Die Energiezukunft hat auch in der Schweiz längst begonnen. Doch nicht alle Energieunternehmen sind darauf auch gut vorbereitet. Vor allem fehlt es laut einer Studie an der zeitgemässen Kommunikation mit den Kunden.

Tiefe Strompreise, die wachsende Zahl von Solar- und Windkraftwerken sowie die Digitalisierung sorgen zurzeit für turbulente Zeiten bei den Stromversorgern. Ihr angestammtes Geschäft wirft immer weniger Geld ab. Neue Geschäftsmodelle sind darum gefragt. Die Frage ist jedoch, welche tatsächlich zukunftsträchtig sind.

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Vier Zukunftstrends

Das Beratungsunternehmen EY hat dazu am Donnerstag eine Studie veröffentlicht, die sich zwar vor allem am weiterentwickelten deutschen Markt orientiert, aber auch Rückschlüsse für die Schweiz zulässt. EY stellt allgemein vier Zukunftstrends fest. Neben der zunehmenden Fragmentierung der Märkte und dem Zwang zu Kooperationen sind das vor allem die verstärkte Kundenorientierung und die Digitalisierung.

Beides werde die Energiewirtschaft markant verändern, heisst es dazu in der Studie. So zwinge zum einen die Marktöffnung, die in der Schweiz für Kleinkunden noch aussteht, die Energieversorger dazu, sich vermehrt an den Bedürfnissen ihrer Kunden zu orientieren. Zum anderen machten zum Beispiel Solaranlagen immer mehr Kunden zu Produzenten, womit der Kontakt zur Kundschaft vielfältiger aber auch anspruchsvoller wird.

«Die Stromversorger werden künftig viel stärker mit ihren Kunden kommunizieren müssen», sagt Energiespezialist Jörg Ryser vom Beratungsunternehmen EY Schweiz dazu. Da bestehe bei den Schweizer Anbietern Handlungsbedarf. «Deutsche Unternehmen sind weiter.» Konkret geht es dabei darum, dass Kunden künftig zum Beispiel über ihr Mobiltelefon ihre elektrischen Anlagen steuern können. Oder dass der Stromversorger via Social Media neue Produkte lanciert.

Zunehmende Fragmentierung

Ein weiteren Trend, auf den sich die Stromversorger reagieren müssen, ist die Fragmentierung des Markts. Das traditionelle Geschäft mit der Stromlieferung spaltet sich gemäss EY je länger je mehr in eine Vielzahl von Dienstleistungen auf. So werde man absehbar den Stromproduzenten und den Anbieter der Stromzähler wählen können. Darüber hinaus entstehen durch die ansteigende Zahl von Stromproduzenten und die zunehmende Vernetzung neue Geschäftsfelder.

Für Energieunternehmen bedeutet das gemäss EY, dass sie sich künftig mit einem deutlichen breiteren und komplexeren Geschäftsfeld konfrontiert sehen. Unternehmen werden sich darum entweder spezialisieren oder sich durch Partnerschaften und Kooperationen die nötige Kompetenz ins Haus holen müssen.

Weniger Energieversorger

Ryser prognostiziert der Schweizer Energiebranche in diesem Zusammenhang, dass unter anderem durch den Zwang zur Kooperation die Zahl der Energieversorger weiter sinken wird. «Auch bei den grossen Unternehmen kann es sein, dass das eine oder andere verschwinden wird», sagt er.

Dass sich der Strommarkt stark verändern wird, war seit längerer Zeit absehbar. Die grossen Schweizer Stromlieferanten haben darauf auch bereits reagiert. So sind Alpiq und die BKW unter anderem in das Geschäft mit Gebäudeinstallationen eingestiegen. Axpo hat sich auf den Handel und das Origination-Geschäft, den Energieeinkauf und -verkauf für Dritte, spezialisiert.

Es gibt Fallstricke

Im Urteil Rysers können beide Strategien erfolgreich sein. Dabei sieht er jedoch auch Fallstricke. So bedinge das Installationsgeschäft einen Kulturwandel im Umgang mit den Kunden. «Da geht es, neben den bisherigen Argumenten wie Preis und Versorgungssicherheit, plötzlich auch um Themen wie Emotionalität oder Komfort», sagt Ryser. Das setze bei den Versorgern ein Umdenken voraus.

Beim Stromhandel erwartet Ryser, dass er sich in Zukunft wie der Börsenhandel weg von den Händlern hin zu den Endkunden bewegen wird. So sei absehbar, dass künftig Grosskunden ihren Strom direkt über eine digitale Handelsplattform einkaufen. Den Zwischenhändler brauche es dann nicht mehr.

Unrentables Kraftwerksgeschäft

Für das traditionelle Kraftwerksgeschäft dagegen zeigt sich Ryser wenig optimistisch. «So wie es sich heute abzeichnet, wird es schwierig, mit Grosskraftwerken noch eine Rendite zu erwirtschaften», sagt er. Das gelte insbesondere für Atomkraftwerke und Laufwasserkraftwerke, die Bandenergie liefern.

Sie passen nämlich schlecht in die neue Stromlandschaft, in der Solar- und Windanlagen für eine stark schwankende Stromproduktion sorgen. «Künftig wird nicht mehr die Energiemenge, sondern die Leistung zur richtigen Zeit am richtigen Ort der bestimmende Faktor in der Strombranche sein», sagt Ryser.

Ein Teil der Wasserkraftwerke dagegen werde nur dank Subventionen überleben können. Bei den Kernkraftwerken schliesst Ryser nicht aus, dass das eine oder andere aus finanziellen Gründen dann doch noch früher als geplant vom Netz gehen wird.

(sda/ccr)