Das sorgt für rote Köpfe! Verschiedene Händler – darunter die Swiss, Coop und DER Tour – haben am Mittwoch eine Klage gegen Visa und Mastercard eingereicht. Im Zentrum steht eine Gebühr, die von den beiden Weltkonzernen orchestriert wird, die vom Handel berappt wird und die den Banken zugutekommt, welche hierzulande Bezahlkarten ausgeben: die sogenannte «Interchange Fee».
Die in einer Klägergenossenschaft organisierten Händler monieren in einer Zivilklage, dass die Art, wie die Gebühr festgelegt wird, gegen das Kartellgesetz verstosse. Sie fordern nun Schadenersatz in dreistelliger Millionenhöhe.
Die Klage Sprengkraft, und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Einerseits geht es um viel Geld. Die Kläger behaupten, dass die Bezahldienstleister mit den Gebühren schweizweit einen missbräuchlichen Gewinn in Milliardenhöhe erziele – und das jedes Jahr. Denn jedes Mal, wenn in der Schweiz mit einer Karte bezahlt wird, fliesst die Interchange-Gebühr. Im günstigsten Fall sind das etwa 0,12 Prozent des Umsatzes, bei teuren Fällen aber auch mehr als 2 Prozent.
Geschäftsmodell von Neon und Co. in Gefahr
Sollten die Gerichte diese Gebühr wirklich als missbräuchlich ansehen, wird es teuer. Letztlich würden das dann die Schweizer Banken spüren, die sich mit der Ausgabe von Karten ein nettes Zubrot verdienen. Sie, und nicht die Netzwerk-Unternehmen Visa und Mastercard, erhalten die Einnahmen aus den Interchange-Gebühren gutgeschrieben. Im Falle von Neobanken wie Revolut oder Neon bilden sie sogar einen existenziellen Teil der Einnahmen. Fallen diese weg, sind ganze Geschäftsmodelle mit kostenlosen Konten infrage gestellt.
Spannend wird die Klage aber auch mit Blick auf die Wettbewerbskommission. Sie hat in der jüngeren Vergangenheit mit Visa und Mastercard, beziehungsweise mit den im Kartengeschäft tätigen Unternehmen in der Schweiz, die Interchange-Gebühren im Rahmen von «einvernehmlichen Regelungen» ausgehandelt – und damit auch abgesegnet. Ein entsprechendes Verfahren mit Visa zu den Debitkarten befindet sich dem Vernehmen nach in den letzten Zügen und dürfte demnächst von der Kommission abgesegnet werden.
Die Händler haben zuletzt versucht, die Interchange-Gebühren auf politischem Weg zu bekämpfen, unter anderem mit Vorstössen im nationalen Parlament. Diese wurden aber entweder abgewiesen oder dermassen abgeschwächt, dass sie für die Banken und Kartenorganisationen keine grosse Gefahr mehr darstellten.
Sollten nun Gerichte diese Gebühren und die Art, wie sie festgelegt werden, für gesetzeswidrig erklären, würde das die jahrzehntealte Praxis der Weko infrage stellen. Es wäre eine hochgradige Klatsche für die Schweizer Wettbewerbshüter.