Majestätisch ragen die fünf Hochhaustürme in den wolkenlosen Tropenhimmel. Der Suntec-Komplex in Singapur ist einer Hand nachempfunden: Die vier langen, dünnen Wolkenkratzer symbolisieren die Finger, der kleine dicke Turm den Daumen.

Im Tower Five – dem Daumen – befindet sich die lokale Niederlassung der Schweizer Grossbank UBS. Deren Chef, Rolf Gerber, kann bei klarem Wetter seinem Schweizer Kollegen Olivier Grandjean von der Banque Cantonale Vaudoise schräg gegenüber ins Büro blicken. Die Waadtländer haben sich im Tower One – dem Zeigefinger – eingerichtet.

Die Präsenz der Schweizer Banken im Stadtstaat Singapur ist erstaunlich stark. Die UBS ist mit mittlerweile 900 Mitarbeitern vor Ort, die Credit Suisse mit rund 800. Kleinere Teams haben nebst der Banque Cantonale Vaudoise auch die Zürcher Kantonalbank, die Claridenbank oder die Banque Pictet in den Stadtstaat abgesandt.

Die Schweizer Banken, so scheint es, wollen bereit sein, wenn eintreten sollte, was die meisten Experten erwarten: ein rasanter Aufschwung des Finanzplatzes Singapur. Ein Aufschwung, der – auch dies die einhellige Meinung der Beobachter – zum grossen Teil auf Kosten der Schweiz erfolgen dürfte. Denn der nur 660 Quadratkilometer grosse Stadtstaat am unteren Ende von Malaysia ist angetreten, die Schweiz in ihrer ureigensten Domäne anzugreifen: dem Privatebanking, dem Geschäft mit vermögenden Privatkunden.

In diesem Geschäft ist die Schweiz immer noch weltweit führend. Die Rekordsumme von rund 4000 Milliarden Franken ruht in den Kundendepots in der Schweiz, meist gut bewacht in den Tresoren unter der Zürcher Bahnhofstrasse oder in den Safes der Genfer Privatbankiers. Mit einem Anteil von 25 bis 30 Prozent an der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung hat die Schweiz klar die Nase vorn. Unter dem Schutz des Bankgeheimnisses haben in den letzten Jahrzehnten die Reichen der Welt ihr Geld in den sicheren Hafen Schweiz gebracht.

Die Verwaltung dieser Milliarden ist ein lukratives Geschäft. Um dieses Business streiten sich die Finanzplätze der Welt schon seit längerem, doch erst seit neuester Zeit mit auffallend harten Bandagen (siehe «Bloss keine neuen Profiteure» auf Seite 104). Die OECD und die EU nehmen das Schweizer Bankgeheimnis seit letztem Jahr nachdrücklich in die Zange. Ziel der Konkurrenz aus London, Washington oder Brüssel ist es letztlich, einen grösseren Teil der Vermögensverwaltung unter ihre Fittiche zu bekommen. Doch zu profitieren scheint derzeit vor allem ein Dritter, vermeintlich Unbeteiligter: der Finanzplatz Singapur.

Pierre-François Baer, Chef von Credit Suisse Private Banking (CSPB) in Singapur, schaut aus dem grossen Fenster seines Büros am Raffles Link hinüber zum historischen Bankenzentrum am Singapore River und nickt nachdenklich mit dem Kopf. «Es gibt Kunden, die sich offensichtlich nicht mehr wohl fühlen, ihre Gelder in der Schweiz zu haben.» Als Grund vermutet Baer «die negative Presse» und «die Angst ums Bankgeheimnis».

So konnten seine Mitarbeiter in Singapur nur eine Woche zuvor etwa einen Kunden aus Lateinamerika gewinnen. Dieser hatte seine gesamten Vermögenswerte – vor allem bestehend aus einem dicken Paket Obligationen –, die er jahrelang in der Schweiz hatte, abrupt abgezogen. Danach war der Mann in Zürich ins Flugzeug gestiegen und nach Singapur gejettet, um seine Obligationen dort zu deponieren. Es sei das erste Mal, dass er so etwas hier erlebe, sagt Baer, der seit acht Jahren in Asien ist und seit 1998 die CS Private Banking in Singapur leitet, «solche Dinge passierten vor dreissig Jahren in der Schweiz».

