Die Branche quält sich durch das neunte Quartal in Folge mit negativem Wachstum, trotzdem sagt Andreas Knöpfli von sich: «Ich habe ein gutes Jahr hinter mir.» Knöpfli hat sich in diesem Jahr als neuer Managing Director von Sun Schweiz stark gemacht. «Sinkende Märkte verlangen andere Managementskills und neue Marketingstrategien», sagt er, «sie zwingen zu Innovation, ermuntern zu verstärkter Kundenorientierung und klarem Governmentsystem. Wir haben unsere Antwort gegeben.» Knöpfli macht nicht den Eindruck, als liesse er sich durch die gegenwärtige Wirtschaftslage zum Grübeln verleiten. Die Firma ist auf Kurs: «Das Resultat stimmt. Im zweiten Quartal haben wir in der Schweiz signifikant Marktanteile gewonnen und sind im RISC/Unix Servermarkt die klare Nummer eins.»

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Bevor Knöpfli den Chefsessel bei Sun Microsystems übernahm, war er bei Compaq als General Manager für Industrie-Standard-Server für Europa, den Mittleren Osten und Afrika zuständig und dauernd auf Achse. «Ich bin sehr multikulturell eingestellt», sagt er, «aber die ewige Fliegerei war auf die Dauer nicht sehr spassig, man sieht eh nur die Büros, die Hotels und die Sicherheitschecks in den Flughäfen, von den Ländern selber sieht man wenig.» Trotzdem kommen ihm die Erfahrung an der Verkaufsfront und seine Jahre bei Compaq in Houston und im Silicon Valley zugute: Er kennt das Business. «Ich weiss», sagt er, «sie kochen alle nur mit Wasser.»

Knöpfli allerdings kocht mit etwas heisserem Wasser. Angefangen hat er seine Karriere als Programmierer beim Kanton Schaffhausen auf Grosssystemen. «Ich wollte in einer Branche arbeiten, bei der in Zukunft die Post abgeht», erzählt er, «Innovation» war gefragt, und «Internationalität». Knöpfli bildete sich zum Wirtschaftsinformatiker aus. Systemtechnik, Analysen waren die Dinge, die ihn begeisterten, Amerika, Silicon Valley die Ziele seiner Träume. Später, bei Tandem Computer, wurde er, wie er sagt, «zum Glück gezwungen»: «Ich bewarb mich intern für einen Karriereschritt, aber man bedeutete mir, ich solle doch in den Verkauf wechseln.» Offenbar hatten seine Chefs ein Talent bei ihm entdeckt, von dem er selber noch nichts wusste. «Verkauf war ja auch nicht gerade ein prestigeträchtiger Zweig der Branche», erzählt er. «Klinken putzen. Als ich das meinen Eltern erzählte, rümpften sie die Nase.»

Im Verkauf ist Knöpfli zum Winnertyp geworden

Aber Knöpfli schickte sich in den Job. «Die ersten paar Monate waren die schwierigsten Zeiten meiner Berufslaufbahn», erinnert er sich, «damals habe ich gesehen, was es bedeutet, eine Kundenbeziehung vom Telefonbuch aus bis zum Geschäftsabschluss aufzubauen. Es ist knallharte Knochenarbeit.» Diese Gefühlswellen, wenn ein Schritt gelingt und man eine Präsentation machen kann, wenn einem die Konkurrenz an den Karren fährt, dann aber doch der Abschluss gelingt, ein Millionenauftrag nach Hause gebracht wird oder die Felle davonschwimmen: Mehr und mehr war Knöpfli fasziniert von der Herausforderung, mit diesen Gefühlsstürmen umzugehen, sich mental stark zu machen und als Sieger aus diesen Rennen hervorzugehen. Heute weiss er: «Der Kunde spürt sofort, ob er mit einem Looser oder einem Winner am Tisch sitzt.» Damit seine Kunden fortan nur mit Winnern am Tisch sitzen, setzt Knöpfli alles daran, seine eigenen Leute für dieses Powerplay zu begeistern. «Es braucht dafür Menschen, die sich sehr gut motivieren können, die nicht aufgeben, wenns schwierig wird, die sich schnell wieder aufrappeln, wenn sie mal untendurch mussten. Leute mit einem gewissen Killerinstinkt.» Kinder von Einwanderern, so erzählt er, haben oft diese Qualitäten. Secondos, deren Eltern schwierige Zeiten durchleben mussten, und deren Kinder es nun besser haben wollen, oder Sportler, die gelernt haben, Niederlagen einzustecken, wieder aufzustehen, wieder anzutreten, das sind seine bevorzugten Verkäufer. Ihnen sagt er: «Wenn ihr in den Kampf zieht, dann geht, um zu gewinnen.»

Knöpfli hat seine Position als Managing Director so eingerichtet, dass er rund die Hälfte seiner Zeit mit seinen Verkäufern und den Kunden verbringen kann. «Der Laden zu Hause muss laufen, als Managing Director von Sun Schweiz will ich mein Gesicht draussen an der Front zeigen», sagt er. So sieht er, was die Kunden wünschen, und wie seine Leute mit diesen Wünschen umgehen. «Coaching on the Job» nennt er das, wenn er mit seinen Verkäufern die Gespräche vorbereitet oder nachher analysiert. «Wenn ich neue Leute einstelle», erzählt er, «dann frage ich sie immer, warum sie am alten Ort weggehen, und einer der meistgehörten Gründe ist: Ich habe kein Feedback, keine Führung gehabt. Viele Manager scheuen sich, mit ihren Mitarbeitern schwierige Gespräche zu führen, aber das ist ein Must. Wir können nur besser werden, wenn wir miteinander reden.»

