Sie tragen Namen, die niemand aussprechen kann, und haben ebenso undurchsichtige Geschäftsmodelle: Shein, Wish, Aliexpress und neuerdings auch Temu – ausgesprochen «Ti-Mu». Der Anbieter aus China wirbt mit knalligen Kampagnen via Social Media und verkauft in der App billige Haushaltsgeräte, den letzten Modeschrei sowie anderen Schnickschnack, den eigentlich niemand braucht. Der Clou dabei: Die Waren werden zu Spottpreisen angeboten. Eine Jogginghose gibt es für billige 5 Franken, ein Regenponcho kostet weniger als 2 Franken, und der Fotodrucker für 4 Franken ist verglichen mit dem im Laden gebotenen Preis lächerlich tief.

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Doch das ist nicht genug: Den Endpreis drücken weitere zeitlich begrenzte Vergünstigungen, Gewinnspiele in der App und Sonderrabatte. Fertig ist das billige Wunderpaket. Und damit auch ein Paket, das weder sozial vertretbar noch umweltfreundlich ist.

Denn wenn die Endkundin so günstig wegkommt, dann geht das oft auf Kosten anderer. Im Fall von Shein, Temu und Co. gibt es immer wieder Hinweise auf haarsträubende Zustände in den chinesischen Fabriken entlang der Lieferkette. Berichte über schlecht bezahlte Näherinnen, Fliessbandarbeiter und Hafenmitarbeiter finden sich zuhauf. Sie schuften teilweise mehr als zwölf Stunden am Tag für einen Lohn, der ihnen keine Existenzgrundlage sichert.

Derweil nicht genug: Chinesische Billigware schippert dank Weltpostvertrag viel zu günstig um den halben Globus. Dabei leidet unser Planet markant stärker unter dem zusätzlichen – und meist unnötigen – CO2-Ausstoss der Flugzeuge, die Temus knallorange Pakete transportieren. Dass dabei keine Sorgfalt gilt, beweist das angekommene Produkt: Bombensicher mit Klebeband verschlossen, umfasst das Paket mehrere einzelne Plastikbeutel mit Material, das nach Chlor riecht und nach ein paar Waschgängen kaputtgeht. Qualität? Lässt zu wünschen übrig. Nachhaltigkeit? Fehl am Platz. 

Das einzige Argument ist der Preis – doch angesichts der mangelnden Qualität zieht auch dieses nicht. Wieso für Produkte bezahlen, die am Ende nur für den Müll taugen? Damit sich etwas ändert, braucht es eine Transparenzpflicht der Lieferketten. Nur so kann gewährleistet werden, dass Temu, Shein und Konsorten in ihren Produktionsstätten angepasste Arbeitszeiten einhalten und existenzsichernde Löhne zahlen. Die Billiganbieter müssen endlich Verantwortung für ihre Produktion und Zulieferer übernehmen.

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Olivia Ruffiner
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