Es sind ungemütliche Zeiten für den niederländisch-amerikanischen Online-Giganten Booking.com in der Schweiz. Erst gerade hat sich der Nationalrat starkgemacht gegen Preisbindungsklauseln, wie sie bei Online-Buchungsplattformen oft herrschen.  

Wenn sich Hoteliers und Politiker mit solchen Online Travel Agencies (OTA) beschäftigen, ist Booking.com nicht zufällig der meistgenannte Name. Wie die aktuelle Hotel-Vertriebsstudie der Hochschule für Wirtschaft Wallis zeigt, kommen 28 Prozent der Schweizer Hotelbuchungen über OTA hinein. Der Anteil von Booking.com in diesem Segment beträgt gemäss der Studie 77 Prozent. 

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Der Schweizer Piks von Aldi  

Jetzt wird der OTA-Gigant auch von unerwarteter Seite angepikst. Von Discounter Aldi Suisse beziehungsweise dessen Reise-Sparte Aldi Suisse Tours. In TV-Spots, Youtube-Clips und Inseraten in der eigenen wöchentlichen Broschüre wird ein Preisvergleich gezogen, der Booking.com alt aussehen lassen soll. «Dein Booking zum besten Preis», annonciert der Discounter und lobt im direkten Vergleich mit dem OTA-Riesen eine Übernachtung in einem Berner Oberländer Vier-Sterne-Haus 53 Prozent günstiger aus.

Die vergleichende Werbeform erinnert an die Werbe-Sujets von Aldi Suisse im Februar 2021, als die örtliche Konkurrenz von Migros, Coop, Denner und Lidl frontal attackiert wurde. Waren damals die Namen der Konkurrenten auf den Shirts der Fake-Mitarbeitenden noch etwas verundeutlicht dargestellt, so taucht nun der Name des Reise-Mitbewerbers als Zielscheibe prominent auf.

Seitens Aldi Suisse heisst es zur aktuellen Preisvergleichswerbung: «Booking wird als eine der grössten Buchungsplattformen oft als Synonym für Buchungsplattformen generell wahrgenommen. Wir sehen Booking.com allerdings nicht als Zielscheibe, sondern nutzen den Vergleich, um den Konsumentinnen und Konsumenten zu zeigen, dass unser Service Aldi Suisse Tours exklusive Reiseangebote zu noch günstigeren Preisen anbietet.»

Aldi Suisse Tours ist ein sogenannter Direktreise-Anbieter, was bedeutet, dass die Angebote nur via Telefon oder Internet gebucht werden können. Produziert werden die Reisen von der österreichischen Eurotours International in Kitzbühel. Beobachter vermuten, dass Aldi Suisse Tours mit der Konkurrenten-Kitzelei sein Geschäft nach der harten Corona-Phase wieder in die Gänge bringen will. «In jener Zeit hatten herkömmliche Reisebüros aufgrund ihres persönlichen Services wohl bessere Karten als Direktreise-Anbieter», meint ein Beobachter aus der Branche. Und: «Wenn die Kampagne Wirbel machen soll, dann müsste jetzt mehr kommen.»  

Aldi

Vergleichende Werbung vom Discounter: Aldi Suisse Tours piesackt Booking.com.

Quelle: Screenshot

Die Kampagne sei dabei nicht von ausländischen Aldi-Märkten übernommen worden: «Bei dieser Werbekampagne handelt es sich um eine Schweizer Eigenleistung.»  

Was sagt Booking.com dazu, will man reagieren auf den Schweizer Piks? Das Unternehmen beantwortet Fragen nicht im Detail, sondern mit einem generellen Statement. Darin heisst es, dass es sich das Unternehmen zur Aufgabe gemacht habe, «seinen Kunden ein grossartiges Reiseerlebnis zu bieten und ihnen eine Auswahl zu ermöglichen, die ihren Bedürfnissen entspricht, unabhängig davon, wo sie sich befinden, welche Art von Reise sie unternehmen oder wie viel sie bezahlen möchten.» Man tue dies «mit vollständiger Transparenz und Klarheit über alle von uns angebotenen Reisedienstleistungen. In diesen unsicheren Zeiten empfehlen wir unseren Kunden, bei seriösen Reiseveranstaltern zu buchen, damit sie gute Preise erhalten und sich sicher sein können, dass sie bei Bedarf Unterstützung oder Hilfe erhalten.»  

«Geschäft in die Gänge bringen»

Zu vermuten ist, dass sich Marktleader Booking solche Angriffe gewohnt ist und nicht gleich beim ersten Sujet reagieren wird. Anders könnte es werden, wenn sich der Discounter auf das Thema einschiesst und weitere Preisvergleiche anstellt oder die Piks-Zone auf Schweizer Platzhirsche wie Hotelplan oder Kuoni ausweitet. Ob die Kampagne zukünftig auf das Thema Sommerferien im Ausland ausgeweitet werde, so heisst es bei Aldi Suisse, «können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Ein Vergleich zu anderen Anbietern ist derzeit nicht geplant.»  

Andreas Güntert
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