In den vergangenen Jahren wurde viel über FinTech-Unternehmen und die Entflechtung von Bankdienstleistungen diskutiert. In letzter Zeit verlagerte sich der Fokus von den «disruptiven Tendenzen» hin zur Zusammenarbeit. Viele Akteure haben erkannt, dass die Entflechtung von Dienstleistungen häufig nachteilige Auswirkungen für Kunden hat, die sich ein reibungsloses, ganzheitliches Erlebnis wünschen. Folglich müssen Softwarekomponenten nahtlos miteinander verbunden sein – sie bilden sozusagen eine Art Nabelschnur. Die Antwort auf diese Herausforderung sind Programmierschnittstellen oder kurz APIs (Application Programming Interfaces).

Solche Schnittstellen gibt es schon seit Längerem. Der Unterschied zwischen APIs und herkömmlichen Schnittstellen besteht – kurz gefasst – darin, dass APIs standardisiert sind, während herkömmliche Schnittstellen in der Regel sehr individuell gestaltet sind. Durch die Standardisierung sind umfassendere, schnellere und kostengünstigere Verbindungen zwischen dem Tool, das der Kunde am häufigsten nutzt, und den verschiedenen Back-Ends möglich. Letztlich steigert dies den Wert für den Kunden und verbessert die Benutzererfahrung – zwei wesentliche Argumente, um Kunden zu gewinnen und ans Unternehmen zu binden.

Der Verbraucher bestimmt den Gewinner

Der heftigste Kampf im FinTech-Bereich wird derzeit um die Vorherrschaft bei der Zahlungsverarbeitung ausgetragen. Konsolidierungsdienstleistungen (wie Centralway Numbrs), Kryptowährungen (wie Bitcoin) und webbasierte Zahlungssysteme (wie TWINT) stehen im Wettbewerb mit traditionellen Zahlungsmitteln wie Bargeld oder Bank- und Kreditkarten. Die Anbieter herkömmlicher Systeme konnten ihre Dienstleistungen aufgrund des besseren Kundenerlebnisses in der Vergangenheit abschirmen und schützen.

Die europäischen Gesetzgeber unterstützen neuen Akteure im Wettbewerb mit der Verabschiedung der neuen Zahlungsdiensterichtlinie II (ZDR II), die bald in Kraft treten wird. Die Vorgängerrichtlinie regelte die Zahlungsdienste zwischen etablierten Unternehmen, das neue Gesetz hingegen unterscheidet nicht zwischen mobilen und internetgestützten Kanälen. Stattdessen deckt es alle elektronischen Zugangsarten zu Konten ab und möchte für die neuen Anbieter die gleichen Rahmenbedingungen schaffen wie für die etablierten. Am Ende wird der Verbraucher entscheiden, wer in dieser neuen Welt als Gewinner hervorgeht.

Offene Bankgeschäfte bringen Vorteile

Zwar regelt die ZDR II lediglich Zahlungsdienste, doch dürfte die Entflechtung auch das Depotgeschäft von Banken für einen grösseren Anbieterkreis öffnen. Von zentraler Bedeutung ist hierbei die Entflechtung des Leistungsversprechens (Value Proposition) bei der Intermediäre die Kunden betreuen und die Portfolios verwalten, während Depotbanken die geeignete Infrastruktur bereitstellen. APIs oder Schnittstellen verbessern die Zusammenarbeit zwischen den Banken und den Finanzintermediären. Sie bieten Intermediären einen Kostenvorteil, wenn nicht sogar einen Wettbewerbsvorteil.

Mit APIs können Finanzintermediäre ihre Dienstleistungen verbessern und erweitern, indem sie ihre Systeme mit jenen anderer Anbieter verbinden. Ein Beispiel hierfür ist der Investment Navigator, den UBS FIM gemeinsam mit der gleichnamigen Firma lanciert hat. Es handelt sich dabei um ein Tool für das grenzüberschreitende Geschäft und die Product-Suitability. Es umfasst neu auch eine API, die Leistungen in das Portfoliomanagementsystem des Intermediärs integriert. Damit wird die Compliance automatisiert und der Schutz des Kunden verstärkt. Das ist Digital Aikido: die Nutzung der Stärke anderer zum eigenen Vorteil.

Matthias Plattner ist Head Technology & Processes bei UBS Global Financial Intermediaries. Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, kontaktieren Sie ihn bitte per E-Mail an matthias.plattner@ubs.com