Fährten legen, auflauern, abdrücken – und dann Trophäen sammeln: Schweizer Firmenchefs verlassen des Öfteren die Jagdgründe der globalen Wirtschaft für einen Pirschgang an der frischen Luft. UBS-Präsident Marcel Ospel bestand kürzlich zusammen mit seiner Frau Adriana Ospel-Bodmer die Jagdprüfung, wie er in einem Interview mit der «SonntagsZeitung» erwähnte. Ihn interessiere die Hochgebirgsjagd in Österreich, aber auch Gefieder in England und im Elsass sowie Truthähne in Texas. Also die ganze Spannweite weidmännischer Kunst. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in den Preisen: Ein erlegter texanischer Truthahn kostet 200 Dollar, die Abschussgebühr für einen Hirsch aus den österreichischen Alpen beträgt 3500 Euro.

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Ein Pech, dass Ospel nicht mehr im firmeneigenen Revier zum Halali blasen kann. Kurz vor der Fusion von Bankgesellschaft und Bankverein zur UBS vor zehn Jahren liess die Bankgesellschaft den Pachtvertrag für ihren Jagdgrund am Arlberg auslaufen. Dies, nachdem die Generaldirektoren der Bank modehalber in wachsender Zahl ihre Lodenmäntel gegen Golfschuhe eingetauscht hatten.

Es gibt auch so noch genug Schweizer Jäger ennet der Grenze. Novartis-Chef Daniel Vasella, schon früher im Lechtal auf der Pirsch, leistet sich nun dort ein Jagdgebiet. Von der Familie Brenninkmeijer, Besitzerin des Modekonzerns C&A, hat er die Pacht für ein 5000 Hektar grosses Jagdrevier übernommen. Ein Kenner der Szene schätzt, dass Vasella für das grüne Vergnügen jährlich bis zu 400 000 Franken aufwenden muss – zur Deckung von Betriebskosten, Unterhalt des Jagdhauses, Pacht und Steuern. Das finanzielle Investment für einen Mann mit einem Jahreslohn von 21 Millionen Franken ist das eine, der zeitliche Aufwand für einen Chef von 90 000 Mitarbeitern das andere. Die Jagdprüfung ist kein Sonntagsspaziergang. Die Faustregel besagt, dass für Üben und Lernen zwei Jahre Freizeit draufgehen. Ein Rechtsanwalt hat ausgerechnet, dass sein Jagdschein mehr Zeit in Anspruch nahm als sein Staatsexamen.

Aber Ospel und Vasella sind in bester Gesellschaft. In der Zürcher Patrizierfamilie Bodmer rund um den Banker und Industriellen Henry Carl Martin «Harro» Bodmer – nicht direkt verwandt mit Ospels Ehefrau Adriana Bodmer – wimmelt es von passionierten Jägern. Zu den Latifundien der Familie gehört das Schloss Girsberg im Zürcher Weinland mit umliegendem Jagdgelände; die Familie besitzt zudem ein Revier in Tirol. Autoimporteur Walter Frey legt sich auf seinem Gut im Montafon auf die Lauer. Auch Textilunternehmer Robert Ober oder der Genfer Banker Eric Syz sind als Grünröcke unterwegs.

Vasella hat seinen Jagdgrund sogar schon von oben gesehen. Auf einem nahe gelegenen Gleitschirmlandeplatz erhielt der prominente Besucher aus Basel eine Sonderbewilligung zur Landung mit dem Helikopter, als es um den Abschluss des Pachtvertrags ging. Damals sass er auf dem Beisitz – aber bald schon wird Vasella persönlich pilotieren. Er nimmt in seiner Freizeit die Strapazen auf sich, um am Flughafen Zürich das Helipilotenbrevet zu machen. In Basel, wo er zuvor geschnuppert hatte, wurde ihm bedeutet, die aufwendige theoretische Prüfung sei wohl mit einem CEO-Pensum nicht ganz vereinbar.

