Für die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer schliesst sich ein Kreis. Gut sieben Jahre nach dem Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise liefern die G20-Staaten den letzten grossen Baustein, um zu verhindern, dass der Zusammenbruch grosser Geldhäuser noch einmal das ganze Weltfinanzsystem in den Abgrund reissen kann.

Damit sollen vor allem Steuerzahler geschont werden, die 2008 mit Milliarden zahlreiche Institute auffangen mussten. Konkret geht es um 30 international tätige Institute, die so gross und vernetzt sind, dass ein Systemrisiko besteht. Ihnen verordnen die G20-Staaten neben dem ohnehin schon erhöhten Kapitalpuffer nun ein zweites Sicherheitsnetz.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

«Too big to fail»-Problem soll Vergangenheit angehören

Damit soll das «Too big to fail»-Problem der Vergangenheit angehören. Branchen-Riesen sollen sich nicht mehr darauf verlassen können, dass sie im Notfall mit Steuergeldern gerettet werden, weil Staaten eine Kettenreaktion fürchten.

Für die Banken fällt damit eine Art unausgesprochene Staatsgarantie weg. Und die war bares Geld wert. Denn sie minderte das Risiko für Investoren. Ein IWF-Experte beziffert diese allein für europäische Institute auf eine dreistellige Milliardensumme.

Letzter Mosaikstein

Die G20-Staaten wollen, dass die für das Weltfinanzsystem entscheidenden Banken selbst dafür sorgen, dass sie sich finanziell noch stärker gegen Risiken wappnen. Sie sollen über noch mehr sogenanntes Haftungskapital verfügen. Nur das, so die Logik, bürgt dafür, dass sie auch in Notfällen ohne Gelder der Steuerzahler geordnet abgewickelt werden können.

Das G20-Treffen in der Türkei liefert damit das letzte grosse Mosaikstück, das die bereits verschärften Aufsichts- und Haftungsregeln, die Gesetze zur Restrukturierung von Banken und das enger gestrickte Sicherheitsnetz aus Eigenkapital ergänzt.

Das Konzept dafür hat im Auftrag der Staatengruppe der Finanzstabilitätsrat FSB erarbeitet, in dem hochrangige Vertreter von Finanzministerien, Notenbanken und Bankenaufsehern sitzen. Die Fachleute operieren dabei mit zwei Formeln, die unter den Kürzeln GLAC (gone concern loss absorbing capacity) und TLAC (total loss absorbing capacity) firmieren. Beide beziehen sich auf eine zusätzliche Haftungsmasse bei Banken für den Fall, dass ein Institut abgewickelt werden muss - ein Extra-Puffer also.

Reservetopf wenn Eigenkapital nicht reicht

Im Gegensatz zum ersten Sicherheitsnetz besteht der zweite GLAC-Topf aus Fremdkapital. Er wird angezapft, wenn bei einer Bank Verluste das Eigenkapital aufzehren. Die Institute sollen dafür beispielsweise Wandelanleihen vorhalten, sogenannte «CoCo-Bonds», die bei Unterschreitung eines bestimmten Eigenkapitalwertes quasi automatisch zu Haftungskapital werden.

«Es muss um etwas geben, auf das man einfach und schnell zugreifen kann», erklärt ein Regierungsexperte. Für die betroffenen Banken könnten Anleihen wegen des höherem Haftungsrisikos aber relativ teuer werden.

Der zweite Topf ergänzt die bereits verschärften Eigenkapitalanforderungen. Zusammen mit denen ergibt das die Grösse TLAC. Noch rechtzeitig vor dem G20-Gipfel legte der FSB die Grössenordnung fest. Ab dem 1. Januar 2019 soll die TLAC-Quote zunächst bei 16 Prozent liegen, ab 2022 bei 18 Prozent.

Dreistellige Milliardensummen beschaffen

Um das zu erfüllen, müssen sich die betroffenen Institute nach Expertenschätzung zusammen wohl zusätzlich dreistellige Milliardensummen beschaffen. Hinzu kommen noch für die wichtigsten Banken weitere Kapital-Puffer, darunter ein sogenannter Systemrelevanz-Zuschlag von maximal 2,5 Prozent.

Auf der Liste stehen die Schweizer Grossbanken Credit Suisse und UBS, die Deutsche Bank, die US-Institute Citigroup, Goldman Sachs, JP Morgan und Bank of America und die britische HSBC.

In China hält das FSB inzwischen vier Institute für systemrelevant, darunter die Bank of China. Die aber sollen noch etwas mehr Zeit erhalten, um die verschärften Anforderungen zu erfüllen.

(sda/ccr)