China will die Technologielücke zum Westen bis 2025 schliessen. Der Erfolg des neuen Schnellzuges «Fuxing» zeigt, dass es Peking mit seiner Ankündigung ernst meint.

Bevor die Fahrt mit dem «Fuxing» beginnt, schnellen am Pekinger Südbahnhof die Smartphones nach oben. Vor der Abfahrt machen Fahrgäste noch schnell Selfies vor dem neuen Schnellzug mit seiner spitzen Nase und den markanten roten Seitenstreifen. In sozialen Netzwerken lässt sich prima mit solchen Bildern angeben.

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Gut vier Monate ist der «Fuxing» dessen Name sich mit «Erneuerung» übersetzen lässt, im Einsatz. Und die Chinesen sind auf ihren Prachtzug mächtig stolz. Im Vergleich zum Vorgängermodell, das noch liebevoll «Harmonie» genannt wurde, legt der Neue beim Tempo nochmal eine Schippe drauf: Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 350 Kilometern pro Stunde meistert er die 1300 Kilometer zwischen den Metropolen Shanghai und Peking in viereinhalb Stunden - fast immer ohne Verspätung. Der Vorgänger brauchte noch etwa eine halbe Stunde mehr.

Mehr Luxus

Der neue Zug sei nicht nur schneller, so der Betreiber, sondern auch besser ausgestattet. Mehr Arm- und Beinfreiheit, gratis WLAN und Steckdosen für Smartphones und Notebooks. Chinas technisch immer ausgefeilteren Züge machen Europa nervös. Pekings Kampfansage an den Westen trägt den Titel «Made in China 2025». Der ehrgeizige Regierungsplan sieht vor, in vielen Sektoren die Technologielücke zum Ausland zu schliessen und selbst Weltmarktführer hervorzubringen.

Produktionsanlagen sollen modernisiert, und der Import ausländischer Technologie durch eigene Innovationen ersetzt werden. Der Fuxing ist eine direkte Konsequenz dieser Politik.

Eigene Patente

Stützte sich das Vorgängermodell noch stärker auf Technik des deutschen ICE oder des japanischen Shinkansen, hält der chinesische Schienenfahrzeughersteller CRRC beim Fuxing erstmals alle Patente selbst. «Der Verkauf ins Ausland wird so deutlich erleichtert», sagt der chinesische Bahnexperte Luo Yanyun.

Dass der französische Konzern Alstom und Siemens planen, ihre Bahnsparten zu verschmelzen, ist auch eine Reaktion auf die immer stärkere Konkurrenz aus Fernost. 2015 fusionierten dort die beiden grössten staatlichen chinesischen Zughersteller, um gemeinsam den Weltmarkt zu erobern.

Über 30 Milliarden Euro Umsatz

Und die Zahlen des daraus entstandenen Bahn-Giganten CRRC lassen sich sehen: 30,5 Milliarden Euro Umsatz machten die Chinesen 2016 nach eigenen Angaben. Siemens und Alstom kommen auch zusammen gerade mal auf die Hälfte.

Daran, dass der Fuxing den Europäern auf dem Weltmarkt nun im Handumdrehen das Wasser abgräbt, glaubt man aber selbst in China nicht. «CRRC muss Käufer erst noch von den Qualitäten seines neuen Zuges überzeugen», sagt Luo Yanyun: «Es ist ein erster Schritt».

Immerhin in Thailand hat es schon geklappt. Dort bauen Chinesen seit Dezember die erste Hochgeschwindigkeitsstrecke des Landes, auf der künftig der Fuxing zwischen Bangkok und der nordöstlichen Provinz Nakhon Ratchasima rollen soll.

Das längste Bahnnetz der Welt

Deutlich mehr als im Ausland wird CRRC weiterhin im eigenen Land verkaufen. China verfügt über das mit Abstand längste Hochgeschwindigkeitsnetz der Welt. Ende vergangenen Jahres umfasste es 22'000 Kilometer. Bis 2020 sollen es 30'000 Kilometer werden.

Jeden Monat müssen deshalb Dutzende neue Schnellzüge gefertigt werden. In spätestens drei Jahren sollen die noch etwas schneller werden: Die nächste Schnellzug-Generation wird dann laut Chinas Staatsmedien mit 400 Kilometern pro Stunde durchs Land rasen.

(sda/mbü)