Es ist nicht nur Vasella, der sich den Bubentraum vom Fliegen verwirklicht. Synthes-Chef Hansjörg Wyss etwa steuert seine Falcon persönlich nach Übersee, der Unternehmer Reinhold Würth tut das auch. Und Rechtsanwalt Peter Nobel, der den Zürcher Paradeplatz mit einem alten Drahtesel zu überqueren pflegt, hebt in der Freizeit mit seiner Cessna ab. Auch Swatch-Chef Nicolas Hayek junior fliegt selber, und Nestlé-Lotse Peter Brabeck bezwingt die Viertausender nicht nur von unten, sondern auch aus der Luft: Er ist Gletscherpilot. Ein leidenschaftlicher Flugkapitän ist auch Kaba-Verwaltungsratspräsident Ulrich Graf. Zusammen mit Gleichgesinnten hat er den Verein für Exotic and Antique Flying Machines gegründet, in dessen Flotte Flugzeuge und alte Helikopter wie eine Alouette 2 der Schweizer Luftwaffe brummen.

Manchmal liegt sogar mehr als ein Hobby in der Luft. Etwa bei den Unternehmern Ernst Thomke und Nils Hagander, die aus ihrer Leidenschaft für das Fliegen ein Business gemacht haben. Auf dem Flughafen Grenchen führen die beiden den Lufttaxibetrieb Air-Connect: Mit zwei
Cheyenne-Propjet-Maschinen können Geschäftsleute und Privatkunden an Meetings oder in die Ferien in ganz Europa geflogen werden. Wann immer es geht, setzen sich Thomke und Hagander selber hinter den Steuerknüppel. Als Kunstflieger lebt Hagander überdies seinen Hang zum Extremen aus: An der Feier zum 125-Jahr-Jubiläum der Kleiderkette PKZ seines Freundes Olivier Burger schrieb er mit dem Flugzeug die Initialen PKZ in den Himmel. Auch am nächsten Züri Fäscht wird er als eine der Attraktionen seine Loopings über dem Seebecken drehen.

Solche Kapriolen sind nicht jedermanns Sache. Viele ziehen das Pferdeflüstern dem Motorenlärm vor. Der frühere Banker Hans-Dieter Vontobel lebt zurückgezogen auf seinem Landgut in Frankreich, wo er Lipizzaner züchtet und täglich ein bis drei Pferde bewegt. Vontobel hat die Stiftung Forschung für das Pferd mitbegründet, mit der die Forschung zum Wohle der Pferde vorangetrieben werden soll. Der Unternehmer Klaus Jacobs, ehemaliges Mitglied der Nationalmannschaft im Dressurreiten, stammt aus einer traditionellen Pferdebesitzerfamilie. Zum Eigentum der Sippe gehören Zuchtbetriebe in England, Deutschland und Südafrika. Auch Autoimporteur Walter Frey ist ein Rösseler. Im Südschwarzwald besitzt er das Gestüt Albführen – ursprünglich ein Gehöft, das Frey mit Millioneninvestitionen in ein Resort mit Pferdefarm, Hotel und Restaurant umgewandelt hat. Der Ostschweizer Industrielle Urs Bühler hat seine Passion für Pferde zum Beruf gemacht und das Tiergesundheitszentrum Healthbalance in Uzwil aufgebaut, das er seit zwei Jahren führt. Das Verwaltungsratspräsidium des Maschinenbauers Bühler erledigt er im Nebenamt.

In einer Zeit, in der selbst der Weg zum Golfplatz im Schlaf absolviert wird, brauchen die Wirtschaftslenker neue Erweckungserlebnisse, um sich aus der täglichen Routine herauszureissen. Banker Eric Syz rast in St. Moritz auf dem Skeleton den Eiskanal hinunter. Implenia-Präsident Anton Affentranger läuft Marathon, auch in New York. Der CEO und VR-Präsident eines Milliardenkonzerns sucht seinen Kick beim Pokern im Internet. Wie sich ein angestammtes Hobby um neue Dimensionen erweitern lässt, zeigt der frühere Industrielle und heutige Philanthrop Stephan Schmidheiny. Der passionierte Tiefseetaucher hat vor zwei Jahren mit einem Freund eine Unterwasserexpedition aufgezogen. Unter dem Namen Deep Ocean Quest durchkreuzt ein Forschungsschiff mit bemannten U-Booten in Schmidheinys Auftrag die Meere. Die Daten, die sie an Land bringen, sollen helfen, das Wissen und das Verständnis für die Ozeane zu vertiefen.