Caen Contee, Sie waren 2017 an der Gründung von Lime beteiligt. Shared Bikes in Städten waren da nichts Neues mehr. Was hat Sie so sicher gemacht, dass es noch einen weiteren Anbieter braucht?
Die einfachsten Ideen sind oft die besten. Als wir Lime gründeten, wussten wir, dass wir nicht nur Velos, sondern verschiedene Fortbewegungsmöglichkeiten wie Elektro-Scooter anbieten wollten. Zudem waren viele der bestehenden Angebote mit festen Velostationen verbunden. Die kosten die Städte Geld. Unser System ist nicht nur stationslos, sondern auch günstiger.

Als Lime im Januar in Zürich startete, gab es mit Smide, PubliBike, Züri Velo und OBike bereits vier weitere Anbieter. Wieso haben Sie sich trotz der Konkurrenz für den Launch entschieden?
Zürich war für uns ein guter Ausgangspunkt für die Schweiz. Die Nachfrage nach Veloanbietern war da – viele Touristen besuchen die Stadt. Zudem machen wir einiges anders als zum Beispiel OBike, die nun ja nicht mehr in Zürich präsent ist.

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Was denn?
Qualität. Wir haben ein Team vor Ort und können einen guten Service gewährleisten. So können wir die Bikes und E-Scooter dort platzieren, wo sie nachgefragt werden. Die Menschen wissen immer, wo sie das nächste Lime-Bike finden können. Wir haben es geschafft, Lime in die Stadt zu integrieren.

Lime

Das Start-up wurde 2017 im kalifornischen Silicon Valley gegründet und expandiert seither in europäische Grossstädte. Weltweit fahren heute in 120 Städten rund 60 000 Lime-Bikes auf den Strassen. Dazu kommt ein wachsendes Angebot an E-Scootern. Seit Anfang 2018 ist Lime mit 600 Scootern und Velos in Zürich unterwegs. Bis jetzt wurden knapp 300 000 Fahrten gezählt. In Europa will das Velo-Start-up bis Ende Jahr in 22 weiteren Städten launchen. In der Schweiz ist es ausser in Zürich in Basel präsent.

The Lime-S Electric Scooter Sharing at Vinohradska Street, Prague, Czech Republic on October 31, 2018.  (CTK Photo/Libor Sojka) (KEYSTONE/CTK/Libor Sojka)
Quelle: Keystone

OBike hat Daten ihrer Nutzer verkauft. Wie wurde die Debatte um Datennutzung bei Lime geführt?
Wir haben dieses Thema natürlich diskutiert. Wir nutzen die von uns gesammelten Daten, um unser Unternehmen und das Angebot zu verbessern. Wir haben noch nie Daten verkauft und haben dafür auch noch nie einen Grund gesehen. Unser Ziel ist es, Vertrauen zu schaffen. Wir geben die GPS-Daten umsonst an die Städte weiter, in denen wir präsent sind. Anonym und statistisch aufbereitet, versteht sich. So können die Städte sehen, welche Bereiche besonders stark frequentiert sind, und in ihrer Planung darauf reagieren. Wir sehen Daten nicht als finanzielle Möglichkeit.

«Wir wollen weiterhin unabhängig bleiben und sehen keinen Anlass, Teil von Uber zu werden.»

Im Juli haben unter anderem der Taxidienst Uber und die Google-Mutter Alphabet 335 Millionen Dollar in Lime investiert. Wie unabhängig ist Lime noch?
In der Finanzierungsrunde waren Alphabet und Google Ventures die Hauptinvestoren. Uber hat nur im kleinen Stil investiert. Wir arbeiten weiterhin als völlig eigenständiges Unternehmen. Wir sehen Uber aber als einen strategischen Partner, der uns dabei hilft, aus Lime eine internationale Marke zu machen. Wir wollen weiterhin unabhängig bleiben und sehen keinen Anlass, Teil von Uber zu werden.

Caen Contee, LIME, 2018

Lime-Co-Gründer Caen Contee: «Wir haben noch nie Daten verkauft und haben dafür auch noch nie einen Grund gesehen.»

