Wer nur die Geschichte der erfolgreichsten Börsengänge studiert, dem muss es sehr verlockend vorkommen, in Facebook zu investieren: Anleger, die beim IPO von Microsoft einen Dollar investierten, haben heute über 34 000 Dollar. Google konnten beim Börsengang 2004 zu 85 Dollar gezeichnet werden und stehen heute bei rund 600 Dollar. Selbst wer am ersten Handelstag für 100 Dollar kaufte, machte ein einträgliches Geschäft.
Allerdings sind Microsoft und Google Ausnahmen der Regel: Mit den meisten Börsengängen, das zeigen viele Studien, verlieren Privatanleger Geld. «Denn sie bekommen die Aktien erst, wenn sie an der Börse gehandelt werden, nicht vorher», sagt Nancy Miller, die ein Buch über den Börsengang von Facebook verfasst hat («The Facebook IPO Primer»). Am ersten Handelstag schnellen die neuen Aktien meist nach oben, sodass ein Einstieg für Private teuer wird. Letzten Mai etwa verdoppelte sich der Kurs von LinkedIn am ersten Handelstag; inzwischen notiert die Aktie wieder deutlich unter dem Eröffnungspreis. Das Gleiche gilt für andere grosse IPO von Internetfirmen im letzten Jahr, etwa für Groupon, Zynga oder Pandora Media.
Anleger, die darauf spekulieren, dass Facebook zu den erfolgreichen Ausnahmen wie Google zählen wird, können natürlich ihre Bankberater mit dem Zeichnen von Facebook-Aktien beauftragen. Die Wahrscheinlichkeit, diese auch wirklich zu erhalten, sei aber gleich null, sagt Miller: «Chancen haben nur Anleger oder Finanzverwalter, die einer beim Börsengang involvierten Bank Kommissionen von fünf Millionen Franken oder mehr bringen.» Kunden von Morgan Stanley oder J.P. Morgan haben also noch die besten Chancen.
Ansonsten gibt es vor dem Börsengang keine Einstiegsmöglichkeiten mehr. Denn auch die ausserbörslichen Handelsplätze SharesPost und SecondMarket dürfen Facebook-Aktien auf Geheiss der US-Börsenaufsicht SEC seit Ende März nicht mehr verkaufen (siehe «Den Markttest bestanden» auf Seite 37). Der Umweg über einen Technologiefonds macht ebenfalls kaum Sinn: Noch ist keiner so stark in Facebook investiert, dass er von einem guten Börsendébut substanziell profitieren würde.