Dieter Behring war gross im Geschäft. 800 Millionen Franken sollen zwischen 2000 und 2004 in die Vehikel des stets schwarz gekleideten Fondmanagers geflossen sein. Dann verschwand das Geld. Die Fonds stellten sich als Duchlaufkonten heraus. Nun wird dem 61-Jährigen der Prozess gemacht. Ab dem 30. Mai steht Behring vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona.

Die Anklage liess lange auf sich warten. Seit der Verhaftung Behrings sind fast zwölf Jahre vergangen. Betrug und qualifizierte Geldwäscherei wirft die Bundesanwaltschaft dem Mann vor, dessen mutmassliche Taten an Anlagebetrüger Bernie Madoff erinnern. Es ist der umfangreichste Fall, den die Bundesanwälte bisher meistern mussten.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Behring positionierte sich als Aussenseiter

Behring passte in die damalige Zeit. Er warb für alternative Anlagen, als keiner mehr an die konventionellen Anlagen glaubte. Zwischen 2000 und 2003 brach der Schweizer Aktienindex um die Hälfte ein, viele Anleger fühlten sich von den Banken verraten. Behring positionierte sich als Aussenseiter. Er habe den genetischen Code der Börse geknackt und ein Programm geschrieben, das automatisch investiere. Schnell und emotionslos.

Behring versprach, nur mit einem Drittel des Kundenkapitals zu handeln. Der Rest werde mündelsicher angelegt. Das tönte gut. Anleger sollten zudem nicht direkt in die Hedgefonds investieren, sondern über Notes von Offshore-Gesellschaften wie Moore Park. Diese hatten einen festen Zinssatz und eine dreimonatige Laufzeit. Und der Zins war hoch: 12 Prozent. Das Geld floss. Unter den Geschädigten finden sich Namen aus der feinen Gesellschaft Basels und Zürichs. Leute, die im Umgang mit Geld Übung hatten.

8 Prozent Retrozessionen

In Behrings Welt war das Geschäft zweigeteilt: Offiziell hatte er mit der Anlage nichts zu tun, auch wenn mittlerweile aktenkundig ist, dass er selber über Konten der Fonds und Offshore-Gesellschaften verfügen konnte. Seine Welt war das Cockpit mit Computern und Bildschirmen in der Basler Altstadt. Dort rechnete seine Firma angeblich die Handelssignale, die sie an die Fonds verkaufte.

Behrings Rechung ging auf. Gerne reichte er den Steuerausweis 2003 herum, in dem ihm der Staat bestätigte, dass seine private Holding aufgrund ihrer Erträge 431 Millionen Franken wert sei. Aus der Anklageschrift geht hervor, wie diese Zahlen entstanden. Es sind die Gebühren, die Behrings Firma von den Fonds für die Handelssignale bezog. Über die Jahre hinweg soll er alleine von der Moore-Park-Gruppe 153 Millionen Franken abdisponiert haben.

Geld für Fondsmanager in der Karibik

Auch andere lebten gut in Behrings Umfeld. Laut einer Privatklage erhielten die Vermittler, von denen es zahlreiche gab, Retrozessionen von 8 Prozent. Geld floss auch an die Fondsmanager in der Karibik und an die Banken, welche die Notes verwalteten. In einem Beispiel der Bundesanwaltschaft ist die Rede von 36 Prozent, welche jährlich verteilt worden seien. Wäre das Kapital wirklich nur zu einem Drittel im Risiko gestanden, hätte die Rendite darauf mehr als 100 Prozent betragen müssen. Das schien damals aber niemanden zu verwundern.

Meist wurde indes gar nichts angelegt. Das Handelssystem sei in Wahrheit ein im Umlageverfahren betriebenes virtuelles Scheingebilde gewesen, schreibt die Bundesanwaltschaft. Zum gleichen Schluss kam der Moore-Park-Liquidator in der Karibik.

Unklar wie viel Geld verschwand

Die Anklage geht von einem unbestimmten, 800 Millionen Franken erreichenden Schaden aus. Konkrete Angaben liefern die Ermittler nicht. Und so wird unklar bleiben, wie viel Geld effektiv verschwand. Viele Anleger haben sich schlicht nie gemeldet. Weil die Aussicht auf Geld zu gering war. Oder weil das angelete Geld unversteuert war.

