Wer als Economy-Passagier ganz vorne im Flieger einsteigt und nach hinten geht, um seinen Platz zu finden, blickt neidisch auf das, was vorne in der Kabine zu sehen ist: breite Sitze, die sich sogar zum Bett ausfahren lassen.

Selten liegen Unterschiede, was Privilegien angeht, so nah beisammen wie in der Zivilluftfahrt: Vorne in der Business Class: «Hui!» Gleich dahinter in der Economy: «Na ja.»

Zwar haben manche Airlines noch eine luxuriöse First Class (bei Emirates sogar mit Dusche) und in der Mitte eine Premium-Economy, doch die Visitenkarte vieler Fluggesellschaften ist die Business-Klasse. Hier buhlen sie um Anerkennung, hier machen sie richtig Geld. Mengenmässig lassen sich zwar viel mehr Economy-Tickets verkaufen, doch die Business verspricht den Grossteil der Erträge.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Gutes Business in der Schweizer Business Class

Das lukrative Geschäft läuft hierzulande gut. Die Schweiz sei «ein dankenswerter Markt für die Business-Klasse», berichten Airline-Manager, die Kaufkraft der Konsumenten sehr hoch.

Business fliegen, das ist in der Regel für Menschen, die geschäftlich unterwegs sind – und deren Arbeitgeber die hohen Ticketkosten tragen. Ein Beispiel zum Vergleich: Anfang Dezember kostet die Strecke ZürichNew YorkZürich bei Swiss in der Eco nur knapp 500 Franken. In der Business sind es allerdings knapp 5000 Franken.

Doch wer beruflich viel und weit unterwegs ist, soll nicht in der Eco sitzen. «Einige Unternehmen haben ihre Reiserichtlinien gelockert», sagt Daniel Wittwer, Head of Business Travel bei Finass Reisen. Aber, so Wittwer, viele Firmen suchten weiter Optimierungsmöglichkeiten: «Wer zum Beispiel hundert Flüge pro Jahr zwischen Zürich und Chicago bucht, kann bis zu 100 000 Franken im Jahr sparen, wenn er statt eines Direktflugs eine Umsteigeverbindung wählt.»

Vor allem in Genf machen Airlines mit Vertretern internationaler Institutionen sowie mit wohlhabenden Menschen gute Geschäfte. Sie reisen lieber Business- statt Holz-Klasse.

Das gilt auch für die Ferien. Viele Schweizer halten es mit dem Motto: Auf die Malediven lieber in der Business und zurück natürlich auch, sonst komme ich ja völlig erschöpft wieder in Kloten an. Bei Edelweiss Air etwa lag die Auslastung der Business Class auf dem gesamten Streckennetz im Jahr 2017 bei 72 Prozent. Am besten läuft die Business auf der Langstrecke nach Kapstadt, Phuket und Malé.

18'000 Business-Class-Sitze pro Woche

Wie wichtig die Business für den Schweizer Markt ist, zeigt sich an der Vielzahl der angebotenen Sitze. Pro Woche sind das ab der Schweiz knapp 18'000 Business-Sitze laut Berechnungen der Beratungsfirma ch-aviation in Chur. Angeführt von der Swiss, gefolgt von Emirates. Die meisten Plätze gibt es nach Dubai (siehe Grafik unten).

Die Swiss rüstet nicht nur am Boden auf und eröffnet neue Lounges, sie steckt auch im grössten Flottenmodernisierungsprogramm ihrer Firmengeschichte. Mit den grösseren Boeing-777-300ER-Fliegern wuchs die Zahl der Business-Sitze. Derweil schweben Konkurrenten wie Emirates und Singapore Airlines in Kloten mit dem Riesenflieger A380 ein – allein Emirates bietet ab Zürich täglich 152 Plätze in der Business an.

Besonders Airlines aus Asien und Nahost trumpfen gerne mit Neuerungen in der Business auf. So lassen sich etwa bei Qatar Airways und Singapore Airlines zwei Mittelsitze zu einem Doppelbett vereinen. Das kannten Passagiere zuvor nur aus der First. Und Turkish Airlines schickt einen Koch, den Flying Chef, durch die Kabine.

Wer das beste Business-Angebot hat, wird jedes Jahr von der britischen Firma Skytrax prämiert: Für 2018 führt Qatar Airways vor Singapore Airlines das Ranking an, Swiss liegt auf Rang 15.

Champagner auf Youtube

Und während sich in den Kommentarspalten der Aviatikforen Vielflieger über die Sitzkonfiguration («Habe ich vom Sitz aus direkten Zugang zum Gang?») austauschen, tummeln sich bei Youtube die Influencer: Sie fliegen Business und filmen jedes Glas Champagner, bevor sie alle Features des Sitzes vorstellen. Bewegtbild-Stars wie Casey Neistat aus New York erreichen mit Clips wie «Qatar Airways A350 Business Class Review, Incredible» knapp 9 Millionen Views. Das sind Werbe-Volltreffer für Airlines.

Hohe Aufmerksamkeit ist garantiert, denn diejenigen, die sich kein Business-Ticket leisten können, bekommen per Youtube einen Einblick in diese Glamour-Welt. Wer Business-Erfahrung hat, kann sehen, bei welcher Airline der Service noch etwas extravaganter ist.

Dabei ist für Vielflieger die Business oft bloss schnöder Alltag: Sie wollen nach stressigen Meetings irgendwo auf der Welt einfach nur noch nach Hause und am liebsten auf den üppigen Menu-Service an Bord verzichten. Dabei sind die Vorteile der Business zahlreich. Manche Airlines wie Emirates holen ihre Business-Gäste mit der Limousine daheim ab. Wer Business fliegt, muss am Flughafen nicht mit den anderen Eco-Passagieren einchecken.

