Etwas ist allen klar: Das harsche Pariser Urteil gegen die UBS hat historische Dimensionen. Das «Wall Street Journal» beginnt seinen Kommentar zum Fall völlig undiplomatisch: «Geldwäscherei ist ein grosses Geschäft. Aber die Bussen für Banken, die bei der Beihilfe erwischt wurden, waren relativ klein. Bis jetzt.»

Diese Aussage ist durchaus typisch: Die internationalen Stimmen gehen kaum auf die Frage ein, wie sehr die Verurteilung der UBS vor dem Tribunal de Grande Instance sachlich korrekt und präzise war. Im Gegensatz zur UBS selber. Sergio Ermotti, der CEO, versuchte gestern abend, den Detail-Aspekt ins Zentrum setzen: «Die oberflächliche Art des Urteils ist verblüffend und gibt nicht einmal vor, sich mit unseren im fünfwöchigen Prozess vorgebrachten Argumenten zu befassen», schrieb Ermotti in einem internen Memo, das AWP vermeldet. «Das Urteil von heute Nachmittag ist zwar beispiellos, aber nicht definitiv.»

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Und weiter: «Trotz des heutigen Resultats glaube ich weiterhin, dass letztlich die Gerechtigkeit siegen wird.

Wird sie das? Interessant sind dazu einige Stellungnahmen auf französisch. «Le Temps», die grosse welsche Tageszeitung, kommt zum Schluss, dass die UBS-Banker schlicht und einfach Frankreich nicht begriffen haben. «UBS erwartete das Remake eines amerikanischen Films, aber die Franzosen servierten ihnen einen Autorenfilm.»

Zürcher Banquiers, …

Sergio Ermotti und sein Chefjurist Markus Diethelm hätten gemeint, entscheidend seien die Beweise für Fehlverhalten – den Richtern in Paris genügte jedoch die Tatsache, dass über 3000 Schwarzgeld-Konten bei der UBS aufgefunden werden konnten.

Die Anwälte der Grossbank «haben nicht begriffen, dass die französische Justiz auf Prinzipien baut.» Hätten sie diese Nuance erfasst, so hätten sie wahrscheinlich den angebotenen Vergleich für 1,1 Milliarden Euro geschluckt.

…französische Ressentiments

Interessanterweise wittert die andere grosse Zeitung der Romandie, die «Tribune de Genève», ebenfalls viel Deutschschweizer Ignoranz. «Das Problem des Zürcher Banquiers ist, dass er das Ausmass des französischen Ressentiments nicht ermessen hat.» Dabei habe man in Frankreich nicht vergessen, dass das Bankgeheimnis in den 1930er Jahren geschaffen wurde, um Steuerfahnder aus Paris zu stoppen.

Die UBS habe ihre juristische Position als genügend solide betrachtet – «à Zurich, peut-être. Ou à Genève. Ou encore à New York.» Aber nicht in Paris, wo die politische Stimmung, der Sinn für Gleichheit, die Justiz und die Ansprüche des Staates ein anderes Gewicht haben.

Wie geht es weiter? Eine Befürchtung taucht immer wieder auf – eine Sorge, die auch hier schon geäussert wurde. Nämlich dass es sich Unternehmen künftig zweimal überlegen, eine Auseinandersetzung vor Gericht zu bringen, um so für rechtsstaatliche Klarheit zu sorgen. Sondern dass die Dealerei in den Hinterzimmern weiter Urständ feiert.

Bruch von EU-Gesetzen?

«Die Riesenbusse dürfte dazu führen, dass sich Firmen im Falle einer drohenden Anklage schneller für einen Vergleich statt für einen Prozess entscheiden, selbst wenn sie sich nicht schuldig fühlen. Das ist rechtsstaatlich gesehen keine gute Entwicklung, wie sich in den USA immer wieder zeigt», kommentiert zum Beispiel die «Neue Zürcher Zeitung».

Der «Bund» und der «Tages-Anzeiger» wittern eine weitere grundsätzliche Dimension – und Gefahr: «Was besonders hellhörig macht: Das Fehlverhalten der UBS wird vom Gericht nicht nur als ‘extremer Verstoss’ gegen französisches Recht taxiert, sondern auch als systematischer Bruch von EU-Gesetzen. Sollen mit dem Verweis etwa andere Länder wie Italien oder Spanien ermuntert werden, die grösste Schweizer Bank ebenfalls unter Anklage zu stellen?»

(rap)