Der Jugendkult kennt keine Grenzen. Für die Werber sind die 15- bis 49jährigen die Zielgruppe Nummer eins. Und das, obwohl die Gruppe der über 50jährigen aufgrund der demografischen Entwicklung schon heute rund einen Drittel der Bevölkerung ausmacht. Bis in zwanzig Jahren wird ihr Anteil auf etwa 40 Prozent angewachsen sein. Und doch: Den neuen schnittigen Luxuswagen fährt in der TV-Werbung nicht der rüstige Frührentner, sondern der voll im Saft stehende, jüngere Managertyp. Das erstaunt, denn vermögend und damit prädestiniertes Zielpublikum für Luxusgüter wären in der Schweiz vor allem die Älteren.

Hochrechnungen des VZ VermögensZentrums in Zürich zeigen, dass sich die Vermögenswerte der Privaten inklusive Liegenschaften, Pensionskassen- und sonstige Vorsorgegelder in der Schweiz auf über 1800 Milliarden Franken belaufen. Das entspricht etwa der viereinhalbfachen Wertschöpfung der Schweizer Wirtschaft in einem Jahr - oder 260 000 Franken pro Kopf der in der Schweiz lebenden Bevölkerung. Reich sind vor allem die Rentner. Im Kanton Zürich beläuft sich das Durchschnittseinkommen eines Pensionärs auf über 600 000 Franken. Gar jeder achte Rentner ist Millionär. Die Generation der über 65jährigen besitzt rund die Hälfte der gesamten Vermögenswerte. Damit kommt dem Thema Erben in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren eine enorme Bedeutung zu. Bilanz und das VZ VermögensZentrum wollten es genauer wissen und gaben bei der Marktforschungsfirma Publitest eine repräsentative Umfrage zum Thema «Erben und Schenken» in Auftrag (siehe Kasten «Repräsentativ» auf dieser Seite).

Das Erstaunliche gleich vorneweg: Obwohl an die 900 Milliarden Franken an die nächste Generation übergehen werden, schätzen die mutmasslichen Erben ihr Erbe konservativ ein. Im Durchschnitt erwarten sie laut der Umfrage eine Summe von 90 000 Franken - und das in etwa 18 Jahren. Nur rund ein Drittel, vorwiegend mit guter Schulbildung, rechnet mit einem Erbe von über 100 000 Franken, während das Gros der Befragten von einigen Tausend bis einigen Zehntausend Franken ausgeht.

Doch auch ein substantielles Erbe macht wenig Freude, wenn es zu Streitereien in der Familie oder zu unnötig hohen Zahlungen an den Fiskus führt. Die Gefahr, nicht die beste Lösung zu finden, scheint laut Umfrage gross, denn sowohl die Erblasser als auch die Erben sind auf diese Situation schlecht vorbereitet. Ein Drittel der über 60jährigen fühlt sich zum Thema Erben und Schenken schlecht informiert. Fast zwei Drittel möchten wissen, wie man Erbschaftssteuern sparen kann oder welche Vorteile Schenkungen und Erbvorbezüge bringen. Besonders wissbegierig sind in der Kategorie der über 60jährigen jene zwischen 60 und 64, während die Rentner sich bereits stärker mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Auch die optimale Planung des Erbvorgangs und die Sicherstellung der Umsetzung des eigenen Willens interessiert. 43 Prozent wollen wissen, wie man ein Testament erstellt.

Auch bei den Erben lässt der Wissenstand zu wünschen übrig. Rund die Hälfte der 15- bis 59jährigen fühlt sich schlecht informiert. In der Westschweiz ist das Informationsbedürfnis deutlich grösser als in der Deutschschweiz, während sich nach Bildungsstand und differenzierteren Alterskategorien kaum Unterschiede zeigen. Dieses Unwissen freut unter anderem den Fiskus, denn wer den Erbvorgang schlecht plant, wird stärker zur Kasse gebeten. Das Steueraufkommen der Kantone und Gemeinden ist in diesem Bereich förmlich explodiert. So stiegen die Einnahmen aus Erbschafts- und Schenkungssteuern von 42,3 Millionen Franken im Jahr 1950 auf knapp über eine Milliarde im Jahr 1996.

Immerhin haben sich rund die Hälfte der Befragten bereits Gedanken über eine Schenkung oder einen Erbvorbezug gemacht. Besonders häufig tun dies die 60- bis 64jährigen. Auch Grosseltern mit jüngeren Kindern oder Enkeln denken oft daran. Als Empfänger steht mit riesigem Abstand die jüngere Generation im Vordergrund. Ein Drittel würde mit einer Schenkung oder einem Erbvorbezug den Ehepartner berücksichtigen, drei Prozent erwägen eine Schenkung an eine Institution. Von allen befragten mutmasslichen Erben kann sich jedoch nicht einmal ein Viertel einen vorzeitigen Erbvorbezug vorstellen.

Die Hälfte der Befragten erwähnen Steuerersparnisse als wichtigsten Grund für eine vorzeitige Vermögensabtretung. Während die Frauen einfach gerne schenken, steht für die Männer die Nutzung steuerlicher Vorteile im Vordergrund. Vorzeitig verschenken würden die Befragten im Durchschnitt 14,7 Prozent ihres Vermögens, wobei jeder zweite maximal einen Viertel verschenken könnte. Fast 40 Prozent denken nicht daran, vorzeitig etwas herzugeben. Sie leben mit der ständigen Sorge, das Vermögen könnte in den alten Tagen nicht reichen. Für die noch nicht Pensionierten steht der Eigengebrauch und die eigene Vorsorge stärker im Vordergrund; die über 65jährigen haben den Abbau des Vermögens teilweise schon am eigenen Leib erlebt und gewichten deshalb den Sicherheitsaspekt leicht stärker.

Rund 46 Prozent des Vermögens sind in Sparkapital und Wertpapieren angelegt, 47 Prozent entfallen auf selbstbewohntes Wohneigentum und sonstige Liegenschaften, sieben Prozent sind in Wertgegenständen angelegt und etwa ein Prozent der gesamten Vermögenswerte ist ins eigene Geschäft investiert. Bei einem potentiellen Erbe von 250 000 Franken hätten Geldanlagen ganz klar Priorität (siehe Tabelle unten). Die Gesamtauswertung zeigt, dass den Jüngeren das Geld für Ferien, Autos und sonstige Vergnügen lockerer in der Tasche sitzt beziehungsweise sässe als der älteren Generation. Das zeigt, dass die Werber mit ihrer bevorzugten Zielgruppe so falsch nicht liegen. 18 Prozent aller Befragten würden den persönlichen Konsum oder die Ausgaben für das Vergnügen ankurbeln, wobei Reisen eindeutig im Vordergrund stehen.

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