Bernard Arnault, der reichste Mann Europas und Herrscher im Luxus-Reich von LVMH, hat eine Entscheidung getroffen. Es ist eine Entscheidung, die der 69-Jährige Multi-Milliardär, bereuen wird.

Arnault ernennt Stéphane Bianchi zum Chef der Uhrensparte und damit zum Nachfolger von Jean-Claude Biver. Biver hatte am Donnerstag angekündigt, seine operativen Funktionen aus gesundheitlichen Gründen abzugeben.

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Ein erfahrender Manager. Aber...

Nun ist 53-jährige Bianchi zweifellos ein erfahrender Manager. Er war während 17 Jahren Chef des französischen Familienunternehmens Groupe Rocher, zu der diverse Kosmetikmarken – unter anderem die Marke Yves Rocher –, Haushaltsprodukte sowie eine Kinderkleider-Marke gehören.

Er war der Chef von rund 18'000 Angestellten, die rund 2,5 Milliarden Euro erwirtschaften. Ausserdem ist Bianchi seit 2016 Verwaltungsrat der Genfer Maus Gruppe, zu der neben der Warenhauskette Manor auch internationale Marken die Lacoste oder Gant gehören.

«Bivers 45 Jahre in der Uhrenindustrie werden durch null Jahre Erfahrung ersetzt. Das macht Bianchi zu einem Risiko.»

Mit Konsumgütern kennt sich Bianchi also aus. Aber: Erfahrungen aus der Luxusgüter-Industrie kann er nicht vorweisen. Und auch eine Uhrenfirma hat er noch nie geführt. Will heissen: Bivers 45 Jahre in der Uhrenindustrie werden durch null Jahre Erfahrung ersetzt. Das macht Bianchi zu einer Hochrisiko-Ernennung.

Biver sagt gemäss Mitteilung zu seinem Nachfolger, dass Bianchi seine «volle Unterstützung» geniesse. Deutlich engagierter dankt Biver allerdings all jenen, die seine «Leidenschaft geteilt» hätten. «Ohne Euch hätte ich niemals so viel erreicht», so Biver. Dies als verklausulierte Kritik an Bianchis Ernennung zu lesen, ist zumindest nicht abwegig.

«Die Chefs von Hublot und Zenith müssen nun an ein Uhren-Greenhorn rapportieren. Wie lange sie da wohl mitmachen?»

Die mit Abstand wichtigste Marke im LVMH-Uhrenporfolio ist TAG Heuer. Sie machte 2017 gemäss Schätzungen der US-Bank Morgan Stanley rund 850 Millionen Franken Umsatz. Die beiden weiteren Marken – Hublot und Zenith – sind mit 480 und 90 Millionen Franken deutlich kleiner. Beide jedoch werden von erfahrenen Chefs aus der Branche geführt, die nun an das Uhren-Greenhorn Bianchi rapportieren. Wie lange Ricardo Guadalupe von Hublot und Julien Tornare von Zenith da mitmachen, bleibe mal dahingestellt.

Immerhin: Bianchi kann zumindest vorläufig weiter auf Biver zählen. Er bleibt auf strategischer Ebene bei LVMH engagiert. Allerdings dürfte dies nicht ewig so bleiben. Denn wenn ein passionierter Arbeiter wie er aus gesundheitlichen Gründen kürzer tritt, muss man leider davon ausgehen, dass es ernst ist.

Im Unterschied zu vielen Chefs von Schweizer Uhrenfirmen, die in anderen Unternehmen als Marketingleiter amten würden, ist Biver ein echter Patron und Unternehmer. Seine Bedeutung für die Schweizer Uhrenindustrie ist immens.

Bivers Palmeres ist einzigartig

Nicht nur, weil er die Swatch-Group-Marke Blancpain in den 1980er-Jahren hat wiederauferstehen lassen. Nicht nur, weil er Omega – ebenfalls Teil der Swatch Group – in den 1990er richtig gross gemacht hat. Nicht nur, weil er mit Hublot einen globalen Bling-Bling-Brand geschaffen hat. Nicht nur, weil er Zenith aus der verstaubten Nische geholt hat. Und nicht nur, weil er bei TAG Heuer voll auf den Smartwatch-Trend aufgesprungen ist.

Bedeutend ist Biver vor allem wegen seiner Leidenschaft für die ganze Uhrenindustrie. Er ist in einem Atemzug mit Nicolas G. Hayek zu nennen. Bianchi tritt in riesige Fussstapfen.