Ausser einer Kuhglocke, einer kleinen Fahne mit weissem Kreuz auf rotem Grund und einigen Fotos von Ausflügen in den Bergen erinnert bei Beekeeper wenig an die Schweizer Wurzeln des Startups.

Kein Wunder, draussen sind die glänzenden Wolkenkratzer von Downtown San Francisco zu sehen. Man fühlt sich weit weg von Zürich. Dort, wo Beekeeper 2012 von den beiden ETH-Absolventen Flavio Pfaffhauser und Cristian Grossmann gegründet wurde. Die Idee: Mitarbeitern, die nicht an einem Schreibtisch sitzen, einen Zugang zur internen Kommunikation des Unternehmens ermöglichen. Das betrifft vor allem Arbeitskräfte in Hotels, Detailhandel oder der Produktion. Beekeeper ist sozusagen das «Schwarze Brett» im digitalen Zeitalter.

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Die meisten Angestellten arbeiten nicht am Desktop

Es ist neun Uhr morgens im amerikanischen Büro des Schweizer Startups in San Francisco: Die Mitarbeiter von Beekeeper verstauen ihre Yogamatten an der Garderobe, holen sich einen Kaffee und setzen sich vor ihre Bildschirme. In einem engen Sitzungszimmer sitzt Corey McCarthy, die Marketingchefin von Beekeeper. Bereits um sechs Uhr früh US-Westküstenzeit hat sie mit Co-Gründer Cristian Grossmann in Zürich geskypt. Bei einer Firma mit Schweizer Hauptquartier heisst es früh aufstehen, bevor die anderen in den Feierabend gehen. «Die Zeitzonen sind manchmal eine Herausforderung», sagt McCarthy.

Genauso wie die Mitarbeiterkommunikation: Eine der grössten Herausforderungen für Unternehmen in einer vernetzten Welt ist es, alle Mitarbeiter zu erreichen und sie auf dem neusten Stand zu halten. In Hotels, Shops oder Fabrikhallen verfügen aber die meisten Angestellten über keinen Schreibtisch mit Bildschirm und Internetzugang. Folglich fehlt ihnen ein Intranet mit Mitarbeiterinformationen. Und sie haben keine eigene E-Mail-Adresse.

Deshalb tauschen sich viele Mitarbeiter in diesen Sektoren auf Social-Media-Anwendungen wie Whatsapp und Facebook Messenger über Arbeitszeiten und News aus. Sinnvoll sind diese Kommunikationsmittel nicht. Mitarbeiter vermischen private und geschäftliche Accounts miteinander, kommunizieren mit Zeitverzögerung und unsicheren Zugängen.

«In Hinblick auf neue Datenschutzgesetze ist das ein Problem», sagt McCarthy. Die Beekeeper-App hingegen ist nach internationalen Sicherheitsstandards zertifiziert. Neben ihrer Funktion als Kommunikationsschnittstelle bietet Beekeeper weitere Funktionen für Mitarbeiter an, die nicht am Desk arbeiten: Analysen von Mitarbeiterengagement, Kennzahlen, Chatbots oder Umfragen. Das Feedback zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten kann in Echtzeit erfolgen. Das stärke das Engagement der Angestellten und verbessere die internen Abläufe, sagt McCarthy.

Corey McCarthy

Corey McCarthy ist Head of Marketing beim Schweizer Startup Beekeeper.

Quelle: David Torcasso

Bei Globus im Einsatz

Unternehmen hätten es nicht gerne, wenn ihre Angestellten Firmendokumente über Social Media in der Welt herumschicken, sagt die Marketingverantwortliche. Beekeeper ist deshalb ein «Firmen-Intranet» fürs Smartphone. Damit scheint das Zürcher Startup weltweit eine Marktlücke zu schliessen.

Inzwischen ist die App bei über 500 Unternehmen in 130 Ländern im Einsatz, darunter Rivella, Media Markt, Holcim, Hyatt, Swissôtel, Marriott Globus oder Domino's Pizza. Mit einem Wachstum von 28 Prozent in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres gehört Beekeeper zu den am schnellsten wachsenden Unternehmen der Welt im Bereich «Software-as-a-service» (SaaS), wie das Portal «Saas 1000» berichtet.

Ein Kunde von Beekeeper ist das Schweizer Warenhaus Globus. «Beekeeper erleichtert den Informationsaustausch enorm und wirkt sich positiv auf die Unternehmenskultur aus.», sagt der Bereichsverantwortliche Michael Klötzli auf Anfrage. Besonders in der Beratung und im Bereich Crossselling sei es wichtig, dass Verkaufsmitarbeiter wissen, was in welchen Bereichen läuft. «Mitarbeiter können beispielsweise Produkte, die in den verschiedenen Abteilungen in Promotion sind, mittels der App sichtbar für andere machen», sagt Klötzli. Der komplette Informationsablauf innerhalb der Globus-Teams erfolge mittlerweile über Beekeeper.

Auch der Schweizer Getränkehersteller Rivella nutzt Beekeeper. «Unsere Eventmitarbeiter schätzen es, wenn sie am Wochenende bei einer Veranstaltung für Rivella, in Echtzeit ihren Kollegen berichten können. Erfolge lassen sich damit gemeinsam feiern», sagt Monika Christener, Leiterin Unternehmenskommunikation bei Rivella.

