Ob Fotos, Dokumente oder sonstige Daten, von zu Hause, im Büro oder unterwegs - bei vielen Nutzern sind Online-Speicher aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch nicht nur Private nutzen sie, auch immer mehr Firmen entdecken die Vorteile der Datenwolke. Der Dienst Dropbox ist mit 500 Millionen Nutzern einer der bekanntesten, doch nur ein Bruchteil davon sind zahlende Kunden. DACH-Chef Oliver Blüher* erläutert im Interview, wie er das ändern will, wie seine Pläne für die Schweiz aussehen, warum Dropbox sicher ist und was den Dienst von anderen Anbietern unterscheidet.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Herr Blüher, mit mir haben Sie neuerdings einen Dropbox-Kunden mehr - allerdings habe ich nur einen kostenlosen Free-Account. Freuen Sie sich trotzdem?
Ich bin begeistert. Sie gehören damit zu den hundert Millionen Menschen, die genau das in den letzten 9 bis 10 Monaten getan haben.

Sie haben insgesamt 500 Millionen Nutzer, davon 150'000 zahlende Unternehmenskunden. Wie profitabel kann Ihr Geschäft sein?
Wir sind nicht börsennotiert, daher sind wir restriktiv in der Kommunikation von Zahlen.

Damit haben Sie aber nur einen Bruchteil zahlender Kunden.
Schauen Sie sich den Zeitraum an, über den wir die 150'000 erreicht haben und vergleichen sie es mit Adaptionskurven von anderen Unternehmen. Unsere Kurve ist deutlich schneller, als die der Konkurrenz.

Profitabel muss Ihr Geschäft damit dennoch nicht sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie schwarze Zahlen schreiben.
Wir äussern uns nicht zur Profitabilität. Doch was ich Ihnen sagen kann, ist, dass es einen Anbieter gibt, der die Informationen zu Finanzierungsrunden von allen Start-ups in den USA sammelt. Schauen Sie sich dort die Finanzierungsrunden von Dropbox an und vergleichen Sie das mit anderen Start-ups. Dann kriegen Sie eine Vorstellung, wie gut unser Geschäftsmodell funktioniert.

Welche Bedeutung haben Filesharing Tools wie Dropbox für Unternehmen?
Eine Plattform, auf der sämtliche Dateien liegen, auf der man effektiv von überall zugreifen kann, aus verschiedenen Applikationen und von den verschiedenen Geräten, wird immer wichtiger. Denn wir haben immer mehr und grössere Dateien, verwenden zunehmend unterschiedliche Geräte und sind immer mehr unterwegs. Firmen haben das lange nicht wahrgenommen und unterschätzt.

Gerade wenn es um interne Firmendaten geht, haben Unternehmen jedoch Datenschutzbedenken. Wie begegnen Sie dem?
Datensicherheit und Datenschutz ist unsere Existenzberechtigung. Wir haben ein fest zugeordnetes Sicherheitsteam, das die besten Tools und technischen Standards anwendet, die zurzeit verfügbar sind, um Dropbox so sicher wie möglich zu betreiben und weiterzuentwickeln. Zudem gibt das jeweilige Datenschutzgesetz des Landes einen konkreten Rahmen vor, innerhalb dessen wir agieren dürfen. 

Kritiker bemängeln, dass die Daten nur ungenügend verschlüsselt und für Mitarbeiter frei zugänglich sind.
Es kursieren viele Halbwahrheiten über uns, das bringt wohl die Anonymität des Internets mit sich. Doch das sind nicht fundierte Aussagen, die manche Leute gerne wiederholen. Es ist ein Gerücht, dass Mitarbeiter freien Zugang zu den Ordnern haben. Das ist allein schon technisch bedingt durch unsere Infrastruktur nicht möglich. Wenn Sie eine Datei auf Dropbox hochladen, dann zerschneiden wir die Datei in kleine Blöcke, die verschlüsselt übertragen und verschlüsselt in unterschiedlichen Rechenzentren gespeichert werden. Selbst wenn Hacker einen einzelnen Block abfangen und entschlüsseln, nützt ihnen das nicht viel. Um die Datei wieder zusammensetzen zu können, benötigen Sie die Metadaten, die wir ebenfalls verschlüsselt abspeichern. Dropbox ist sicher und wurde noch nie gehackt.

