Wenn Novartis am Dienstag seine Quartalsbilanz veröffentlicht, könnte das nicht nur für den scheidenden Konzernchef Joseph Jimenez einer der letzten Auftritte sein. Auch für die Augenheilssparte Alcon droht die Zeit bei dem Unternehmen aus Basel abzulaufen.

Unter Analysten und an der Börse herrscht die Ansicht vor, dass der weltgrösste Hersteller von verschreibungspflichtigen Medikamenten sich von dem einst für mehr als 50 Milliarden Dollar gekauften Hoffnungsträger, der die Erwartungen nie erfüllen konnte, verabschieden wird.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Die Novartis-Spitze selbst lässt sich nicht in die Karten blicken, seit Alcon Anfang 2017 zur Disposition und eine Entscheidung bis Jahresende in Aussicht gestellt wurde. «Wir haben gesagt, dass wir dazu bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen Ende Oktober ein Update geben, dabei bleibt es», sagte Verwaltungsratschef Jörg Reinhardt erst jüngst wieder im Interview mit der «Handelszeitung». Er signalisierte allerdings, dass dank der zuletzt besseren Geschäftsentwicklung der Sparte der Druck für Novartis gesunken sei.

Analysten tendieren zu Ausstieg

Nun blicken alle auf die kommende Woche. Redet der Konzern dann Klartext? «Wir erwarten, dass sich Novartis für einen Ausstieg über den Kapitalmarkt entscheidet», schreiben die Analysten von JP Morgan in einer Kurzstudie. Weil dafür aber wohl erkennbar bessere Gewinnmargen bei Alcon die Voraussetzung seien, rechnen sie mit diesem Schritt frühestens in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres. Auch die Experten von Jefferies und Kepler Cheuvreux erwarten für den Fall einer Trennung von Alcon eher einen Spin-off als einen Verkauf.

Ein Abschied von Alcon wäre ein weiterer einschneidender Umbau und ein noch stärkeres Abrücken vom Vermächtnis des früheren Novartis-Lenkers Daniel Vasella, der das Unternehmen zu einem breit aufgestellten Pharma- und Gesundheitskonzern geformt hatte. Präsident Reinhardt und Konzernchef Jimenez hatten vor rund drei Jahren einen radikalen Kurswechsel vorgenommen und Novartis klar auf das renditestarke Pharmageschäft ausgerichtet.

Neuer Chef, neuer Fokus

Offiziell liegen bei Alcon, das in den Bereichen Augenchirurgie und Kontaktlinsen tätig ist und rund zwölf Prozent zum Konzernumsatz beträgt, alle Optionen auf dem Tisch: Ein Börsengang und ein Verkauf an Dritte ebenso wie ein Festhalten an der Sparte.

Welcher Weg beschritten wird, knüpfte Jimenez letztlich an Fortschritte der mit Ertragsproblemen kämpfenden Sparte. Allerdings dürfte der vor kurzem überraschend zum neuen Novartis-Chef gekürte Vasant Narasimhan bei der Entscheidung wohl schon ein gewichtiges Wort mitreden. Er soll Jimenez im Februar ablösen. Mit der Ernennung des 41-jährigen Amerikaners, der momentan die Medikamentenentwicklung leitet, rücken bei Novartis Forschung und Wissenschaft wieder stärker in den Mittelpunkt.

Sandoz nicht in Gefahr

«Sie werden einen Teil von Alcon – maximal 60 Prozent – an die Börse bringen und den Rest behalten, um einen Teil der Früchte der Restrukturierung zu ernten» zeigte sich ein Börsenhändler in Zürich überzeugt. Gesichert scheint dagegen der Verbleib von Sandoz, dem Geschäft mit Nachahmermedikamenten, im Konzern. «Unser Kerngeschäft sind pharmazeutische Produkte», wie Präsident Reinhardt der «Handelszeitung» jüngst sagte. «Dazu gehören innovative Produkte mit Patentschutz, aber auch Medikamente, bei denen der Patentschutz abgelaufen ist, wie sie Sandoz macht.»

(reuters/jfr)