Das Urteil gegen Michael Josten (57) war deutlich. Er habe mit «besonders habgieriger Gesinnung» gehandelt und verfüge über «erhebliche kriminelle Energie», befand das Landgericht Mannheim. Es verurteilte ihn wegen Untreue und Gläubigerbegünstigung zu zweieinhalb Jahren Haft.
In der Resozialisierung setzte der Ex-Steuerberater Massstäbe. Nach dem Urteil zog sich Josten als Vorstand des deutschen Billigstromanbieters Teldafax zurück und lenkte fortan die Geschäfte als Verwaltungssrat und Hauptaktionär. Das Konzept: Auf dem liberalisierten deutschen Strommarkt bot die Firma den günstigsten Tarif an und erreichte auf Internet-Vergleichsportalen für Strompreise regelmässig den Spitzenplatz. Teldafax wurde Sponsor des Fussballclubs Bayer Leverkusen, in Spots warb Ex-Fussballer Rudi Völler: «Wechseln ist ein Klacks – Teldafax!» So steigerte die Firma in drei Jahren die Kundenzahl von null auf mehr als eine halbe Million und beschäftigt heute 530 Mitarbeiter.
Josten zügelte noch vor Haftantritt in die Schweiz, gründete ein Beratungsunternehmen in Zug, bezog sein Domizil in Meggen LU und meldete sich im Juni 2010 in der Haftanstalt Bruchsal bei Karlsruhe. Dort wählte er die milde Form des Gefängnisaufenthalts als «Freigänger». Um 6 Uhr durfte er den Knast verlassen und bis um 20 Uhr fernbleiben, die Wochenenden waren frei. Vor der Anstalt wurde Josten von seiner Frau mit dem AMG-Mercedes abgeholt. Tagsüber ging er seinen neuen Geschäften nach. Mit seinem Firmenkonglomerat in Zug und Liechtenstein kümmerte er sich um die Teldafax-Beteiligung.
Seit einigen Wochen ist dort Krisenmanagement gefragt. Das Geschäft ist instabil, die Prüfer verweigern die Testate für 2008 und 2009, es gibt Strafanzeigen. Teldafax drohe die Insolvenz, sagt der Ex-Finanzchef. Der Verdacht: Es handle sich um ein Schneeballsystem, die Schulden bei den Stromversorgern würden mit neuen Kundengeldern gestopft. Bei Teldafax soll ein neuer Grossaktionär einsteigen. Ein russischer Investor.
Josten sattelt nun auf erneuerbare Energien um. Sein Beteiligungsmanagement muss er nun aber unter erschwerten Bedingungen regeln. Ihm wurde Ende Oktober der Freigang gesperrt. Seine derzeitige Adresse: Justizvollzugsanstalt Bruchsal.