Aber die Daten werden auf Rechenzentren in den USA gespeichert, wo das Datenschutzniveau niedriger ist.
Aktuell noch in den USA, ab diesem Sommer werden wir in der Lage sein, den Kunden ein Rechenzentrum in Deutschland anzubieten.

Das beantwortet die Frage nicht.
Datensicherheit und Datenschutz ist die Basis für unsere Existenz. Das werden wir niemals in irgendeiner Art und Weise konterkarieren.

Wie viel Prozent Ihrer Investitionen fliessen denn in den Bereich Sicherheit?
Es ist ein signifikanter Anteil. Im vergangenen Jahr alleine haben wir die Zahl der Sicherheitsspezialisten im Unternehmen verdoppelt. Wir investieren stark in den kontinuierlichen Ausbau unserer Infrastruktur und Sicherheitsfunktionen, die private User und Unternehmenskunden brauchen, um Visibilität und Kontrolle über ihre Daten zu haben. Investitionen nach einzelnen Unternehmensbereichen geben wir als privates Unternehmen aber nicht bekannt.

Nehmen die Investitionen zu?
Wir investieren kontinuierlich in diesen Unternehmensbereich.

Was unternehmen Sie, um neue, zahlende Kunden anzulocken?
Uns geht es zunächst darum als Netzwerk zu wachsen. Einerseits setzen wir dabei auf den Netzwerkeffekt, indem Konsumenten, die mit einem Free-Account bei uns anfangen nach und nach die Vorteile von Dropbox erkennen und irgendwann zum Premiumnutzer werden. Zudem sind wir auf verschiedenen Events vor Ort und suchen das direkte Gespräch mit den Unternehmen. Aber auch Partnerschaften wie mit Samsung oder Vodafone spielen eine grosse Rolle. Wenn Sie zum Beispiel ein Samsung-Gerät kaufen, werden sie dort Dropbox vorinstalliert finden.

Ob Microsoft, Google, Apple, Amazon oder die Swisscom – mittlerweile gibt es unzählige Anbieter von Cloud-Diensten. Wie behaupten sie sich gegen die wachsende Konkurrenz?
Wir haben eine klare Differenzierung, indem wir unabhängig vom Betriebssystem und vom Endgerät sind. Mit Dropbox können Sie Dateien sowohl auf IOS als auch auf Android oder Windows nutzen. Wir haben kein Interesse daran, sie in einem Produktportfolio zu fangen. Unser Geschäft ist die Dropbox, ohne Seiteninteressen eines werbebasierten Geschäftsmodells.

Was sind Ihre nächsten Projekte in Bezug auf das Produkt Dropbox?
Das darf ich Ihnen noch nicht sagen. Am 26. April werden wir in London eine Reihe von Neuheiten präsentieren.

Sie expandieren gerade in die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz), Ihr Büro in Hamburg befindet sich noch im Aufbau. Wie sehen die konkreten Pläne für die Schweiz aus?
Unser Ziel ist es, langfristig ein Geschäft aufzubauen. Eine Zielvorgabe auf Landesebene haben wir nicht. Vielmehr wollen wir das grösste Netzwerk bleiben und den Vorsprung weiter ausbauen.

Was können Sie über die Nutzerzahlen in der Schweiz sagen?
Schweiz-spezifische Nutzerzahlen darf ich Ihnen nicht nennen. Allerdings haben wir hier in der DACH-Region 30 Millionen Nutzer und 4000 Unternehmenskunden. Jeder dritte Internetnutzer hat damit eine Dropbox – Stand heute. Die Tendenz ist stark steigend: Das Wachstum der letzten zehn Monate wurde wesentlich von Westeuropa und der DACH-Region betrieben. Nur ein Viertel unserer Nutzer kommt aus den USA.