Auch Kollege Gerber von der UBS sieht «einen Trend, der jetzt verstärkt im Kommen ist». Es gebe immer mehr Kunden, die Singapur bewusst als Alternative zur Schweiz wählten. «Singapur hat ein Bankgeheimnis, das sich an der Schweiz ausrichtet und fast den gleichen Schutz wie die Schweiz bietet. Aber es ist derzeit weniger unter Beschuss», so Gerber.

Die ersten Alarmsignale sind natürlich auch in die Schweiz gelangt. Aufgeschreckt reiste Bundesrat Pascal Couchepin Mitte Februar zusammen mit einer 18-köpfigen Delegation zum offiziellen Staatsbesuch nach Singapur, um sich dort mit Ministerpräsident Goh Chok Tong und anderen Regierungsrepräsentanten zu treffen. Eines der erklärten Ziele der bundesrätlichen Reise war die «starke Botschaft, dass die Schweiz ihren Bankenplatz verteidigen wird», so Raymond Loretan, Ambassador der Schweiz in Singapur.

In einem Referat schleuderte Couchepin den Mächtigen des Stadtstaats entgegen, dass man in der Schweiz «nicht blind ist für die Tatsache, dass die Schwächung des Bankgeheimnisses von Finanzzentren, die in Konkurrenz zu uns stehen, begrüsst würde». Viele dieser Finanzzentren «wären glücklich, könnten sie die aus der Schweiz abfliessenden Guthaben bei sich willkommen heissen». Die Schweizer Regierung sei daher bereit, «diesen wichtigen Bestandteil unserer Volkswirtschaft zu verteidigen». Die Aussage, wenn auch in diplomatischem Ton formuliert, liess an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Doch die abfliessenden Kundengelder sind nur ein Teil des Problems – und erst noch der kleinere. Denn die Zahl der Kunden aus Lateinamerika, Afrika oder Europa, die ihr Geld bewusst abziehen und nach Singapur bringen, ist trotz zunehmender Tendenz immer noch klein. Insgesamt verwaltet Singapur derzeit Vermögen von rund 300 Milliarden Franken, und schätzungsweise höchstens zehn Prozent davon sind Privatebanking-Gelder. Weit gefährlicher für die Schweiz dürfte werden, dass das Zuwachspotenzial von neuen Kunden zukünftig vermehrt an der Schweiz vorbeifliessen wird.

Dies betrifft in erster Linie die asiatischen Kunden selber. Brachten die vermögenden Asiaten vor zehn Jahren noch in grossem Ausmass ihre Gelder in die Schweiz, so platzieren sie ihr Vermögen inzwischen zunehmend vor Ort. «Vor allem die jungen asiatischen Kunden sehen heute weniger Gründe, ihre Assets in die Schweiz zu bringen», sagt UBS-Mann Gerber.

Gerade die junge asiatische Kundschaft wächst aber laut dem gemeinsam von Merrill Lynch und Cap Gemini herausgegebenen «World Wealth Report 2000» in den nächsten Jahren am schnellsten. Insgesamt sieben Millionen so genannte «High Net Worth Individuals» (HNWI) – Individuen mit einem Nettovermögen von mindestens einer Million Dollar – gibt es laut der Studie weltweit. 1,7 Millionen oder 24 Prozent davon sind Asiaten. Mit einem Zuwachs von 22,7 Prozent ist das Vermögen dieser Gruppe am schnellsten von allen gewachsen. «Wenn das Wachstum weitergeht, wird die Zahl der asiatischen HNWIs bald mit jener der Nordamerikaner und der Europäer gleichziehen», prognostiziert die Studie. Die Experten gehen davon aus, dass Asien im Jahr 2004 rund 20 Prozent des Privatebanking-Marktes stellt mit einer Gesamtsumme von 9500 Milliarden Dollar. Vor allem für die sehr reichen High Net Worth Individuals zähle zunehmend die Performance und nicht der Ort, wo die Gelder untergebracht seien, folgern die Autoren des Berichts.

