Ein Chinese, ein früherer Rennfahrer, zwei reiche Buchautoren - im Bieterkampf um Air Berlin wirft eine bunte Schar ein Auge auf den Wühltisch, auf Flugzeuge und Flugrechte. Jetzt entscheidet sich, wer es ernst meint.

Der derzeit begehrteste Schatz im deutschen Luftverkehr liegt recht gut versteckt. Wer Berlins Innenstadt nach Nordwesten verlässt, passiert ein Gefängnis und Autowerkstätten, bis sich hinter Kleingärten ein Achtgeschosser aus Backstein und Glas erhebt.

Dort sitzt Air Berlin, die chronisch klamme, inzwischen insolvente Fluggesellschaft, und verwaltet dennoch ein ansehnliches Kapital: ihre Start- und Landerechte. Auf diese Lizenzen hat es die Konkurrenz abgesehen. Bis zum heutigen Freitag nimmt Air Berlin Kaufangebote für sich selbst entgegen.

Doch die Bieter sollen zunächst geheim bleiben - bis zum geplanten Ende des Ausverkaufs am Tag nach der Bundestagswahl. Einige Interessenten haben sich jedoch bereits in die Karten blicken lassen:

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Lufthansa

Dem deutschen Marktführer werden gute Chancen auf ein grosses Stück vom Kuchen nachgesagt - weil lange Gespräche mit Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann laufen, der aus dem Lufthansa-Konzern zu Air Berlin kam. Und weil man in der Bundesregierung den Dax-Konzern päppeln will, zum «deutschen Champion im internationalen Luftverkehr».

Der deutsche Bund hält Air Berlin mit einem Kredit überhaupt noch in der Luft, sonst hätte die Airline ihre Start- und Landrechte längst zurückgeben müssen. Konkurrenten wie Ryanair wittern daher ein «abgekartetes Spiel» zugunsten der Lufthansa.

Der Konzern wolle 90 der 144 Flugzeuge übernehmen, wollten Beobachter zwischenzeitlich erfahren haben. 38 Maschinen davon hat Lufthansa schon seit einem Jahr geleast. Jetzt besonders im Fokus: die Touristik-Tochter Niki und ein Teil der Langstreckenflugzeuge. Sie sollen für die Lufthansa-Tochter Eurowings an den Start gehen.

Condor und Niki Lauda

Der frühere Rennfahrer Lauda hat einst Niki gegründet, nun scheint er sein Baby zurück zu wollen. Kurz vor Ende der Bieterfrist hat er sich mit dem Ferienflieger Condor zusammengetan und nach eigenen Angaben 100 Millionen Euro geboten - nach Medienberichten für 38 Flugzeuge und die Tochter Niki. Der Plan: Es werden nur noch Urlauber geflogen und die holt die Condor-Mutter Thomas Cook in die Flieger.

Easyjet

Gleich nach der Insolvenz im August hiess es, Lufthansa und Easyjet könnten sich Air Berlin teilen - schon weil das Kartellamt eine Komplettübernahme durch Lufthansa blockieren würde. Dem britischen Billigflieger wird Interesse an etwa 40 Flugzeugen nachgesagt und der Ehrgeiz, damit am bisherigen Air-Berlin-Drehkreuz Düsseldorf einen Fuss in die Tür zu bekommen. Easyjet hält sich aber bedeckt.

Hans Rudolf Wöhrl

Der Unternehmer wollte schon mal bei Air Berlin einsteigen - der damalige Chef Hartmut Mehdorn entschied sich jedoch für Geld von Golf und machte die Staatsairline Etihad zum Grossaktionär. Als die Araber im August den Geldhahn zudrehten, war Air Berlin insolvent.

Nun will Wöhrl Air Berlin als Ganzes. Er hat angeboten, mit Partnern 50 bis 500 Millionen Euro zu bezahlen. Nach den massenhaften Krankmeldungen von Air-Berlin-Piloten warnte er aber vor dem Scheitern der Gespräche. Wöhrl hat gerade ein Buch geschrieben: «Wie meine Träume fliegen lernten».

Utz Claassen

Ein «Angebot zur Komplettübernahme und expansiven Sanierung der Air Berlin» soll Claassen ausgearbeitet haben, zu einem Kaufpreis von 100 Millionen Euro, wie das deutsche «Handelsblatt» (Freitag) erfuhr. Zusammen mit nicht näher genannten Investoren stelle Claassen zusätzliche Liquidität in Aussicht. Claassen war Vorstandschef beim Medizintechnikunternehmen Sartorius, beim Energiekonzern EnBW und dem Solarunternehmen Solar Millennium. Er ist auch Buchautor, mit Titeln wie «Unbequem» und «Mut zur Wahrheit».

Jonathan Pang

Der chinesische Investor hat seit längerem einen Blick auf den deutschen Luftverkehrsmarkt geworfen. 2016 versuchte er ohne Erfolg, den Flughafen Hahn im Hunsrück zu kaufen. Schon seit zehn Jahren gehört ihm der Flugplatz Parchim in Mecklenburg-Vorpommern. Spekuliert wird, dass Pang Air Berlin dorthin verlegen könnte.

Zeitfracht

Die Berliner Spedition hat vergangene Woche ein Angebot angekündigt. Der Transportbetrieb mit rund 800 Beschäftigten sieht nach eigenen Angaben Wachstumspotenzial im Frachtbereich der Air Berlin, im Passagiergeschäft setzt Zeitfracht auf Kooperationen.

(sda/ccr)