Woran liegt das?
An unserer Präsenz. Wir haben mittlerweile eine deutlich dreistellige Mitarbeiterzahl in Europa. Das schafft Visibilität und Kontakte. Die Menschen nehmen uns wahr. Über Partner multiplizieren wir das wiederum. Dadurch wächst das Geschäft.

Gibt es denn einen spezifischen Ansatz für die Schweiz?
In der Schweiz bauen wir aktuell einen direkten Vertrieb mit einem Partner auf. Grundsätzlich aber wählen wir einen industriespezifischen, und nicht einen länderspezifischen Ansatz. Wie kann Dropbox zum Beispiel im Fertigungsbereich eingesetzt werden? Denn die Herausforderungen sind für einen deutschen Hersteller ähnlich wie für einen Schweizer oder österreichischen Hersteller. In den verschiedenen Industrien sind die Herausforderungen hingegen unterschiedlich.

Wer ist Ihr Vertriebspartner in der Schweiz?
Wir haben ein zweistufiges Vertriebsmodell. Distributor ist «Ingram Micro», die über ein grosses Netzwerk an Partnern verfügen, mit denen wir dann in der Lage sind, KMU und Grossunternehmen anzusprechen.

Apropos, welche Schweizer Unternehmen zählen denn zu Ihren Kunden?
Mathys und Scheitlin, Friedrich Miescher Institute, World Vision Switzerland und die Schule für Gestaltung Bern und Biel.

Und international?
Unter anderem Channel 4, Condé Nast, Boots, Expedia, Hyatt Hotels, Under Armour und Yahoo.

Sie sagten, dass ab Sommer eine Datenspeicherung in Deutschland möglich ist. Ist eine regionale Speicherung auch für die Schweiz vorgesehen?
Aktuell nicht. Aber im Rahmen der weiteren Expansion will ich nichts ausschliessen.

Ist ein IPO ein Gedankenspiel?
Momentan geht es uns darum weltweit ein Geschäft aufzubauen, weswegen wir sukzessive Niederlassungen in Europa, aber auch zum Beispiel in Japan, Australien und Neuseeland eröffnen.

Der sogenannte Verschlüsselungstroyaner Petya treibt derzeit sein Unwesen, indem er Festplatten blockiert, wodurch das Betriebssystem nicht mehr ausgeführt werden kann. Verteilt wird er über Dropbox. Was sagen Sie dazu?
Das nehmen wir natürlich sehr ernst und die Links wurden sofort entfernt. Unseren Kunden, die Opfer von Ransomware wie Petya geworden sind, bieten wir einen speziellen Service an, um gefährliche Inhalte auf ihrem Konto zu entfernen, etwa durch die Löschung kompletter Verzeichnisse, die Bereinigung der Versionshistorie oder individuellen Zugriff auf Dateiebene. Dieser Angriff hat die Sicherheit von Dropbox nicht beeinträchtigt. Trotzdem haben wir den Vorfall untersucht und Massnahmen eingeleitet, um kriminelle Aktivitäten wie diese so schnell wie möglich still zu legen.

Haben Sie vermehrt mit solchen Problemen zu tun?
Nein, nicht vermehrt. Aber diese Art von Kriminalität ist ja durchaus kreativ, die werden auch wieder andere Wege finden.

Befürchten Sie durch Vorfällen wie diesen negative Auswirkungen auf Ihre Nutzerzahl?
Ich hoffe, dass die Leute wahrnehmen, dass es nicht ein alleiniges Dropbox-Problem ist, sondern dass es multiple Wege gibt solche Links zu verschicken.

* Oliver Blüher ist Geschäftsführer für Deutschland, Schweiz sowie die skandinavischen Länder bei Dropbox. Er ist für die Führung der laufenden Geschäfte sowie für Vertrieb, Marketing und Partnerschaften zuständig. Bevor er zu Dropbox kam, war Oliver Blüher als Mitglied der Geschäftsleitung verantwortlich für das Geschäft mit Cloud und Line of Business Solutions bei der SAP Deutschland.