Kurz vor dem Konkurs von Lehman Brothers erhöhte sich der Bestand an Lehman-Produkten in den Depots der privaten Vermögensverwaltungskunden bei der CS sprunghaft: Im Mai 2008 hatten diese noch einen Anteil von sechs Prozent aller Kapitalschutzprodukte, im Juni waren es plötzlich zehn Prozent (siehe Grafik unter 'Downloads'). Das ist dem Finma-Bericht vom März 2009 zu entnehmen.
Dass zwei Ereignisse fast gleichzeitig stattfinden, kann Zufall sein. Wahrscheinlicher ist aber folgende Interpretation: Da die Bonität von Lehman im Frühling 2008 schon erheblichen Schaden genommen hatte, waren die Preise für deren Kapitalschutzprodukte deutlich gefallen. Falls die Bank gerettet würde, waren sie also günstig zu haben. Wenn das Research der CS an die Rettung glaubte und die Kundenberater so informierte, dann ist es kein Wunder, dass diese die Lehman-Produkte massenweise in die Kundendepots legten.
Eine weitere, hoffentlich falsche Interpretation wäre, dass die CS ein schnelles Geschäft witterte. Sie strukturierte Lehman-Produkte oft selbst und setzte als Emittenten Lehman ein. Diese Produkte waren günstig herzustellen und konnten in Form von Kapitalschutzprodukten mit hohen Aufschlägen verkauft werden.
Erstaunlich ist, dass die sprunghafte Verbreitung von Lehman-Produkten bei CS-Kunden im internen Bericht der Finma ein Thema war, im offiziellen Bericht, ein Jahr später, nicht mehr. Der offizielle Bericht ist milder abgefasst. Das zeigt sich an der Frage, ob für Kunden erkennbar war, dass sie Lehman-Produkte kauften. Im offiziellen Bericht heisst es, dass die Praxis der CS mit gängigem Recht vereinbar sei. Der interne Bericht ein Jahr zuvor kam zum Schluss, es sei für Retailkunden täuschend gewesen.
(Autor: Harry Büsser)