Geht es den Staat etwas an, ob meine Stammbeiz in bar oder mit Kreditkarte einkassiert? Soll meine Bäckerin gezwungen werden, hundertmal pro Tag die Hände zu waschen oder einen Handschuh an- und auszuziehen, nur um hygienisch korrekt zwischen Brotfach und Münzschublade hin- und hergreifen zu können? Besteht ein Grundrecht darauf, jedes Rüebli in bar bezahlen zu können? Oder das Bier am Open-Air-Festival? Nein, sicher nicht!
Und doch scheint es derzeit kaum ein heisseres Thema zu geben als die Rettung des Bargelds. Spätestens seitdem im Kanton Genf ein Gesetz beschlossen wurde, das es Restaurants und Läden verbietet, nur elektronisch einzukassieren. Oder anders gesagt: Seit gutmeinende Parlamentarierinnen und Parlamentarier die Akzeptanz von Bargeld vorschreiben, auch wenn es relevante Gründe gibt – Hygiene, Sicherheit, Verwaltungsaufwand –, darauf zu verzichten. In Bern und Zürich sind ähnliche Vorstösse hängig.
Glücklich das Land, das solche Sorgen hat, könnte man meinen. Und doch sollte man die Vorstösse ernst nehmen. Denn sie zeigen, wie sich politischer Dirigismus zunehmend in Bereichen breitmacht, in denen er nichts zu suchen hat. Was kommt als Nächstes? Eine verbindliche Liste der zu akzeptierenden Kreditkarten? Ein Twint-Gebot? Oder das Verbot, in Euro einzukassieren? Kehren wir in Zeiten zurück, als der Brotpreis vorgeschrieben war und die Biersorten von einem Kartell definiert wurden? Hoffentlich nicht.
«Wo der Markt spielt, hat ein Bargeldzwang nichts zu suchen.»
Doch darum geht es den Initianten solcher Vorstösse vermutlich auch gar nicht. Das Bargeldgebot ist für sie ein Mittel zum Zweck. Nicht wenige fürchten sich davor, dass Bargeld generell verboten werden könnte, und wähnen einen Überwachungsstaat am Horizont, der in Echtzeit analysiert, wo wir unser Geld ausgeben und mit wem wir Geschäfte treiben. Bargeld ist für sie das letzte Mittel, sich dieser Kontrolle zu entziehen. Doch davon sind wir weit entfernt. Und weil es hierzulande kein Bargeldverbot für Alltagsgeschäfte gibt, das bekämpft werden könnte, fordert man nun halt präventiv und höchst symbolisch schon mal das Gegenteil. Und ignoriert damit auch, wie sehr sich die Bedürfnisse von Händlern und Konsumentinnen verändert haben.
Ein Bargeldgebot mag in Einzelfällen berechtigt sein. Es ist legitim, der Polizei oder Gerichten vorzuschreiben, uns das Bezahlen von Bussen möglichst einfach zu machen, denn da haben wir keine Wahl. Auch hat es eine gewisse Logik, wenn wir unsere Steuern theoretisch in bar bezahlen können – mit dem Zahlungsmittel, das der Staat selbst ausgibt. Wo jedoch der Markt spielt und jegliche Interaktion freiwillig ist, haben solche Vorschriften nichts zu suchen. Wem es nicht passt, dass sein Stammlokal nur noch elektronisch einkassiert und seine Bäckerin keine Lust auf Bargeld hat, findet garantiert eine Alternative.


2 Kommentare
Zitat aus dem Währungs- und Zahlungsmittelgesetz:
„Art. 3 Annahmepflicht
1 Jede Person ist gehalten, bis zu 100 schweizerische Umlaufmünzen an Zahlung zu nehmen. Umlauf-, Gedenk- und Anlagemünzen werden von der Schweizerischen Nationalbank und den öffentlichen Kassen des Bundes unbeschränkt zum Nennwert angenommen.
2 Schweizerische Banknoten müssen von jeder Person unbeschränkt an Zahlung genommen werden.“
In Genf wird also nur daran erinnert , dass es ein klares Bundesgesetz zur Annahme von Bargeld gibt. Beklagenswert ist also einzig, dass dies nicht Allgemeinwissen ist.
Ein sehr demagogischer Kommentar, von Ihnen, Herr Heim. Sie wissen sehr genau, dass es um eine Bargeldannahmepflicht geht, wenn jemand mit dem nota bene einzigen gesetzlichen Zahlungsmittel (Art. 2 WGZ, SR 941.10) bezahlen möchte, und gerade eben NICHT um die Pflicht bar bezahlen zu müssen!
Das völlig berechtigte Argument der Privatsphäre ist nur ein Teil davon. Es geht darüber hinaus um eine eminent systemische Frage; aber um diese zu verstehen, müsste man zuerst die Problematik der grassierenden Kreditgeldschöpfung verstanden haben…