Am kommenden Montag tritt Apples Chefetage wieder auf die grosse Bühne. Im Rahmen der jährlichen Entwicklerkonferenz WWDC (Worldwide Developers Conference) stellt der Tech-Konzern während einer Keynote seine Neuigkeiten vor.

Experten erwarten in diesem Jahr ein wahres Produktfeuerwerk: So dürfte es nicht nur neue Versionen der Betriebssysteme iOS, macOS, iPadOS und WatchOS geben, sondern auch neue Hardware. Zum einen erwarten Experten neue Macs – zum anderen aber auch ein völlig neues Produkt in Form einer Mixed-Reality-Brille.

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Was ist Apples nächste Revolution?

Apples «next big thing» könnte nichts weniger werden als der Start in die Ära nach dem iPhone und dem iPad. Konkret geht es um ein Mixed-Reality-Headset, das die Branche revolutionieren soll. Mit einem eigenen Betriebssystem, völlig neuen Apps, neuen Möglichkeiten beim Konsum von Filmen oder Sportevents tritt Apple an, um die bisherige Unterhaltungsbranche zu revolutionieren. Ob das klappt? Offen.

Apple-Bewertung nähert sich wieder der Dreibillionengrenze

Die Rallye von Apple im Jahr 2023 hat das Unternehmen wieder an den Rand einer historischen Schwelle gebracht: einer Marktbewertung von 3 Billionen Dollar (umgerechnet 2,69 Billionen Franken).

Die Aktie ist in diesem Jahr um 35 Prozent gestiegen und hat einen Marktwert von fast 690 Milliarden Dollar (etwa 620 Milliarden Franken) erreicht, da die Anlegenden von den stetigen Einnahmen und dem massiven Cashflow des iPhone-Herstellers begeistert sind. Durch diesen Anstieg ist Apple in Schlagdistanz zu seinem Rekord vom Januar 2022.

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Ursprünglich hätte das Produkt bereits vor einem Jahr vorgestellt werden sollen, Verzögerungen in der Entwicklung verunmöglichten aber einen Marktstart vor 2023. Schon seit Jahren halten sich Gerüchte, wonach Apple den nächsten grossen Wurf plant. Immer wieder gab es auch Gerüchte um eine neue Brille, die sich aber nicht bewahrheiteten. Nun aber verdichten sich die Leaks, auch Experten mit Insider-Wissen sind sicher: Am kommenden Montag ist es so weit.

Wie sieht die Brille aus?

Laut einem aktuellen Bericht von «Macrumors» dürfte das Headset ähnlich aussehen wie die Facebook-Oculus-Brille. Gemäss Leaks dürfte sie Ähnlichkeiten mit einer Skibrille haben. Allerdings soll das Gerät von Apple schlanker und leichter sein als andere Produkte auf dem Markt. Auch der Akku soll nicht in der Brille selbst stecken. Stattdessen will Apple einen externen Akku verwenden, der an der Hüfte befestigt wird. So soll ein besserer Tragekomfort und eine längere Laufzeit der Brille sichergestellt werden.

Mit zwei hochauflösenden 4K-Displays sollen Benutzer gestochen scharfe Bilder bekommen. Über ein Dutzend Kameras verfolgen Handbewegungen und Gesten. Auch Eye-Tracking-Sensoren zur Steuerung der Brille sowie Sprachsteuerung und räumliche Erkennungssensoren sind verbaut.

Apple will zudem bei der Nutzung der Brille nicht etwa auf ein Passwort oder eine PIN setzen. Stattdessen soll ein Iris-Scanner zum Einsatz kommen, der das Augenmuster des Benutzers identifizieren und zweifelsfrei zuordnen kann. Eine solche Funktion gibt es in ähnlichen Produkten bislang nicht – es wäre eine neue Stufe in Sachen Sicherheit.

Wie die Brille heissen soll, ist übrigens unklar. Apple hat aber in der Vergangenheit die Namen «Reality Pro» und «Reality One» schützen lassen. Dass die Brille aber einen dieser Namen trägt, muss nicht zwingend sein.

Was kann die Brille?

Apples Brille soll eine Mischung aus Virtual Reality und Augmented Reality bieten. Bei Ersterem befindet man sich in einer komplett virtuellen Umgebung – beispielsweise bei Videospielen. Bei Zweiterem wird in der realen Welt Vorhandenes digital ergänzt. Apple will nun versuchen, das Beste aus beiden Welten zu vereinen.