Warum also sollte ein asiatischer Kunde sein Geld in die Schweiz bringen? Die Performance hängt mehr von der Leistung des jeweiligen Anlageberaters ab als vom Ort, wo jener sitzt. Ausserdem haben viele Asiaten oft eine hohe Risikobereitschaft und wollen von den schön abgesicherten, globalen Portfoliostrategien der Europäer und Amerikaner nichts wissen. «Viele lokale Kunden denken eher produkte- als portfolioorientiert», sagt der Waadtländer Grandjean. Vor allem die chinesischen Bevölkerungsgruppen gelten in Asien vielerorts als leidenschaftliche Gambler. Man setzt oft grosse Summen auf einzelne Aktien, auf die man von Freunden oder Familienmitgliedern aufmerksam gemacht wurde. Auch die Emotionen gehen oft hoch. «Einzelne Kunden nehmen es sehr persönlich, wenn sie Geld verlieren», so Grandjean, «da muss man Fingerspitzengefühl zeigen.»

Doch der Hauptgrund, warum viele asiatische Kunden lokal ansässige Institute bevorzugen, ist ein anderer: der Vorteil der gleichen Zeitzone. Wenn sich an den Börsen etwas tut, kann der Kunde die Bank vor Ort anrufen – und muss nicht warten, bis der Tag auch in Europa anbricht und der Kundenberater in Zürich endlich an seinem Pult sitzt.

Mischt sich der Vorteil der gleichen Zeitzone mit attraktiven Regelungen zum Bankgeheimnis wie in Singapur, so ist die Erfolg versprechende Mischung schon fast perfekt. Ravi Menon, Executive Director der Finanzaufsichtsbehörde der Monetary Authority of Singapore (MAS), zeigt denn auch sein breitestes Lächeln, wenn er auf die Zukunft des Finanzplatzes Singapur angesprochen wird. «Unser Ziel ist es, Singapur zu einem Finanzzentrum der Weltklasse zu machen», sagt er. Natürlich ist man auch am Geschäft mit der vermögenden Privatkundschaft interessiert. Diese Geschäfte anzuziehen, sei Element eines umfassenden Gesamtkonzepts. Man wolle mehr Vermögensverwaltung nach Singapur holen, «und Privatebanking ist nur ein Teil davon».

Menon tritt bescheiden auf, lächelt bei jeder Antwort mild, spricht leise und bedächtig, gibt dem Gast das Gefühl, dass man sich von Gleich zu Gleich gegenübersitzt. Aber Menon ist ein sehr mächtiger Mann. Die MAS bestimmt, was das Banking angeht, alles im Stadtstaat. Hat die Schweiz mit der Nationalbank, der Bankenkommission und der Aufsichtsbehörde für Versicherungen drei getrennte Aufsichtsorgane, so ist die MAS all dies zugleich. Und würde sich die Nationalbank in der Schweiz empört gegen jegliche Einmischung des Bundesrats oder des Parlaments mit Hinweis auf die verbriefte Unabhängigkeit wehren, so sieht die MAS sich unverblümt als verlängerten Arm der Regierung.

Es ist wie vieles im politischen System Singapurs: nicht sehr demokratisch, aber dafür sehr effizient. Noch immer spürt man in Singapur die Philosophie des Gründers Lee Kuan Yew, der das ehemalige Drittweltland am Äquator in nur 35 Jahren auf das Niveau eines top funktionierenden Musterstaats mit westlich anmutendem Wohlstand gehoben hat. Dass der Staat dabei die Zügel sehr strikt in der Hand behalten hat und Singapur in vielen Bereichen fast diktatorisch regiert wird, akzeptiert die Mehrheit der Bevölkerung immer noch, ohne aufzumucken.

Der Bankensektor wird von ganz oben gezielt gefördert. Flexible Bau- und Bewilligungsverfahren, der sehr leichte Zugang zu Arbeitsbewilligungen sowie attraktive Steuerbedingungen sind Elemente der staatlichen Wirtschaftsförderung. So sind heute von den 134 Banken in Singapur nur 8 lokale Institute, darunter die Giganten Development Bank of Singapore (DBS) und Oversea-Chinese Banking Corp. (OCBC). Mit 126 ausländischen Banken – nebst den genannten Schweizer Instituten auch die grossen Player aus Europa und den USA, wie die Deutsche Bank, ABN Amro, Chase Manhattan oder Merrill Lynch – ist Singapur eines der grössten Offshorezentren der Welt. Mehr als die Hälfte aller Assets in der Stadt werden von ausländischen Instituten verwaltet. Von klassischen Offshorezentren wie Guernsey oder den Bahamas unterscheidet Singapur aber der sehr hohe Standard der Aufsicht, die vergleichbar ist mit dem Niveau in der Schweiz.

