Kürzlich war ich zum zweiten Mal auf einer Study Tour in TelAviv, um zu erfahren, was sich an diesem Hot-Spot gerade tut. Ein Israelischer Unternehmer quittierte meine Neugierde lakonisch: «Vor 2000 Jahren kamen die Menschen nach Israel, um Jesus zu sehen. Seit 30 Jahren kommen sie, um die Start-ups zu besuchen.»

Die Start-ups in Israel haben eine signifikant höhere Erfolgsrate als anderswo. Die ersten zwei Jahre übersteht eines von sieben Start-ups, während es international nur eines von zehn schafft. Wir können von den Israelis also einiges lernen. Allerdings hat Israel auch Faktoren, die dem Land natürliche Vorteile verschaffen und nicht kopierbar sind. Diese sind stark mit der Geschichte und Situation Israels verbunden.

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Erstens: Technologie-Kompetenz als Überlebensgarantie. Die technologische Entwicklung ist für einen Staat, der von allen Seiten ständig bedroht wird, essenziell. Nur so können Armee und Mossad die ständigen Attacken auf das Land erfolgreich abwehren.

Zweitens: Das Militär als Humus. Der dreijährige Militärdienst schafft enge Bindungen in einem Netzwerk, das sie selbst als «Bruderschaft» bezeichnen. Die ständige Bedrohung stärkt auch die gegenseitige Hilfsbereitschaft und Solidarität. Für Technologie-Begabte ist das Militär auch eine Top-Ausbildungsstätte. Viele erfolgreiche Gründerinnen und Gründer haben eine Militärakademie absolviert. Technologien haben häufig ihre Ursprünge in der Rüstungsindustrie. So stammt beispielsweise viel Know-how für AR und VR aus der Produktion von Cruse Missiles.

Drittens: Das Start-up-Gen der Immigranten. Ein Grossteil der in Israel lebenden Menschen sind Immigranten. Auch wenn das bei vielen eine oder zwei Generationen zurück liegt, gehört es zur Kultur, dass man keine Angst davor hat, bei Null zu beginnen, Risiken einzugehen und – auf dem Weg zum Erfolg – Rückschläge einzustecken.

Wo können wir in der Schweiz noch zulegen?

Erstens: Begeisterung für Tech-Berufe schaffen. Kein Land auf der Welt hat prozentual mehr Arbeitskräfte im High-Tech Sektor als Israel. Die Israelis sagen «Wir wollen einen Apollo-Effekt: Alle Israeli sollen Ingenieure werden».

Zweitens: Global denken. Die Israelis begnügen sich nie mit ihrem kleinen - mit der Schweiz vergleichbaren - Markt von 9 Mio. Einwohnern. Sie zielen immer gleich auf den Weltmarkt. Nicht wie wir, die oft an die Schweiz oder den DACH-Raum denken. In der Internetökonomie gilt: Scale or fail.

Drittens: Besser vernetzen. Die Start-ups kommunizieren intensiv miteinander und unterstützen sich gegenseitig. «Tel Aviv kann mit drei Anrufen mobilisiert werden» ist ein geflügeltes Wort. Mehr Hilfsbereitschaft und Solidarität würde auch dem Schweizer Ecosystem gut tun.

Über den Autor

Dominique von Matt ist Verwaltungsratspräsident der Branding- und Kommunikationsagentur Jung von Matt.

Viertens: Mäzene mobilisieren. Eine wichtige Institution in Israel ist Start-up Nation Central, die die Aufgabe hat, das israelische Start-up Ecosystem zu stärken. Dazu gehört beispielsweise ein «Start-up-Finder», der Orientierung und Transparenz unter den 7000 Start-ups des Landes schafft. Die Institution lebt ausschliesslich von vermögenden Spendern, die damit einen gesellschaftlichen Impact erzielen wollen. Angesichts der Milliardärs-Dichte in der Schweiz wäre das eigentlich überfällig.

Fünftens: Mehr Chutzpah. Ein typisch israelischer Ausdruck, der Kühnheit und Unverfrorenheit meint. Yossi Vardi, einer der erfolgreichsten Israelischen Tech-Unternehmer und Investoren, sieht das denn auch als differenzierendsten Erfolgsfaktor. «330000 Menschen wollen mit dem Messer im Mund und dem Feuer im Bauch die Welt erobern.»

Aber vielleicht sind all diese Punkte auch müssig und es wird es gar nicht mehr nötig sein, dass wir Schweizerinnen und Schweizer uns verändern. Denn: Die Artificial Intelligence ist gerade auch in Israel so weit, dass wir Menschen nicht mehr die einzigen intelligenten Akteure in diesem Ökosystem sind.