Und weil es heutzutage als anrüchig gilt, wenn der bisherige CEO quasi automatisch das Präsidium übernimmt und damit seine Macht zementiert, versagte Leuenberger dem langjährigen Post-Lenker Ulrich Gygi den Aufstieg und überliess ihm lieber das SBB-Präsidium. Stattdessen setzte der Uvek-Vorsteher auf einen umtriebigen Romand, der ihn mit seiner Führungserfahrung bei den grössten europäischen Anbietern – der französischen und der deutschen Post – mächtig beeindruckt haben musste: Claude Béglé.

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Das Ergebnis ist einer der heftigsten Machtkämpfe der jüngeren Schweizer Unternehmensgeschichte. Wie angespannt das Verhältnis zwischen Béglé und dem Gygi-Nachfolger Michel Kunz ist, bestätigen nicht nur zahlreiche Unternehmenskenner. Auch der Umgang mit der Presse ist nervös: Claude Béglé gewährte BILANZ zwar ein Interview, verweigerte aber die Autorisierung, nachdem wir ihm mitgeteilt hatten, dass wir zusätzlich auch einen Artikel über die Post veröffentlichen wollten.

In einer einschneidenden Umbruchphase leistet sich der grösste Schweizer Logistikkonzern damit einen Stellungskrieg zwischen seinen beiden Alphatieren – und der zuständige Bundesrat Leuenberger schaut zu. So lobenswert die Befolgung modernster Richtlinien der Unternehmensführung theoretisch auch sein mag, in der Praxis sind noch immer die Persönlichkeiten an der Spitze für den Erfolg verantwortlich. Und dass hier der machtbewusste Béglé, in seinem Führungsverständnis der Allmacht eines französischen Président-directeur général verhaftet, mit einem zwar noch wenig bekannten, aber ebenso machtbewussten CEO kollidieren würde, hätte bereits ein oberflächliches Studium von Béglés Karriereweg offenbart.

Jetzt ist die Situation so verfahren, dass eine gemeinsame Zukunft der zwei obersten Pöstler immer unwahrscheinlicher wird. Fazit von Leuenbergers Personalpolitik bei der Post: gut gedacht – schlecht gemacht.

Dirk Schütz
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