Während sich Kaufhäuser und Verleger zu den Anbietern von Luxusgütern im Internet gesellen, steigen neue Konkurrenten ins Rennen ein: die Hersteller der Designerkleidung, der Handtaschen und der Accessoires, die die Kaufhäuser online verkaufen.

Damit ähnelt das Internet stärker der realen Welt. Warenhäuser stehen schliesslich mit Läden von Gucci, Fendi und Konsorten im Wettbewerb und sahen ihren Anteil an den Verkäufen von Luxusgütern in den vergangenen Jahren schwinden, während die Marken von Peking bis Bogota eigene Verkaufsstellen eröffneten.

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Luxusgüterhersteller entdecken E-Commerce

Dasselbe Muster zeichnet sich nun auch online ab. LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton SE und die deutsche Modemarke Hugo Boss AG stecken mehr Ressourcen in E-Commerce, während sich das Wachstum in China abkühlt. Das bringt die Luxusgüterhersteller auf Kollisionskurs mit den Internet-Händlern und könnte zu mehr Unternehmens-Transaktionen führen wie der Fusion von Yoox mit Net-a-Porter. Das neue Unternehmen debütierte am Montag an der Börse Mailand.

Das entwickle sich langsam zu einem «Revierkampf im Online-Luxus», sagte Analyst John Guy von Mainfirst AG. «Die Wettbewerbsintensität nimmt zu.»

Konsolidierung ausgelöst

In den vergangenen zwölf Monaten haben in etwa ein halbes Dutzend Unternehmen Gelder eingesammelt oder eine Reorganisation vorgenommen, um Luxuswaren im Internet anzubieten. Die französische Kaufhauskette Galeries Lafayette plant eine Verdopplung des Gewinns bis 2020, indem sie zu einem «Omnikanal»-Einzelhändler wird. Conde Nast Inc., Verleger des Magazins Vogue, gestaltet seine Mode-Review-Webseite style.com in ein Shopping-Portal um, auf dem Luxusgüter erstanden werden können.

Der Vorstoss in die digitale Welt hat bereits eine Konsolidierung ausgelöst. Die Kaufhauskette Neiman Marcus Group Inc. erwarb vergangenes Jahr den Mode-Händler Mytheresa.com. Der Zusammenschluss von Yoox mit Net-a-Porter schafft den grössten Luxus-Einzelhändler im Internet. Weitere Transaktionen werden wahrscheinlich folgen, denn die Vertreiber müssen sich vergrössern, um zu überleben, wie Analyst Luca Solca von Exane BNP Paribas erklärte.

Verkäufe wachsen stark

Alle wollen sich ein grösseres Stück vom Online-Markt für Luxusgüter schnappen. Der Broker Sanford C. Bernstein geht davon aus, dass die Verkäufe der Edelgüter im Internet mehr als doppelt so stark wachsen werden wie der gesamte Luxus-Markt - auf 27 Milliarden Euro bis Ende 2019.

Bis vor kurzem haben Luxusfirmen wie Giorgio Armani und Valentino ihren E-Commerce tendenziell eher von Dritten ausführen lassen, was an den Kosten und der Komplexität des Internet-Verkaufs lag. Burberry Group Plc widersetzte sich dem Trend und behielt den Online-Bereich im Haus. E-Commerce macht etwa zehn Prozent der Einzelhandelsumsätze des Unternehmens aus.

Digitaler Vorstoss von LVMH und Hugo Boss

Nun sind auch LVMH und Hugo Boss eigenständig im Netz aktiv. Im September holte LVMH-Chairman Bernard Arnault einen hochrangigen Manager von Apple Inc. an Bord, um den digitalen Vorstoss des Unternehmens anzuführen. Vorher hatte er einen Minderheitsanteil an Lyst gekauft, einen Portaldienst für Luxusgüter-Webseiten. Hugo Boss investiert unterdessen in eine Technologie, die den Kunden online bestellen und die fertigen Anzüge, Krawatten und Schuhe dann bei den Verkaufsstellen abholen lässt. 

«Die Branche bewegt sich endlich im Online-Bereich von dem Vorfühlen mit den Zehen zu dem Sprung in den Pool», sagte Bernstein-Analyst Mario Ortelli.

Webseiten von Drittparteien weiterhin nutzen

Ortellis Einschätzung nach werden bis zu neun Prozent der Luxus-Verkäufe bis zum Ende des Jahrzehnts über das Internet laufen, was fast das Doppelte des Anteils vom vergangenen Jahr wäre. Doch das Internet ist nicht nur ein Schlachtfeld um Umsätze. Wenn sich mehr Kunden den mobilen Geräten beim Surfen und Shoppen zuwenden, bietet das Netz den Schlüssen zur Erfassung ihrer Daten.

Luxus-Marken werden wahrscheinlich auch weiterhin Webseiten von Drittparteien für den Verkauf nutzen, genauso wie sie weiter mit Kaufhäusern zusammenarbeiten werden, weil sie so Kunden erreichen, die nicht unbedingt zu ihren Verkaufsstellen gekommen würden. Einige werden sich bei ihrem Webgeschäft weiterhin auf Aussenstehende verlassen.

Versandhändler Amazon lauert

Während die Frontlinie zwischen Lieferanten und Distributoren verläuft, lauert im Hintergrund ein viel grösserer Kombattant: der Online-Versandhändler Amazon.com Inc., der auf der Suche nach betuchteren Kunden sein Modeangebot aufgestockt hat.

«Die grossen Gorillas kommen in unser Revier», sagte Johann Rupert,  Verwaltungsratspräsident von Cie. Financière Richemont SA, der 50 Prozent an Yoox Net-a-Porter gehören, im vergangenen Monat. «Wenn man in dem Bereich mitspielen will, benötigt man Grösse.»

(bloomberg/ccr)