Wie genau das funktionieren soll, ist noch unklar. Apple-Experte Marc Gurman schreibt in seinem «Bloomberg»-Blog unter Berufung auf mehrere interne Quellen, dass es für die App-Entwickler klare Vorgaben gebe, wie die Brille genutzt werden kann. Die Entwicklerkonferenz WWDC, die eine Woche dauert, soll sich denn auch vor allem um die Brille drehen.

Laut «Macrumors» dürfte sich die Nutzung des Headsets zunächst vor allem auf Spiele, Videostreaming und Videokonferenzen beschränken. Auch der Konsum von Sportevents in einer Art virtuellen Realität soll möglich sein.

Dafür soll es einen eigenen App-Store und ein eigenes Betriebssystem mit dem Namen «xrOS» geben. Gesteuert werden soll die Brille über eine ähnliche Bedienungsoberfläche wie auf dem iPhone – einfach in der virtuellen Realität.

Wofür die Brille?

Apple stösst seit einiger Zeit verstärkt in den Unterhaltungsmarkt vor, sicherte sich unter anderem die Übertragungsrechte der US-Fussballliga MLS und der Baseball-Liga MLB. Zudem produziert der Tech-Gigant unter dem Namen «Apple TV Plus» eigene Filme und Serien.

Der Technik-Riese aus Kalifornien dürfte nun versuchen, mit dem Mixed-Reality-Headset eine neue Welt für Konsumenten zu schaffen. So könnte beispielsweise bei Sportevents ein Erlebnis fast wie im Stadion kreiert werden – mit Rundumblick, einer realistischen Geräuschkulisse und der Möglichkeit, Grafiken zum Spiel oder Resultate aus anderen Spielen einzublenden. So will sich Apple einen grösseren Teil des Entertainment-Kuchens sichern.

Auch neue Fitnessfunktionen, hautnahe Videokonferenzen oder Spiele in fast echter Umgebung dürften für Konsumenten einen Anreiz bieten, die Brille zu kaufen.

Was sind die Nachteile?

Gemäss den Leaks stechen vor allem zwei Nachteile heraus: Die Brille soll nicht durchsichtig sein. Zwar soll es nach aussen gerichtete Displays geben, die den umstehenden Personen Grafiken anzeigen können. Wie eine normale, durchsichtige Brille soll sich das Gerät aber nicht verwenden lassen. Im Alltag wäre die Brille damit kaum einsetzbar.

Zudem dürfte das Headset wie bei allen Technik-Revolutionen richtig teuer werden – zumindest am Anfang. Laut «Macrumors» dürfte die Brille rund 3000 Franken kosten. Das Gerät richtet sich in einer ersten Version aber vor allem an Profis und Entwickler.

Laut dem Portal arbeitet Apple jedoch bereits an einer zweiten Version des Headsets. Dieses soll deutlich günstiger sein und durch den Verbau günstigerer Komponenten eher im Preisbereich eines neuen iPhone liegen. Die Analysten rechnen aber damit, dass ein solches Gerät nicht vor 2024 oder 2025 auf den Markt kommt.

Auch die erste, teure Generation der Apple-Brille dürfte indes nicht sofort nach der Vorstellung am kommenden Montag erscheinen. Experten zufolge dürften erste Headsets erst im Herbst oder sogar erst im Winter zum Kauf erhältlich sein.

Muss ich mir das Gerät kaufen?

Wer nicht in der Tech-Welt arbeitet und bereits heute regelmässig mit AR oder VR zu tun hat, braucht die Apple-Brille zum Start vermutlich nicht. Auch Apple erwartet keine Millionen-Absätze, schreibt Experte Gurman. Hochrangige Apple-Mitarbeiter würden eher davon ausgehen, dass das neue Gadget ein Megaflop wird.

Mit der Zeit und günstigeren Preisen solle die Brille aber irgendwann sogar das Potenzial haben, das iPhone oder iPad komplett zu ersetzen. Das klingt ambitioniert und lockte in den vergangenen Wochen vor allem Kritiker auf den Plan. Diese gab es allerdings auch schon beim Start des iPhone in den Jahren 2007 und 2008.

Insider gehen davon aus, dass die Brille am Montag eher als Konzept für Entwickler vorgestellt wird – kaufen kann man sie wohl erst später im Jahr.

Der Artikel ist zuerst beim «Blick» unter dem Titel «Killt diese «Skibrille» das iPhone?» erschienen.