Zürich, Bahnhofplatz 1 – die Adresse macht etwas her. Die teuerste Lage der Schweiz ist ein ungewöhnlicher Standort für ein Start-up, das auf die Kosten achten muss. Doch Balluun kann es sich leisten. Der Softwarehersteller hat zwei prominente Investoren gewonnen: Philippe Gaydoul, Denner-Erbe und heute Luxusmarken-Unternehmer (Navyboot, Jetset), sowie Walter Knabenhans, ehemals CEO der Bank Julius Bär und Präsident der Bellevue Group.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Knabenhans wird auch in den VR einziehen – obwohl er seine VR-Mandate (u.a. GAM Holding, Morgan Stanley Schweiz) in den letzten Jahren bewusst reduziert hat. «Darum war ein solches bei Balluun anfangs kein Thema», sagt Knabenhans. «Doch im Zuge meiner Beteiligung hat es sich fast natürlich ergeben.» Der 67-Jährige soll sein Know-how für Corporate Governance und strategische Fragen einbringen.

Insgesamt acht Anteilseigner

Gaydoul will sich «grundsätzlich nicht öffentlich zu unseren Beteiligungen im Bereich Asset Management äussern», wie er mitteilt. So bleibt die genaue Beteiligungshöhe unklar, Knabenhans wie Gaydoul werden von Balluun jedoch als «bedeutende Aktionäre» bezeichnet. Es gibt insgesamt acht Anteilseigner, die jeweils mehr als drei Prozent halten. Wichtigster davon bleibt die Treuhandfirma Finnovis mit knapp 20 Prozent. Die Balluun-Gründer Peter und Karl Heinz Koch besitzen zusammen noch acht Prozent. Mit 350 Anteilseignern ist das Aktionariat für ein Start-up aussergewöhnlich zersplittert.

Balluun hat eine bewegte Geschichte: 2012 gründeten die Firma die deutschen Gebrüder Koch in Zürich mit dem Anspruch, ein Facebook für Geschäftskunden aufzubauen: Balluun entwickelt Marktplätze mit Social-Media-Funktionen etwa für Messeveranstalter oder den amerikanischen Spielwarenverband. Karl Heinz Koch schied schon nach zwei Jahren aus, Bruder Peter übergab die Führung 2014 an den HP-Veteranen Hans-Peter Klaey, blieb zunächst als VR und Produktchef an Bord, verliess die Firma 2016 jedoch ganz. Klaey wurde nach einem Jahr abgelöst von Roland Kümin, der seit vielen Jahren in der Schweizer Start-up-Szene mitmischt. VR-Präsident ist seit einem Jahr der Venture Capitalist Ariel Lüdi.

Inzwischen beim dritten CEO und dritten CFO

Fünf Marktplätze mit 40'000 Teilnehmern hat Balluun mittlerweile lanciert. Doch lediglich 103'000 Franken setzte die Firma mit einem Entwicklungsbüro im Silicon Valley letztes Jahr um; zuvor waren es noch mehr als doppelt so viel. Gleichzeitig wurde aus dem knappen Reingewinn ein Verlust von 1,14 Millionen. Grund ist eine Finanzierungsvereinbarung mit 
der amerikanischen Private-Equity-Gruppe GEM, die 800'000 Franken kostete, aber am Ende nicht benötigt wurde.

Auch deswegen ist Balluun inzwischen beim dritten CEO und dritten CFO, auch deswegen ist der mehrfach angekündigte Börsengang nicht zustande gekommen. «Natürlich müsste man erwarten, dass man nach fünf Jahren weiter wäre», sagt Kümin. «Aber wir mussten ziemlich aufräumen, das hat Zeit gebraucht.» Knabenhans sagt es so: «Balluun ist nach einer langen Gas- und Flüssigkeitsphase jetzt in einen festen Zustand gekommen.»

Insgesamt zehn Millionen Franken Kapital hat sich Balluun heuer beschafft. Damit will Kümin die Zahl der Mitarbeiter in zwei Jahren von 32 auf 200 erhöhen, die der Marktplätze von 5 auf 70. Das Umsatzpotenzial schätzt er dann auf bis zu 250 Millionen. «Rein rechnerisch ist das Potenzial riesig», sagt Lüdi. «Aber jetzt müssen wir es auch umsetzen.» Und einmal mehr will Balluun an die Börse, spätestens 2019 – nicht an die Nasdaq, sondern in Zürich: «Die Heimat von Balluun ist die Schweiz», so Kümin.

 

Dies und mehr lesen Sie in der neuen «Bilanz», ab Freitag am Kiosk oder mit Abo bequem im Briefkasten.