlichen Revisionspflicht durch ein Opting-out befreit sind.

Der Autor

Michael Merz, Senior Manager Audit Financial Services, Grant Thornton AG, Zürich

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Mit zunehmendem Wachstum und steigender Mitarbeiterzahl ändern sich jedoch die rechtlichen Anforderungen, insbesondere für Unternehmen mit mehr als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt. Ab diesem Zeitpunkt wird die eingeschränkte Revision gesetzlich vorgeschrieben, ein Opting-out ist nach Schweizer Recht nicht mehr möglich. Diese Schwelle betrifft vor allem operativ tätige Scale-ups, die sich in einer Phase konsolidierten Wachstums befinden. Zu diesem Zeitpunkt wird die Revision häufig als zusätzlicher administrativer Aufwand empfunden. Dabei wird übersehen, dass eine gut organisierte Prüfungsdurchführung nicht nur der Erfüllung gesetzlicher Pflichten dient, sondern auch einen Beitrag zu einer soliden Unternehmensentwicklung leisten kann.

Ein Bestandteil guter Governance

Das Obligationenrecht (Art. 727 ff. OR) sieht grundsätzlich eine Revisionspflicht für juristische Personen vor. Eine Ausnahme (sogenanntes Opting-out) gilt nach Art. 727a Abs. 2 OR, wenn weniger als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt bestehen und sämtliche Aktionäre dem Verzicht auf die Revision der Jahresrechnung zustimmen. Zusätzlich zur jährlichen Pflichtrevision können in bestimmten Situationen auch situative Spezialprüfungen notwendig werden – beispielsweise bei Kapitalerhöhungen mit Sacheinlagen oder Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen. Für Unternehmen in der Wachstumsphase ist es wichtig, diese Anforderungen frühzeitig zu kennen und entsprechend in die Ressourcenplanung einzubeziehen. So lassen sich spätere Engpässe und Zeitdruck vermeiden.

In der Praxis zeigt sich, dass eine Revision, gesetzlich vorgeschrieben oder freiwillig beauftragt, mehr leisten kann als die reine Überprüfung von Zahlen. Sie schafft eine strukturierte Grundlage für Transparenz, Verantwortlichkeiten und Risikobewusstsein im Unternehmen. Prüfungsberichte bieten Geschäftsleitung, Verwaltungsrat und Investoren eine verlässliche Informationsbasis. Zusätzliche Berichterstattungen an den Verwaltungsrat durch Management Letters oder die umfassende Berichterstattung im Rahmen einer ordentlichen Revision können dabei helfen, Prozesse zu hinterfragen und bei Bedarf zu verbessern. Themen wie Dokumentation, interne Kontrollen oder die effektive Ausgestaltung von Prozessen lassen sich so systematisch angehen.

Bedeutung für das Investorenvertrauen

Gerade für Scale-ups mit externen Kapitalgebern spielt die Glaubwürdigkeit der Finanzinformationen eine zentrale Rolle. Geprüfte Jahresrechnungen, Bestätigungen zum internen Kontrollsystem (IKS) oder Sonderprüfungen nach speziellen Vorschriften erhöhen das Vertrauen von Banken, institutionellen Investoren und Venture-Capital-Gebern. Auch freiwillige Prüfungen, zum Beispiel im Rahmen von Konzernstrukturen mit mehreren Gesellschaften oder bei internationaler Tätigkeit, können strategisch sinnvoll sein. Sie erleichtern die konsolidierte Berichterstattung, verbessern die Vergleichbarkeit von Kennzahlen und unterstützen eine klare Kommunikation gegenüber Anspruchsgruppen. Eine professionelle Revision erfordert die Wahrung der Unabhängigkeit der Prüfer. Dennoch kann die Revisionsstelle ein konstruktiver Sparringspartner sein, der branchenspezifische Erfahrungen einbringt und auf bewährte Vorgehensweisen verweist. Der Austausch und die erwähnte zusätzliche Berichterstattung an das Oberleitungsorgan einer Gesellschaft können Impulse zur Verbesserung von Abläufen und zur Stärkung der Governance geben.

Für wachsende Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitenden ist die Revision keine Option, sondern eine gesetzliche Pflicht. Richtig vorbereitet und umgesetzt, kann sie jedoch mehr sein als eine formale Erfüllung von Vorschriften. Sie trägt zur Transparenz, Risikominimierung und Vertrauensbildung gegenüber den Stakeholdern bei. Dabei handelt es sich um Faktoren, die insbesondere in der Wachstumsphase entscheidend sind. Scale-ups, die die Revision als Teil einer soliden Unternehmensführung verstehen, können eine stabile Grundlage für weiteres Wachstum und eine professionelle Positionierung am Markt schaffen.