Mit Maschinen sprechen und von ihnen verstanden werden - dank künstlicher Intelligenz (KI) gelingt das immer besser. Auch in der Schweiz entdecken Unternehmen das Potenzial von Anwendungen für smarte Lautsprecher wie Amazons Alexa oder Google Assistant. Doch die Hürden sind angesichts der Mehrsprachigkeit hoch.

Heute bieten mehrere Unternehmen Apps für Sprachassistenten an. Laut einer von HWZ und Voice Meetup Switzerland zusammengetragenen Übersicht können etwa Swiss-Flüge per Spracheingabe gebucht oder die Einkaufsliste «Bring!» benutzt werden.

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Allerdings sind die entsprechenden Geräte in der Schweiz noch spärlich gesät: Laut einer Studie der Universität Luzern und der Agentur Farner nutzten im Herbst 2018 gerade einmal 1 Prozent der Schweizer sogenannte Smart Speaker und 13 Prozent planten dies für die nächsten zwölf Monate.

Dennoch gehen vor allem die Medienhäuser schon einmal mit eigenen Angeboten voran: So machen etwa AZ Medien, Radio Energy, Tamedia, das Schweizer Radio und Fernsehen SRF sowie in der Romandie RTS ausgewählte Newssendungen per Sprachbefehl zugänglich.

«Wir wollen bei diesen neuen Schnittstellen an vorderster Front dabei sein, auch wenn die Nutzung von Sprachassistenten in der Schweiz noch kaum verbreitet ist», sagt Xavier Zeppetella, Projektleiter Innovation bei RTS, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.

Kleinere Märkte in Europa

Wenig überraschend seien die USA in diesem Gebiet schon deutlich weiter, sagt Frédéric Feytons, Technologiechef beim Unternehmen Tapptic, das die sprachgesteuerten RTS-Anwendungen mitentwickelt hat. In amerikanischen Haushalten befänden sich 42 Prozent der rund 200 Millionen im Umlauf befindlichen smarten Lautsprecher weltweit. Der Vorteil des Marktes für englischsprachige Konsumenten liegt auf der Hand: Er ist riesig.

Europa dagegen kämpfe mit der Herausforderung, die Spracherkennung für die zahlreichen hier gesprochenen Sprachen genauso gut zu gestalten wie im Englischen. Die amerikanischen Anbieter würden aufgrund der der Marktgrösse bestimmen, welche Sprache sie als nächstes unterstützten.

Noch sei die Technologie nicht ausgereift, sagt RTS-Projektleiter Zeppetella. So würden etwa die Deutschschweizer Dialekte nicht berücksichtigt. «Der Markt entwickelt sich mit zwei unterschiedlichen Geschwindigkeiten.» So sei das Tempo in Frankreich und Grossbritannien rasant, während hierzulande der Markt nicht vorankomme, so der RTS-Projektleiter. Radio France beispielsweise habe die Zahl seiner Zuhörer über Sprachassistenten binnen eines Jahres verdoppelt.

Angesichts der Nähe zu Google und seinem Forschungszentrum für Spracherkennung dürfte der Schweizer Markt aber wohl nicht lange links liegen bleiben, glaubt Zeppetella. «Ich bin sicher, dass auch eine Lösung auf Schweizerdeutsch herauskommen wird.» Auf Anfrage von AWP hielt sich Google diesbezüglich aber bedeckt. Ein Sprecher sagte lediglich, dass es im Moment dazu nichts zu verkünden gebe.

Zugangshürden noch hoch

Mit Google und Amazon wird der Markt der Sprachassistenten von zwei US-Giganten dominiert, die die Regeln diktieren können. Sie bestimmen etwa, wie einfach Nutzer Inhalte nutzen können. Im Moment müssten die RTS-Nutzer einen bestimmten Satz wie «Parler à RTS Info» aussprechen, um Zugang zu erhalten, sagte Zeppetella. Ohne diesen Satz würden Google Home und Alexa ihre eigenen Suchresultate ausspucken - das erkläre auch die schwache Nutzung von RTS über diese Geräte.

Im Gegensatz dazu hätten etwa die britische BBC oder Radio France mit Amazon und Google ausgehandelt, dass sie bei bestimmten Schlagwörtern standardmässig die eigenen Nachrichten lieferten, sagte Zeppetella. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass auch RTS hier bald zum Zug kommen könnten. Die Techkonzerne seien offen für solche Gespräche und wollten dem Nutzer jeweils die besten Inhalte anbieten.

An Ideen, um solche attraktiven Inhalte auch bieten zu können, mangle es bei RTS nicht. «In einer ersten Phase wollten wir vor allem Zugang zu unseren Inhalten bieten. Darauf wird eine Phase folgen, in der wir die Inhalte speziell für solche Plattformen zuschneiden möchten.» In einer dritten Phase solle dann die Interaktivität im Zentrum stehen.

Starkes Wachstum erwartet

Tapptic erwartet innerhalb von ein bis zwei Jahren ein starkes Wachstum der Nachfrage nach sprachaktivierten Anwendungen, angetrieben von verschiedenen Medien wie Radio, Fernsehen, aber auch anderen Sektoren, wie beispielsweise Call Centern, die ihre Abläufe optimieren wollen.

Sprachassistenten sind besonders interessant für sehr kurze Interaktionen. «In diesen Mikrointeraktionen von wenigen Sekunden entfaltet die Sprache ihre ganze Kraft: Der Zugriff auf den Dienst ist dann schneller als mit anderen Schnittstellen», sagt Feytons. Wenn sich Smart Speakers in den USA durchsetzten, könnte auch Europa dann nachziehen: «Die Verlage warten auf den Erfolg auf der anderen Seite des Atlantiks, bevor sie hier wirklich investieren».

(awp/tdr)