Quelle: Thomas Buchwalder

Es wird spekuliert, dass Uber Lime-Scooter in ihre App aufnehmen möchte. Stimmt das?
Das könnte passieren – oder auch nicht. Lime ist wie gesagt unabhängig von Uber. Zudem wäre es für uns nicht ideal. Wir haben den Vorteil, keine Fahrer anstellen zu müssen. Wir haben keine Autos, auf die man warten muss. Unsere Flotte ist immer und überall einsetzbar. Wir stellen in Zürich fest, dass immer mehr Nutzer mit dem Scooter von zu Hause zur Bahn oder vom Zug ins Büro fahren – wir bieten jetzt schon ein Zusatzangebot zum öffentlichen Verkehr.

Welche Motivation hat Google?
Google sieht Lime als Chance, eigene Produkte wie Maps weiterzuentwickeln und so auch einen Mehrwert für die Lime-Nutzer zu schaffen.

Lime hat gerade die Expansion in Europa gestartet. In vielen Städten gibt es schon Veloanbieter nach dem Share-Prinzip. Wie gross ist der Konkurrenzdruck?
Viele Anbieter haben versucht, nach uns die gleichen Märkte zu bedienen. Allerdings bietet keiner von denen eine Auswahl an verschiedenen Fortbewegungsmöglichkeiten. Lime hat den Vorteil, sich mit ihren Flotten an die unterschiedlichen Bestimmungen in den Städten anpassen zu können.

Was meinen Sie damit?
In Deutschland zum Beispiel sind Scooter in den Städten nicht erlaubt. In Frankfurt und Berlin sind wir aktuell nur mit Bikes und E-Bikes präsent. Wir arbeiten mit den Städten zusammen, um eine Lösung zu finden. Andere Anbieter konzentrieren sich nur darauf, ihre Velos unter die Leute zu bringen. Aber Lime ist eine Plattform, die das Problem des ersten und des letzten Kilometers zum Zug, Büro oder Bus lösen möchte.

Caen Contee, LIME, 2018

Co-Gründer Caen Contee: «Lime ist eine Plattform, die das Problem des ersten und des letzten Kilometers zum Zug, Büro oder Bus lösen möchte.»

Quelle: Thomas Buchwalder

Haben Sie ein Beispiel?
Einer unserer wichtigsten Märkte ist Paris. Dort haben wir eine Kooperation mit der französischen Bahngesellschaft SNCF. An Bahnhöfen gibt es ausgewiesene Bereiche, an denen man Lime-Scooter abstellen und abholen kann.

Lime, 2017 gegründet, ist in den letzten Monaten um 100 Prozent gewachsen – schreiben Sie schon schwarze Zahlen?
Wir konzentrieren uns auf langfristiges Wachstum. Unser Geschäftsmodell soll nachhaltig sein. Aber in einigen Städten sind wir heute schon profitabel.

«In manchen Städten sind wir schon nach Monaten profitabel, in anderen dauert es länger.»

In welchen?
Das kann ich leider nicht sagen. Aber es gibt Märkte, in denen wir bereits Gewinn machen. In manchen Städten sind wir schon nach Monaten profitabel, in anderen dauert es länger. Bis Ende 2018 wollen wir in Europa in über 35 Städten präsent sein. Die Schwierigkeit ist, dass wir gleichmässig wachsen müssen.

In Zürich fahren E-Scooter auf dem Trottoir. Was tut Lime, um die Sicherheit der Fussgänger zu gewährleisten?
Wir halten uns an die Vorschriften und verbessern unsere Modelle ständig. In sehr belebten Zonen bremsen die Scooter automatisch auf eine niedrigere Geschwindigkeit runter. Der Fahrer kann dann nicht mehr schneller fahren. In Prag ist das heute schon möglich. Und wir nutzen künstliche Intelligenz. Um den Scooter abstellen zu können, muss ein Foto gemacht werden. Daran können wir erkennen, ob er richtig steht.

Wohin geht Lime als Nächstes?
Wir wollen bald in den skandinavischen Ländern launchen. Es ist unser Ziel, ein europaweites Netzwerk aufzubauen. Lime soll überall sein.