Schwierige Gespräche musste Knöpfli in diesem Jahr zur Genüge führen. «Ich musste einige Leute entlassen», sagt er. «Man hat früher Leute eingestellt und dann nach ein paar Monaten gesehen, dass sie nicht am richtigen Ort sind. Wenige Low-Performer können aber ein ganzes Team schwächen. In solchen Situationen ist Fairness und Härte gefragt.» Ist er ein scharfer Hund? «Scharf im positiven Sinn: Ehrlich, geradeaus und konsequent, ja. In solch schwierigen Situationen wird das meist sogar geschätzt.» Führen, motivieren und handeln ist Knöpflis Devise. «Man muss den Leuten sagen, wohin es geht, dann muss man sie motivieren und diesen Weg auch wirklich gehen!» Macht er das selber auch immer so? «Na ja», sagt er, «immer gelingt es nicht.» Da ist etwa dieses Ziel, eines Tages den Engadiner Ski-Marathon mitzumachen. Aber er schafft es nicht, Zeit fürs Training freizuschaufeln.

Bürgerlich, aber mit Stil

Momentan ist Knöpfli in seiner Freizeit ohnehin genug gefordert. Er kandidiert auf der Liste der Zürcher Freisinnigen für einen Sitz im Nationalrat. «Die Schweiz», sagt er, «braucht wieder Leute in der Politik, die in der Wirtschaft gross geworden sind. Wir haben zu viele Juristen im Parlament, zu viele Beamte, Lehrer, aber zu wenig Leute, die im Business aktiv sind.» Gerade die IT-Branche mit ihrem grossen Zukunftspotenzial sei im Privatbereich, in Schulen, Universitäten und der Wirtschaft bestens vernetzt, «aber im Parlament», so Knöpfli, «sind die Bienenzüchter besser vertreten als die IT-Branche». Knöpflis Wahlslogan lautet: «Für eine solide bürgerliche Politik mit Stil und Niveau.» Mit «bürgerlich» will er sich nach links abgrenzen, mit «Stil und Niveau» nach rechts. «25% der Wertschöpfung der Schweiz finden im Grossraum Zürich statt, Zürich braucht wieder eine starke FDP, damit das wirtschaftliche Denken in Bern wieder vertreten ist.» Ein Nationalratsmandat wäre ein 50%-Job. Ob sich das mit seiner Aufgabe als CEO vereinbaren liesse? «Man müsste das anschauen», sagt Knöpfli. «Wir haben in der Schweiz nun mal dieses Milizsystem. Bei Sun haben wir unser globales Denken, aber wir passen uns den lokalen Gegebenheiten an. Wenn die IT-Branche in der Schweiz bessere Rahmenbedingungen haben will, dann muss das einer tun.» Die Schweiz hat nach Knöpfli zwar viele geniale Köpfe in der Wissenschaft, der Informatik oder der Robotik, aber sie hat es nicht geschafft, über Kudelski und Logitech hinaus Firmen von internationaler Bedeutung hervorzubringen. «Das Know-how ist da, aber der Transfer in die Wirtschaft passiert nicht. Deutschland zum Beispiel hat SAP hervorgebracht, die Finnen haben mit Nokia den Weltmarkt erobert, hätten wir eine bessere Vertretung der IT-Branche in Bern, wären wir vielleicht heute auch an einem andern Ort.» Die Schweiz brauche optimistischen Spirit und Winner-Mentalität. «Man muss wieder sehen, dass das Glas bereits halb voll ist, nicht halb leer.»

Der 19. Oktober, der Tag der Nationalratswahlen, wird ein Tag sein, an dem sich seine berufliche Zukunft entscheidet. Falls die Wähler Andreas Knöpfli in den Nationalrat schicken wollen, senden sie ein Signal, das Bern eigentlich aufschrecken müsste. Als IT-Mensch ist es sich Knöpfli nämlich gewohnt, dass sich die Dinge alle sechs Monate total umwälzen.

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Steckbrief

Name: Andreas Knöpfli

Funktion: Managing Director von Sun Microsystems (Schweiz) AG

Alter: 42

Wohnort: Uhwiesen ZHFamilie: Verheiratet, eine Tochter

Transportmittel: Audi A6

Karriere

1985 - 1990 Systemanalytiker bei Tandem Computers

1990 - 2002 Sales Director bei Compaq Schweiz, Manager bei Compaq in Houston und EMC Schweiz

Seit 2002 Managing Director von Sun Microsystems Firma

Sun Microsystems - Die Vision «The network is the computer» machte die 1982 in den USA gegründete Firma zum führenden Anbieter von hochwertiger Hard- und Software sowie Dienstleistungen fürs Internet. Sun ermöglicht Firmen den Sprung in die Net-Economy. Heute ist das Unternehmen weltweit in über 100 Ländern vertreten und als Marktleader im Mission-Critical-Unix-Bereich positioniert. Sun engagiert sich aber auch stark im Linux-Segment und will dort eine wichtige Rolle spielen. In der Schweizzählt Sun Microsystems rund 300 Beschäftigte.