Unzimperlich sind die Singapurer im Kopieren und Adaptieren. Schon Lee Kuan Yew hat sich die Schweiz ganz gezielt als Vorbild ausgesucht, und auch Nachfolger Goh Chok Tong lässt sich beim Aufbau seines Tropenstaats gerne vom Alpenland inspirieren. So ist etwa das Militär oder die Polizei in Anlehnung an das Schweizer Vorbild gestaltet. Und natürlich sind die Singapurer bei ihrer Suche nach erfolgreichen Wirtschaftskonzepten auf das Schweizer Bankgeheimnis gestossen.

So hat der Stadtstaat ähnlich weit gehende Regelungen fürs Bankgeheimnis eingeführt wie die Schweiz. Die Banken sind verpflichtet, Kundendaten vertraulich zu behandeln. Geschützt wird diese Geheimhaltungspflicht mit Strafen, die sogar noch strikter sind als in der Schweiz. Droht einem Schweizer Banker bei der Verletzung des Bankgeheimnisses schlimmstenfalls ein halbes Jahr Gefängnis, so sind es in Singapur drei Jahre.

Weniger weit geht das Bankgeheimnis allerdings bei Steuerhinterziehung, die in Singapur – im Gegensatz zur Schweiz – als Grund für die Aufhebung des Geheimhaltungspflicht gilt. «Wir haben ein Bankgeheimnis und Vertraulichkeitsregeln für den Kunden. Aber diese können sicher nicht für kriminelle Zwecke verwendet werden», sagt MAS-Direktor Menon. De facto sind die Kundengelder auch in Singapur vor dem Steuervogt allerdings sehr gut geschützt. Denn die Behörden greifen nur ein, wenn konkrete Anzeichen für ein Verbrechen vorliegen. Aber dies ist selten. «Wir gehen nicht vor wie bei einem Fischzug», sagt Menon.

Dass die Kunden Singapur also mehr und mehr als attraktive Alternative zur Schweiz entdecken, verwundert nicht. Und dass die Banken dem Trend folgen, liegt auf der Hand. Credit Suisse Private Banking in Singapur hat die Mitarbeiterzahl in den letzten zwei Jahren annähernd verdoppelt. Auch die verwalteten Vermögen verdoppelten sich. Ein eindrücklicher Erfolg, wurde CSPB doch erst 1998 nebst der Investmentbanking-Schwester Credit Suisse First Boston als eigenständige Bank positioniert. Die Credit Suisse Private Banking ist inzwischen zum Vorzeigeunternehmen mutiert. An den in teurem Holz gehaltenen Empfangsräumen werden die vermögenden Privatkunden in entsprechend edlem Umfeld empfangen.

Für manchen Vertreter der Schweizer Regierung zeigen die Schweizer Banken allerdings etwas übertriebene Bemühungen, die Kunden gerade nach Singapur zu locken. «Dadurch treiben sie den Trend, dem sie nur zu folgen glauben, selber aktiv mit an», beklagt sich ein Mitglied der Couchepin-Truppe hinter vorgehaltener Hand. Diesen Vorwurf will CS-Mann Baer nicht auf sich sitzen lassen: «Der Kunde entscheidet, wo er sich am wohlsten fühlt, nicht wir.» Allerdings muss Baer zugeben, dass die Kundennachfrage nach der Schweiz sowie anderen Finanzplätzen abnimmt. «Alle Finanzplätze konkurrieren miteinander», sagt Baer, «derjenige mit dem attraktivsten Angebot wird die meisten Kunden anziehen.» Als Branch Manager von Singapur sei er der Meinung, «dass Singapur das stärkste Angebot hat».

Die Schweiz wird auch nicht mehr gezielt angeboten. Weder in den CS- noch in den UBS-Gebäulichkeiten in Singapur findet man die üblichen Bilder mit den Schweizer Tourismusattraktionen an den Wänden. Bei der CS etwa hängen statt Fotos des Matterhorns Bilder von Kunstmalern aus Malaysia an der Wand. Bei der UBS bestimmt die grosse Tafel mit den Börsenkursen an der Wand des Tradingrooms den Stil des Raums.

