Sie lancierten Ihr Produkt, Businesstaschen für Frauen, ausgerechnet in einer Zeit, in der sich nichts bewegte. War das Fluch oder Segen?

Die Pandemie war das Beste, was uns passieren konnte. Klar, die Geschäftsreisen blieben vorerst aus, aber plötzlich bekamen alle, die vorher ihren stationären Arbeitsplatz hatten, Laptops. Vor der Pandemie war ich als Beraterin, die unter der Woche auf Projekten im Ausland war, die Einzige in meinem Umfeld, die das Bedürfnis nach einer schönen Laptoptasche verspürte. Das änderte sich mit Corona schlagartig. 

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Christina Stahl

«Laptoptasche» klingt wahnsinnig technisch für Ihre Taschen, die ja doch auch Modeaccessoires sind.

Die Stärke von unserem Produkt ist, dass man sich zwischen Funktionalität und Stil nicht entscheiden muss. Wir bieten klassisches Design, aber auch die nötige Grösse, Innenfächer, einen Verschluss, die Leistungsfähigkeit, Gewicht zu tragen. Schöne Taschen gibt es viele, aber wenige bieten diese Features an. 

Sie haben Ameli innert wenigen Monaten lanciert, waren bereits im ersten Geschäftsjahr profitabel. Was ist Ihr Geheimrezept?

Mit der Gründung eines Startups verbindet man immer sehr viel Risiko und Mut. Eine alternative Lösung ist, ein Produkt relativ schnell zu lancieren und zu schauen, wie weit man kommt. Wir entschieden uns für letztere, haben nach wie vor keine Investoren oder externes Kapital. Dank Pre-Orders, also Vorabbestellungen, konnten wir die Produktion der ersten Taschen finanzieren und unser Startkapital klein halten. Nicht zuletzt ermöglichte uns unsere sehr schnelle Umsetzung diesen extrem guten «Product-Market-Fit», weil wir unter den Ersten waren, die solche Taschen anboten.

Die Taschenmodelle von Ameli heissen «Viadukt», «Letten» oder «Technopark» und können als Hand-, Schultertasche oder als Rucksack getragen werden. Links: Das Modell «Central 23» mit 14-Zoll-Laptop-Fach, Möglichkeit zur Befestigung an einen Koffer und abnehmbarer Clutch.

Die Taschenmodelle von Ameli heissen «Viadukt», «Letten» oder «Technopark» und können als Hand-, Schultertasche oder als Rucksack getragen werden. Links: Das Modell «Central 23» mit 14-Zoll-Laptop-Fach, Möglichkeit zur Befestigung an einen Koffer und abnehmbarer Clutch.

Quelle: ZVG

Wie fanden Sie als No-Name-Brand Ihre ersten Kundinnen?

Am Anfang kauften hauptsächlich Familie und Freunde. In unserer Naivität und mit fehlender Marketingabteilung bewarben wir das Produkt auch zunächst da, wo wir viele Businessfrauen vermuteten: In Hongkong, Singapur, New York. Als die ersten Retouren von diesen Orten kamen, merkten wir erst, dass wir solche Prozesse gar nicht wirklich abwickeln konnten. (lacht) Danach gingen wir einen Markt nach dem anderen an. Die Schweiz und Deutschland machen heute jeweils über 40 Prozent unseres Umsatzes aus, gefolgt von den USA und Österreich. 

Ihre Preispolitik ist interessant: Der Bestseller kostet 665 Franken und befindet sich damit im seltenen Bereich des «affordable luxury». 

Das war weniger eine strategische Entscheidung als ein Entscheid dafür, unsere Kosten zu decken, ohne eine Marge aufzuschlagen, wie man es von anderen Luxushäusern kennt, wie etwa Hermès, deren Marge rund 40 Prozent beträgt. Wir haben rückwärts gerechnet: Welchen Preis müssen wir verlangen, um unsere Produktions-, Material-, Personal- und Marketingkosten zu decken sowie einen kleinen Gewinn für weitere Investitionen zu haben? Vielleicht würde ich es das nächste Mal anders machen – unsere Rechnung zwingt uns nun, sparsam und bewusst zu managen. Diese Transparenz und Integrität ist mir aber sehr wichtig – auch Berufseinsteigerinnen sollen eine Tasche von Ameli kaufen können. 

Apropos Integrität – Sie machen sich für «Women Empowerment» stark, kommunizieren mit Ameli klare Werte. Braucht heute jede Marke eine Mission, um erfolgreich zu sein?

Ich mache dieses Geschäft nicht, um reich zu werden, sondern weil ich daran glaube, dass es diese Art von Taschen braucht. Mich motiviert, dass ich mit meinem Brand etwas auslösen, einen nachhaltigen Effekt haben kann. Aber klar: Gerade beim riesigen Angebot an Taschen, mit denen man im Internet konfrontiert ist, können eine Geschichte, eine Message oder gewisse Werte, die man vermittelt, den Unterschied machen. Unser Design können wir nicht schützen. Eine Marke und das, wofür sie steht, kann ich aber aufbauen und steuern.