Liebe Leserin, lieber Leser

Jetzt ist er also weg, der langjährige und charismatische Swisscom-Chef Jens Alder. Für all jene, die in seinem Trieb zur Expansion ins Ausland eine potenzielle politische Gefahr für einen staatlichen Swisscom-Eigner gesehen haben, eine wohl folgerichtige Entwicklung; ebenso für diejenigen, die den Aktienkurs über alles stellen: Den Shareholder-Value-Apologeten dürfte kaum entgangen sein, dass der Aktienkurs wieder dort angelangt ist, wo er anno 1999 dümpelte, als Alder das Ruder bei der Swisscom übernahm. Adieu, Alder – aber was nun? Ein Managerwechsel macht noch keinen Frühling.

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Die Aktien dem Volk verschenken? Wie das Bundesrat Christoph Blocher mit dem Argument ins Auge fasst, das Volk sei schliesslich jahrelang mit zu hohen Telefongebühren belastet worden? Ein Geschenk, so ist zu vermuten, nimmt noch manch einer gern, besonders ein verdientes. Es ist aber kaum anzunehmen, dass aus diesem Gefühl heraus eine dauerhafte Liaison wachsen kann. Will heissen: Wer Gratisaktien erhält, wird diese subito abstossen wollen, um Bares zu realisieren. Wird daraus eine kollektive Bewegung – was nicht auszuschliessen ist –, lässt dies den Aktienkurs nach unten purzeln. Dies kann kaum im Sinne der Swisscom sein.

Oder Volksaktien zu Vorzugspreisen emittieren und über diesen Weg die Swisscom-Aktien unter die Bevölkerung streuen, wie das nach einer Befragung der «Coopzeitung» von Anfang Februar jeder sechste Schweizer befürwortet? Warum sollte der Staat ein Geschenk ausschütten, wo wir alle Jahr für Jahr zu viel ausgeben und dem Staat die Pleite droht? Also lieber einen Aktienrückkauf starten? Damit auch der neue Spitzenmann nicht auf dumme Gedanken kommen und das viele Geld in ein riskantes Auslandabenteuer stecken kann? Eine überzeugende Strategie ist das nicht gerade. Dann doch noch lieber das Swisscom-Aktienpaket zur Schuldentilgung einsetzen und die Finanzlöcher in der AHV stopfen.

Es wäre eine spendable Geste des Staates. Aber sie löst kein einziges strategisches Problem der Swisscom. In der Fixnet- und Handysparte des Unternehmens brechen die Erträge nämlich mittelfristig weg. Und wenn die letzte Meile fällt, geht diese Entwicklung rasend schnell voran. Somit ist die Auslegeordnung für die Zukunft eine einfache: Eingepfercht im nationalen Markt der Schweiz, verliert die Firma ihre durch die einstige Monopolstellung gesicherten Ertragspfeiler. Um dieses schrumpfende Business auszugleichen, braucht sie – wie weiland die Swissair – eine Dualstrategie: Business mit Wachstumspotenzial ausserhalb der engen angestammten Pfade, aber im Konnex mit dem weiten Feld der Telekommunikation.

Bloss: Was kann das sein? Telefonie? Mobiltelefonie? Internet-TV? Es sind dies alles Segmente, die zur Commodity werden, in einer Gesellschaft, die global zusammenwächst. In einer Gesellschaft zumal, in der Hightech-Produkte zunehmend günstig oder gar kostenlos abgegeben werden. Insofern blüht der Swisscom eine ähnliche Zukunft wie Fluggesellschaften, Medienunternehmen und Handyproduzenten.

Jetzt hat die Swisscom einen neuen Chef (siehe Artikel zum Thema «An kurzer Leine»). Die Herausforderungen sind jedoch die alten geblieben. Wie auch die Bedingungen, unter denen die Firma zu geschäften hat: kleiner Heimmarkt, gesättigtes Angebot, beinharte Konkurrenz. Good luck, Swisscom.

In eigener Sache

Der langjährige BILANZ-Karikaturist Peter Gut zeigt ab 16. Februar seine Werke. Die Ausstellung «Kleine und grosse Tiere» ist bis 24. März in der Galerie Hauptmann & Kampa zu sehen:

Zürich, Gemeindestrasse 73 beim Hottingerplatz (Dienstag bis Freitag, 14 bis 18 Uhr).