Für Banken wie die CS oder die UBS kommt es letztlich nicht darauf an, wo das Geld ihrer Kunden ist. Als voll globalisierte Unternehmen profitieren sie von der Beziehung mit den Kunden – ob man in Zürich, New York oder in Singapur mit ihnen Geld verdient, ist letztlich nebensächlich.

Die Interessenlage der Schweiz ist unterschiedlich. Liegen die Gelder nicht in Zürich, werden sie auch nicht da versteuert. Dadurch entgehen dem Staat Einnahmen. Kein Wunder, sieht man in Bern dem Aufschwung Singapurs mit Argwohn entgegen. Dies umso mehr, als der Kampf mit dem Stadtstaat wohl mit ungleich langen Spiessen geführt wird. Denn sowohl seitens der EU als auch der USA wird Singapur mit Samthandschuhen angefasst.

So setzt die EU die Schweiz massiv unter Druck und verlangt immer drängender eine Zinsbesteuerung. Von Singapur – dort werden Zinseinnahmen von Ausländern gar nicht besteuert – wurde dies bisher nicht verlangt. Die EU macht vor allem praktische Gründe dafür verantwortlich und argumentiert, man könne eben nicht alles gleichzeitig angehen. «Das ist doch nicht unser Problem», ärgert sich Urs P. Roth, der neue CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung, über die Attitüde der EU. «Geldströme sind beweglich, die können schnell abwandern», warnt Roth. Die Bankiervereinigung hat in den letzten Monaten in Gesprächen mit EU-Vertretern immer wieder betont, dass die Diskussion um die Zinsbesteuerung «auch auf andere bedeutende Finanzplätze wie Singapur» auszudehnen sei. Diese Haltung teilt das federführende Eidgenössische Finanzdepartement vollumfänglich.

Immerhin dürfte die EU mittelfristig wohl auch auf Singapur vermehrt Druck ausüben. Dies ganz einfach deshalb, weil die europäische Staatengemeinschaft letztlich kein Interesse daran haben kann, dass das Geld, das heute aus der EU in die Schweiz fliesst, dann halt einfach weiter nach Singapur geht.

Ob sich dies auch vom zweiten Widersacher des Schweizer Bankgeheimnisses, den USA, sagen lässt, ist indes fraglich. Seit dem Ende des Militärabkommens mit den Philippinen hat die USA in Singapur den dringend benötigten Partner in der Region gefunden. Vor kurzem wurden beim Changi-Flughafen die neuen grossen Andockpiers für die Flugzeugträger der US-Flotte eingeweiht. Der Bau der neuen Docks wurde als Zeichen eines langfristig ausgerichteten militärischen Paktes gewertet, auch wenn ein solcher offiziell nicht besteht. Als Mitte März das erste Schiff, die «USS Kitty Hawk», andockte, zeigten die Lokalzeitungen zwar Bedenken, doch waren diese eher von der Frage getrieben, wie sich 6000 ausgehungerte Matrosen auf Landurlaub auf der Suche nach Sex und Alkohol in Singapur wohl benehmen würden.

Die Verbindung mit den USA ist durch die Militärpartnerschaft jedenfalls noch enger geworden. «Die USA brauchen Singapur mehr, als sie die Schweiz brauchen», bringt UBS-Mann Gerber die Sache auf den Punkt. Der Druck aufs Bankgeheimnis trifft die Schweiz mit voller Wucht. Singapur indes kann im Windschatten der Schweiz seinen Bankenplatz weiter gezielt vorantreiben.

Die Schweiz kann auch bilateral nur wenig in die Waagschale werfen. Wie verhängnisvoll sich ihre Isolation in der Staatengemeinschaft auswirken kann, hat man zuletzt bei der Holocaust-Diskussion gesehen, wo die Schweiz zuletzt in allen Punkten dem internationalen Druck nachgeben musste. Ein Druck, der bei MAS-Direktor Menon viel Verständnis findet: «Langfristig kann man eben nicht vermeiden, sich an internationale Regeln zu halten», sagt er. Und lächelt mild.
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