Auch das bevorzugte Transportmittel der Geschäftswelt leidet unter dem Konjunktureinbruch: Die Kunden fliegen weniger und «setzen das Privatfliegen bewusster ein», sagt NetJets-Regionalchef Peter Zuppinger, der das Geschäft in den deutschsprachigen Ländern führt. Martin Bernegger, der bei Jet Aviation die Sparte Charterfliegerei leitet, hat ab Mitte Oktober einsetzendes «Downgrading» beobachtet – manche Kunden stiegen in kleinere Flieger um. Seit November zeigt sich, so Bernegger, «ein merklicher Rückgang in Europa, je nach Flugzeugsegment um 10 bis 30 Prozent».
Am Geschäfts- und Privatfliegerterminal vom Flughafen Zürich schlägt sich der Sinkflug in Zahlen nieder. Im Dezember notierten die Fluglotsen 2460 Starts und Landungen – 15 Prozent weniger als im Vorjahr. Für die britische NetJets Europe, die Stundenkontingente für den Abflug mit der NetJets-Flotte an Kunden verkauft, gehören Zürich und Genf zu den wichtigsten Flughäfen in Europa, wie Geschäftsführer Mark Booth betont. Genf liegt hinter London und Paris an dritter Stelle, Zürich auf Rang sieben.

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Da auch die Auslastungszahlen der regulären Fluglinien fielen, handelt es sich nicht um eine Verlagerung von Geschäfts- auf Linienfliegerei: Die Reisebudgets, ist ein Branchenmann sicher, «wurden generell eingedampft». In Zeiten der Wirtschaftskrise gehören Flugdienstleister zu den Ersten, denen Kunden Aufträge stornieren. Vor allem Finanzunternehmen und Berater haben die Kostenschraube angezogen. Industriemanager sind tendenziell noch häufiger im Businessjet unterwegs als Banker. Einen regelrechten Erdrutsch soll es im Chartermarkt zwischen Westeuropa und Russland sowie über den Atlantik gegeben haben. Wer rüber muss, fliegt Linie in die USA und steigt erst vor Ort in eine private Maschine um.

Die Genfer PrivatAir, gegründet von der Reederfamilie Latsis, profitiert noch von Aufträgen durch Lufthansa, Swiss und KLM. Doch wer wie PrivatAir oder die süddeutsche DC Aviation mehrere Langstreckenjets im Portfolio hat, für den wird die Luft dünn. Derzeit sind wenige Kunden bereit, für eine Flugstunde bis 15  000 Franken zu zahlen – dreimal so viel wie mit einem kleineren Flieger. Weicht ein Kunde auf einen Linienflug aus, kann er leicht eine sechsstellige Summe sparen.

Anders sieht es bei den konzerneigenen Flugzeugen aus. Wer einen Flieger besitzt, will ihn behalten. Die Novartis von Daniel Vasella, die mit zwei Jets und zwei Helikoptern ausgestattet ist, sowie Franz Humers Roche haben «keine Verkaufsabsichten», Nestlé schweigt. Ein Insider am Flugplatz Lausanne Blécherette sagt, er glaube nicht, dass Nestlé ihren Flieger, der dort parkt, abstossen wolle – eine Propellermaschine vom Typ Beechcraft King Air 350. Sie dient den Chefs Peter Brabeck und Paul Bulcke für Europaflüge.

Der Industriemulti ABB hat sich während der Sanierungszeit unter Jürgen Dormann vom eigenen Flieger verabschiedet. Auch UBS und Credit Suisse haben keine eigenen Flieger. Haben Marcel Rohner oder Brady Dougan Bedarf, wird zugemietet, allerdings «äusserst zurückhaltend».

Dirk Ruschmann
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