Das im letzten Jahr eröffnete Hotel Greulich im Zürcher Kreis 4 besitzt in mehrfacher Hinsicht eine aussergewöhnliche Ausstrahlung. Das Haus mit seiner Bar, dem Restaurant, dem Innenhof mit den 160 Birken und den sich wie kleine Gewerberäume aneinander reihenden Hotelzimmern gleicht einem Kraftort. Man stählt sich da nicht die Muskeln, gönnt Körper wie Geist indes Ruhe und Besinnung.

Die wunderbar klare und schlicht gehaltene Architektur des «Greulich» entfaltet schon beim Anmarsch ihre Wirkung, und spätestens auf dem Vorplatz zieht es den Gast sogartig durch die Eingangstür in die eleganten Innenräume. Der Empfang ist locker und herzlich: Das Personal hat sich offensichtlich von der Ausstrahlung ihrer Chefin, Luzia Penner, anstecken lassen. Diese hat im «Greulich» nach ihrem erfolgreichen Wirken im Schloss Rapperswil den Ort gefunden, wo sie ihre vielseitigen Talente als Gastgeberin, Chefin und Ausbildnerin sanft oder auch energisch ausspielen kann.

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Einen Glücksgriff tat sie mit der Wahl des Chefkochs. David Martinez, 33-jährig, ist ein Freund von Antonio Colaianni, Luzias Cuisinier zu Rapperswiler Zeiten. Als Martinez 2002 kontaktiert wurde, arbeitete er gerade in Barcelona, seiner Heimatstadt. Er liess sich begeistern und fand auf Anhieb einen guten Draht zu Thomas B. Brunner, dem Urheber und Besitzer des «Greulich». Im Mai 2003 kam er zusammen mit dem famosen Patissier Roger Serrabima in die Schweiz.

Wie Luzia Penner kann sich auch David Martinez nicht über mangelnde Ausstrahlung beklagen. Er wirkt ruhig und feinsinnig, leutselig und neugierig. Rasch hat er gelernt, sich in einem weichen, sympathisch holprigen Deutsch auszudrücken. Er kocht mit Verstand und Gefühl. Er sucht die Klarheit des Produkts – «pura» ist ein Schlüsselwort für ihn. «Man kann mit einem guten Produkt machen, was man will, aber man sollte es einfach verarbeiten. ‹Einfach› nicht im Sinne von bequem, sondern von klar. Man soll auf dem Teller sehen, was es zu essen gibt», sagt er. Seine katalanische Landküche, stark von Kindheitserinnerungen an die Grossmutter geprägt, musste er zunächst an hiesige Gewohnheiten anpassen. So galt es etwa, sich die Zubereitung des hier im Herbst omnipräsenten Wilds anzueignen.

Allmählich wagt sich Martinez jedoch kompromissloser an seine Wurzeln heran. Die Küche, mit der er gross geworden ist, lebt von kräftigen, überraschenden Kombinationen. Beliebt ist die Vermählung von Wasser und Erde, von Fisch und Fleisch. Auf einem Teller finden sich dann Milken und nur kurz angebratener Tunfisch oder eine Maispoulardenbrust zusammen mit Seeteufel und Speck, gebettet auf eine intensive Mousse von eingekochten und caramelisierten Tomaten, Pouletstückchen und Zimt.

Hotel-Restaurant Greulich
Luzia Penner, David Martinez Salvany, Hermann-Greulich-Strasse 56, 8004 Zürich, Tel. 043 243 42 43, www.greulich.ch, 15 «Gault Millau»-Punkte, Menüs 78 bis 115 Franken, Sonntagmittag geschlossen.

Mutige «Greulich»-Gäste lassen David Martinez freie Hand und scheuen auch nicht das Ungewohnte. Sie unterstützen ihn dabei auf Expeditionen in ein manchmal fremdartiges, aber nie befremdendes Geschmacksgebiet, das – man denke an Spaniens Vergangenheit – auch den arabischen Einfluss nicht leugnen will. Nur sollte man stets noch ein Plätzchen für ein Dessert sparen, denn auch Roger Serrabimas Kombinationen sind hinreissend.

Ein Postscriptum zum Thema Ausstrahlung: Das «Greulich» strahlt über den Kreis 4 in die ganze Stadt aus. Es holt auch die Leute aus anderen (Stadt-)Kreisen ins Quartier. Das tut dem Quartier, aber vor allem auch der ganzen Stadt gut. Spezielle Orte wie diesen hat sie nämlich nicht allzu viele anzubieten.