Auch sonst gibt es, egal an welchem Flughafen, Vorteile: Fast Lane beim Security-Check. Lounge-Zugang sowie Priority-Boarding. Natürlich gibt es auch Business für die Kurzstrecke. Doch das Privileg schrumpft auf den Vorteil zusammen, dass bei einer Dreisitzreihe der Mittelplatz frei bleibt. Gut, es gibt auf der Kurzstrecke in der Business besseres Essen als in der Eco und man kann zügiger ein- und aussteigen.

Premium-Paket auf der Langstrecke

Erst auf der Langstrecke kann die Business so richtig punkten, wenn Passagiere den Sitz zum «flat bed» ausfahren. Das ist bei fast allen Airlines mittlerweile Standard. Hinzu kommt der besondere kulinarische Service. Aperitif, Vorspeise, Hauptgang, Käse, Dessert, Kaffee und so weiter.

Das führt bisweilen zwar beim Kabinenpersonal zu ziemlichem Stress, weil die eher engen Flugzeugküchen alles andere als ideal sind, um mehrere Menu-Gänge vorzubereiten und fix aufzutischen. Doch es ist eben Teil des Premium-Pakets für die gut zahlende Kundschaft.
 

Der Preis ist heiss: Das kostet die Business Class

Im Vergleich zum Vorjahr sind die Preise in der Business Class tendenziell gestiegen. Das zeigt eine Analyse Der Reiseplattform Kayak. Einige Beispiele – geordnet nach Zielen:

  • Singapur:
    Durchschnittspreis 2018: 3456 Franken.
    Durchschnittspreis 2017: 2408 Franken.
    Jahresvergleich 2017/18: 44 Prozent.
     
  • Tokyo:
    Durchschnittspreis 2018: 2678 Franken.
    Durchschnittspreis 2017: 2280 Franken.
    Jahresvergleich 2017/18: 17 Prozent.
     
  • Miami:
    Durchschnittspreis 2018: 2804 Franken.
    Durchschnittspreis 2017: 2652 Franken.
    Jahresvergleich 2017/18: 6 Prozent.
     
  • Bangkok:
    Durchschnittspreis 2018: 2144 Franken.
    Durchschnittspreis 2017: 2041 Franken.
    Jahresvergleich 2017/18: 5 Prozent.
     
  • New York:
    Durchschnittspreis 2018: 2147 Franken.
    Durchschnittspreis 2017: 2357 Franken.
    Jahresvergleich 2017/18: -9 Prozent.

Und die Ticketpreise? Wird Business-Klasse-Fliegen teurer oder günstiger? Das hängt stets von Reiseziel und Jahreszeit ab.

Der Reisesuchmaschinen-Anbieter Kayak hat die Preise für einige Top-Business-Strecken ab der Schweiz untersucht. Demnach gibt es sowohl Preisrückgänge als auch Erhöhungen. Branchenkenner argumentieren, in Richtung Asien sei es in den vergangenen Jahren wegen des gewachsenen Angebots eher günstiger geworden. Auf der Nordatlantik-Route aber teurer.

Firmen erhalten Rabatte

Im Vorteil ist natürlich, wer viele Meilen sammelt und wessen Firma Rabatte bei den Airlines erhält, weil viele Business-Tickets gebucht werden. Kurioserweise kann es selten auch mal vorkommen, dass die Business günstiger als die Eco ist.

Wer das Business-Flugerlebnis dennoch für zu teuer hält, auf das Sitzerlebnis aber nicht verzichten will, der kann sich das Feeling nach Hause holen. Bei der Plattform Tutti gibt es eine ausrangierte «Swissair Flugzeugsitzreihe Business Class A320» zu kaufen. Für 800 Franken. Einziges Manko: Sie lassen sich nicht zum Bett ausziehen. Immerhin: Zwei Schwimmwesten mit Swissair-Logo gibt es gratis dazu.

Aviatik in der Schweiz:

  • Die Luftfahrt hat eine lange Tradition in der Schweiz. Sie ist ein wichtiger Faktor für die heimische Wirtschaft. Ein paar Fakten gefällig? Im vergangenen Jahr hat der Flughafen mit rund 1700 Mitarbeitern einen Umsatz von 1 Milliarde Franken und einen Gewinn von 286 Millionen Franken erzielt. Knapp 300 Firmen am Flughafen beschäftigen etwa 27'000 Menschen. Die Wertschöpfung wird auf knapp 5 Milliarde Franken geschätzt. Mehr zu Flughafen als Wirtschaftsfaktor und zur Historie der Luftfahrt lesen Sie hier.
     
  • Wer in Singapur landet, schafft es in 25 Minuten vom Flugzeug ins Taxi, inklusive Einreisekontrolle, Gepäckabholung und Zollabfertigung. im grossen Ranking der «Handelszeitung» schafft es der Flughafen des südostasiatischen Stadtstaates deshalb auf den ersten Platz. Der Flughafen Kloten, das Drehkreuz der Swiss, ist Spitzenreiter auf europäischem Boden. Mehr lesen Sie hier.
     
  • 68 Branchenprofis, mehr als hundert eigene Flugtests und die Einschätzung von international massgeblichen Fachpublikationen: Das bildet die Basis für das grosse «Handelszeitung»-Ranking der besten Airlines. Das Ergebnis: Die beste Business Class bietet Qatar Airways. Mehr lesen Sie hier.
Tim Höfinghoff
Tim HöfinghoffMehr erfahren