Vor wenigen Tagen gab Beekeeper auch die Zusammenarbeit mit der Migros bekannt. Die Kommunikation im Verteilzentrum in Suhr erfolge künftig über die App. Damit wolle man die Bereiche Büro und Logistik weiter zusammenrücken, schreiben die Unternehmen.

Millionen eingesammelt

Erst im September vergangenen Jahres hat das Startup eine Finanzierungsrunde abgeschlossen und dabei 13 Millionen Dollar eingenommen. Zu den Investoren gehören die niederländische Gesellschaft Keen Ventures oder der Tech-Investor Atomico.

Daneben beteiligten sich auch die Schweizerische Post oder der Venture-Fund Next von Samsung an der Runde. Mit dem koreanischen Elektronikgiganten hat Beekeeper auch einen direkten Zugang auf das Smartphone – dem Gerät, das die meisten Angestellten auf der Welt nutzen. In einer vorherigen Finanzierungsrunde hat Beekeeper bereits acht Millionen Dollar eingesammelt.

Robert Verwaayen von Keen Ventures schreibt dem Startup ein hohes Potenzial zu: «Die Marktchancen, die Stärken des Produkts sowie das Team geben Beekeeper das Potenzial, zu einem bedeutenden Player zu werden.» Das Geld wolle das Unternehmen deshalb für das internationale Wachstum einsetzen. Und dieses soll – so lässt McCarthy durchblicken — von San Francisco aus in Angriff genommen werden. Der amerikanische Standort startete vor rund drei Jahren, als Beekeeper Swissôtel als Kunde gewann, das wiederum zu Fairmont  Hotels in Toronto gehört. Man hätte damals viel Zeit in Kanada verbracht, und gewann auch Eindrücke von der amerikanischen Westküste.

Beekeeper_office

Blick in das Büro von Beekeeper in einer der teuersten Städte der Welt – San Francisco.

Quelle: David Torcasso

Alpenland meets California Dream

Als McCarthy vor zwei Jahren bei Beekeeper angefangen habe, hätten im Unternehmen rund 30 Leute gearbeitet, berichtet sie. Nun seien über hundert Personen für das Startup tätig. Rund 25 Mitarbeiter im Herzen der kalifornischen Metropole, 75 in Zürich, dazu noch an Standorten wie Berlin, London und Warschau. «Das Ökosystem im Silicon Valley beflügelt das Schweizer Startup», sagt die Marketingchefin. Doch trotz des für das Silicon Valley so typischen Enthusiasmus', den McCarthy versprüht, leugnet sie den Schweizer Ursprung von Beekeeper keinesfalls.

«In der Schweiz haben schon viele von Beekeeper gehört, hier an der Westküste sind wir aber eines von zahlreichen Startups» sagt McCarthy. Die Verankerung in der Schweiz sei grossartig, sagt die Marketingchefin. «Wir vereinen die Innovationskraft aus dem Silicon Valley mit dem hohen Qualitätsanspruch der Schweiz.» Mit Schweizer Qualität weist sie vor allem auf Arbeit der Entwickler, die aus dem ETH-Umfeld stammen hin – und schmunzelnd auf die präzise Arbeitsweise der Schweizer. «Im Valley wird weniger Wert auf Qualität, sondern auf die schnelle Umsetzung gelegt», sagt McCarthy. Der Standort in der Bay Area sei für ein Tech-Startup mit internationaler Ausrichtung unabdingbar, um «neue Trends und Innovation hautnah zu erfahren.»

Der Standort ziehe aber auch mehr Investorenkapital aus dem Silicon Valley an. «Hier ist mehr Risikokapital vorhanden als in Europa», sagt McCarthy. Die Deals liessen sich besser einfädeln, wenn man vor Ort sei. «Kapitalgeber investieren nicht einfach blind. Sie wollen sehen, was wir hier machen, wie unser Team funktioniert, wie wir arbeiten, wollen vorbei kommen, uns über den Rücken schauen.»

Kuhglocke

Eine Kuhglocke im Büro von Beekeeper erinnert an den Schweizer Ursprung des Startups.

Quelle: ZVG

Facebook als Konkurrenz

Beekeeper braucht Investoren, um rasch zu wachsen. Denn die Konkurrenz schläft nicht. Die Verbesserung der Mitarbeiter-Kommunikation strebt auch der Instant-Messaging-Dienst Slack oder die Projektmanagement-Software Trello von Atlassian an. Slack ist ebenfalls in San Francisco beheimatet, und plant einen Börsengang in diesem Jahr.

Auch Tech-Gigant und Platzhirsch Facebook mischt bei der Mitarbeiterkommunikation mit. Sein Dienst heisst «Workplace». Er bietet News Feeds, Gruppen, Chats und Live-Übertragungen an. Jüngster Nutzer von «Workplace» ist laut einer Mitteilung von Facebook der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé. Dort wird «Workplace» nun bei über 200'000 Mitarbeiter ausgerollt.

Trotz dieser Konkurrenz ist McCarthy zuversichtlich: «Wir fokussieren ganz klar den Mitarbeiter ohne Anbindung an einen Desk-Arbeitsplatz. Das erfordert andere Anwendungen als ein internes Kommunikationstool», sagt McCarthy.