Klar ist nur: Lange hatte man Behring geglaubt. Nicht nur die Anleger. Auch die Banken, die sich als Partner und Helfer zeigten - später aber von Gerichten und der damaligen Bankenkommission (EBK) entlastet wurden. So taucht die Zürcher Bank Maerki Baumann mehrmals in der Anklageschrift auf: 2001 liess sie Behring in ihren Räumen eine Präsentation vor Kunden und Managern abhalten. In Kundenunterlagen von Moore Park seien Bankvertreter als Referenzen genannt worden. Heute argumentiert Geschäftsleitungsmitglied Martin Fischer, man habe in einer Zeit mit Behring zusammengearbeitet, als dieser nur direkt in Aktien investiert habe. Als besagte Notes in den Depots auftauchten, habe man die Kunden aufgefordert, diese zu verkaufen.

Kritische Stimmen bei Sarasin

Bedeutender war die Rolle von Sarasin (heute J. Safra Sarasin). Als mit der Liechtensteinischen Bank Frick 2003 die erste Bank kalte Füsse bekam, sprangen die Basler in die Bresche, um Kunden zu übernehmen. Sarasin führte in der Folge auch Konten für die Moore-Park-Gruppe und handelte mit deren Notes. Insgesamt soll Sarasin Moore-Park-Zertifikate für 50 Millionen Franken verkauft haben.

Auch bei Sarasin gab es kritische Stimmen. So habe auch der eigene Dachfonds Acorn eine Zusammenarbeit mit dem Basler Anlagewunder geprüft, dann aber wegen zu viel Zweifel verworfen, erzählt ein früherer Sarasin-Banker. Bei den Kundenberatern kamen diese Signale aber offenbar nicht an. Und lange auch nicht in der Geschäftsleitung.

Die Stimmung kippte

Kurz nachdem Sarasin die Behring-Kunden übernommen hatte, liess sie den sagenumwobenen Guru im Januar 2004 am Basler Fondsforum auftreten, das sie zusammen mit der UBS organisierte.

Wenig später, im April, kippte die Stimmung. Mit einer sechsstelligen Rechnung im Londoner Restaurant Gordon Ramsay kam Behring ins Gerede. Gleichzeitig erschienen im Zürcher Tages-Anzeiger erste Berichte, die einen kritischen Blick auf seine Geschäfte warfen. Anwalt Lucius Richard Blattner, der heute Privatkläger vertritt, sagt, er habe in der Folge für einen Mandanten die Bank kontaktiert. Die hätten schon lange merken müssen, dass da was faul war. Sein rückblickendes Fazit: Die Bank kam zu einfach davon. Die EBK beliess es später bei einer symbolischen Rüge.

Das Kartenhaus kollabierte

Noch Ende Juni 2004 wickelte Sarasin Wiederanlagen im Wert von 50 Millionen Franken ab. Dies, nachdem auch Cash kritisch berichtet hatte und die EBK Behrings Redsafe Bank die Lizenz verweigert hatte. Ahnten es die Banker noch nicht? Oder wollte Sarasin verhindern, selber Gläubigerin zu werden, weil Behrings Konten ohne Wiederanlage im Minus standen? Die Bank schweigt dazu. Auch Behring reagierte nicht auf Fragen.

Als im September der nächste Rückzahlungstermin anstand, kollabierte das Kartenhaus. Von nun an beschuldigte jeder den anderen. Keiner wollte es gewesen sein. Am 24. September 2004 machte Behring in Zürich selber eine Anzeige und gab an, dass 800 Millionen fehlten. 48 Millionen konnten die Ermittler des Bundes in der Folge noch finden.

Am Vortag der Anzeige war Behring in Basel noch einmal zur Bank gegangen. Eine halbe Million hob er je hälftig bei UBS und Credit Suisse ab, wie die Bundesanwaltschaft berichtet. Kritische Fragen stellte offenbar auch da niemand.