In der Schweiz werden gegenwärtig Wohnungen und Häuser reihenweise gebaut – und der Boom dürfte in den kommenden Jahren anhalten. Doch der Baubranche gehen allmählich die Handwerker aus. Es fehlten Maurer, Bauführer, Schreiner, Zimmerleute, Gipser und Spengler, klagt der Schweizerische Baumeisterverband. Auch im Holzbau, im Metallbau, in der Maschinenindustrie und im Baunebengewerbe sind gut ausgebildete Handwerker Mangelware. So sucht die Gebäudetechnik derzeit verzweifelt rund 10 000 Sanitärinstallateure, Heizungs- und Klimatechniker sowie Monteure. Urs Schüpbach, Chef des Stellenvermittlers Manpower Schweiz, spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung. «Handwerker und Gewerbe sind das Herz und der Wachstumsmotor der Wirtschaft», sagt er. Das Handwerk bleibe auch in einer hoch entwickelten Gesellschaft wichtig.

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Eine Entspannung zeichnet sich in absehbarer Zeit nicht ab. Mit den geburtenschwachen Jahrgängen, die nun in der Oberstufe sind, spitzt sich das Problem gar weiter zu. Das Bundesamt für Statistik rechnet bis 2018 mit 10 bis 15 Prozent weniger Schulabgängern. Zudem wird sich mit der fortschreitenden Akademisierung der Gesellschaft die Quote der Lehrlinge verringern. Sie liegt heute bei 65 Prozent, in wenigen Jahren wird sie unter 50 Prozent betragen. «Handwerker haben in der Gesellschaft einen tiefen Stellenwert, und das schreckt immer mehr Jugendliche von einer Lehre ab», sagt Hans-Peter In-Albon, Direktor des Verbands Schweizerischer Elektro-Installationsfirmen. Die Bemühungen der Berufsbildungsämter und Branchenverbände, den Jugendlichen mit Imagekampagnen die handwerklichen Berufe wieder schmackhaft zu machen, fruchteten bislang wenig. «Bestenfalls gelingt damit eine Schadensbegrenzung», sagt Ruedi Christen, Sprecher des Schweizerischen Gewerbeverbands.

Zur Behebung dieses akuten Mangels folgen immer mehr Branchen dem Beispiel des Bauhauptgewerbes. Dieses holt die fehlenden Handwerker schon länger im Ausland. 60 Prozent der Beschäftigten auf dem Bau haben inzwischen einen ausländischen Pass. Die Auslandrekrutierung werde unumgänglich, sagt Manpower-Manager Schüpbach.
Das hat allerdings seine Kehrseite. So heisst es beim Baumeisterverband, dass es eine grosse Herausforderung sei, die Ausländer auf den Schweizer Baustellen in die Qualitätsstandards einzuführen. Zudem drängten immer mehr ausländische Unternehmen in die Schweiz, darunter auch viele illegal operierende Scheinselbstständige.
Die Folgen dieser Entwicklung hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) jüngst in einem Bericht dargelegt: Immer mehr Firmen verletzen die Gesamtarbeitsverträge, und Lohndumping macht sich breit. Besonders verbreitet sind Missbräuche auf dem Bau, namentlich bei den Plattenlegern, Malern, Gipsern und Schreinern.Seite 5