Hohe Temperaturen, endlose Badi-Vibes: Der Schweizer Sommer 2022 zeigte sich auch im Spätaugust noch von seiner heissesten Seite. Mitten in die Sonnenwonne platzte Wohnaccessoires- und Kleinmöbelhändler Depot mit einer Mail-Aktion, die am 27. August in vielen Schweizer Postfächern auftauchte: «20 Prozent beim Pre-Xmas-Sale». Im Angebot: Adventskalender, Weihnachtsdeko, winterliche Textilien und mehr, das gut zum Christkind passt. Aber schlecht zu 24 Grad im Schatten. So früh wie Depot hat noch kaum je ein Händler den Weihnachtsverkauf in der Schweiz lanciert. 

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Wer Weihnachten zu früh lanciert, riskiert Ärger

Weihnachten früh als Thema anziehen ist ein heisser Marketingritt. Viele Konsumentinnen und Konsumenten stört es, wenn Händler das für sie lukrative Thema zu früh spielen. Wenn Schweizer Grossverteiler in der Vergangenheit Ende September oder Anfang Oktober Weihnachtssujets einsetzten, gab das viel zu reden und verbreitete schlechte Stimmung.    

Philipp Zutt, Chef der Zürcher Neuromarketing-Unternehmensberatung Zutt & Partner, glaubt, dass Depot mit seiner sehr frühen Aktion «irgendwelche Schnäppchenjäger vielleicht anspricht, aber eine grosse Mehrheit holt man so kaum ab». Der Vorstoss könnte sich gar als Bumerang erweisen: «Wie Medienberichte aus anderen Jahren zeigen, stören sich viele Menschen daran, wenn Händler zu früh auf das Thema Weihnachten setzen.»  

Depot: Von der Migros gekauft – und wieder verkauft

Warum springt Depot so früh auf das Thema auf? Eine entsprechende Anfrage der «Handelszeitung» bei Depot Schweiz wurde nach Deutschland weitergereicht. Depot Deutschland will sich aber zum Pre-Xmas-Sale oder zur generellen Planung der verschiedenen Marketingaktivitäten nicht äussern.

Was nicht passt, wird nicht goutiert

Viele Blumentöpfe liessen sich mit der saisonal verqueren Aktion wohl nicht gewinnen, glaubt Zutt, der das Unbehagen der Konsumenten und Konsumentinnen wissenschaftlich so nachweist: «In aller Regel wollen Konsumentinnen und Konsumenten im Hochsommer noch nichts von Weihnachten hören», was mit der neurologischen Salienz zu tun habe: «Von zielgerichteter Salienz sprechen wir, wenn einem ein Thema aufgrund der eigenen Ziele und Motive ins Auge springt. Hochsommerwerte wie Sonne und Badi, die man nochmals richtig geniessen will, passen nicht zu Tannenbaum und Christkind.»

In der Regel, so Zutt, «reagiert das Hirn dann affin auf Themen, wenn es darum geht, ein Minuskonto aufzuladen oder ein Versäumnis nachzuholen. Deshalb sehen wir Werbung fürs Fitnessabo in den allermeisten Fällen nicht vor den Festtagen, sondern danach.»