Dem Thurgauer Zugbauer Stadler Rail ist das Debüt an der Schweizer Börse sehr gut gelungen. Die Aktien des Börsenneulings eröffneten am Freitag mit 42 Franken vier Franken über dem Zuteilungspreis. Die Titel mit dem Tickersymbol SRAIL verteidigten dieses Niveau bis zum Mittag. Der aktuelle Börsenwert des Unternehmens beläuft sich somit auf etwa 4,2 Milliarden Franken.

Bereits im Vorfeld des Börsengangs hatte sich ein grosses Interesse an den Aktien abgezeichnet. Ein Vermögensverwalter hatte gegenüber der Nachrichtenagentur AWP gesagt, dass es zu starken Kürzungen bei der Zuteilung der Aktien an die Interessenten gekommen sei.

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Wie ein privater Kunde nun berichtete, habe er sogar nur 6,5 Prozent von den gezeichneten Aktien erhalten. Von AWP befragte Vermögensverwalter nannten derweil Quoten zwischen vier und 17 Prozent.

Wie auch das Unternehmen selbst am Morgen mitteilte, war das Angebot mehrfach überzeichnet gewesen. «Bei einer hohen Überzeichnung wie in diesem Fall werden einzelnen Investoren und Anlegern oft nur kleinste Mengen zugeteilt», führte ein Händler aus.

Begriff der «Volksaktie»

Die Frage ist, inwiefern hierbei auch Privatanleger zum Zuge kamen. Denn Firmenchef Peter Spuhler hatte vor dem Börsenstart selbst davon gesprochen, dass er eine «Volksaktie» schaffen wolle und Freude hätte, wenn auch viele Kleinaktionäre die Titel kaufen würden.

Platziert wurden die Aktien nun aber vor allem bei institutionellen Anlegern wie Pensionskassen oder Anlagefonds, wie dies bei Börsengängen üblich ist, hiess es aus Marktkreisen. Eine Stadler-Sprecherin hatte zuvor allerdings bereits erklärt, dass der Begriff der «Volksaktie» sich nicht auf den Börsengang selbst, sondern auf den anvisierten Handel an der Börse danach bezieht.

Und hier könnten sich auch Kleinanlegern durchaus Möglichkeiten bieten. Denn der Streubesitz dürfte - nach der erwarteten Ausübung einer Mehrzuteilungsoption die beteiligten Banken - auf insgesamt gut 43 Prozent steigen. Dieser Teil wird somit frei über die Börse handelbar sein, auch Kleinaktionäre können zugreifen.

«Zitrone nicht ausgequetscht»

Die hohe Nachfrage hatte vor dem Börsengang derweil auch einen Einfluss auf die Preisspanne. Sie war zunächst von 33 bis 41 Franken festgelegt, dann jedoch auf 36 bis 39 Franken eingeengt worden.

«Mit einem Ausgabepreis von 38 Franken wurde die Zitrone dann nicht ganz ausgequetscht», lautete der Kommentar eines Börsenhändlers. Allerdings sei im aktuellen Preis von etwa 42 Franken viel eingepreist - unter anderem der neue Megaauftrag aus den USA.

Hauptaktionär und Verwaltungsratspräsident Peter Spuhler, der das Unternehmen 1989 gekauft hatte, hielt bisher 80 Prozent an der Firma. Mit dem Börsengang hat sich sein Anteil in etwa halbiert. Sämtliche der bisher platzierten 35 Millionen Namenaktien stammen aus Spuhlers direktem und indirektem Besitz. Frisches Kapital sammelte Stadler im Rahmen des Listings also nicht ein.

Stadler Rail: Erwartungen 2019 und 2020

  • Zum Kotierungsprospekt für den Börsengang meldet das Thurgauer Unternehmen, dass man für 2019 einen stabilen Auftragseingang erwartet – also auf dem Niveau von 4,4 Milliarden Franken des letzten Jahres. Der  Nettoumsatz könnte rund 3,5 Milliarden erreichen; davon seien gut 95 Prozent durch bestehende Aufträge gesichert. Die eine stabile Ebit-Marge solle stabil bleiben; sie lag letztes Jahr bei 7,5 Prozent. Man strebe an, für 2019 mindestens 120 Millionen Franken an Dividenden auszuschütten.
     
  • Für 2020 rechnet Stadler mit einem Umsatz von rund vier Milliarden Franken, von dem rund 80 Prozent durch bestehende Aufträge gesichert sind. Die Ebit-Marge werde voraussichtlich innerhalb der mittelfristig angestrebten Zielspanne von 8 bis 9 Prozent liegen.
     
  • Für die Jahre nach 2020 strebt Stadler an, das Nettoumsatzniveau von vier Milliarden Franken zu festigen und von dort im mittleren einstelligen Prozentbereich weiter zu wachsen.

Spuhler bleibt Verwaltungsratspräsident

Spuhler will künftig nicht nur Ankeraktionär, sondern auch Verwaltungspräsident bleiben. Wie er am Freitag mitteilte, soll sein Unternehmen durch den Gang aufs Börsenparkett nicht nur an Fahrt gewinnen, sondern sich auch seine langfristige Wettbewerbsposition sichern.

Für 2020 rechnet der Alt-SVP-Nationalrat bereits mit einem Umsatz von rund vier Milliarden Franken. Für die Jahre nach 2020 will Stadler Rail das Nettoumsatzniveau von 4 Milliarden Franken dann festigen und im mittleren einstelligen Prozentbereich weiter wachsen.

Stadler stellt unter anderem Regionalzüge, Hochgeschwindigkeitszüge, U-Bahnen und Trams her. Eine starke Position hat das Unternehmen in Europa, wo es gemäss eigenen Angaben drittgrösster Hersteller von Schienenfahrzeugen ist. Derzeit arbeiten 8500 Mitarbeiter für Stadler. Vor 30 Jahren als Spuhler die Firma übernahm waren es noch deren 18.

Dritter Neuzugang

Das Unternehmen aus Bussnang ist der dritte Neuzugang an der Schweizer Börse SIX im laufenden Jahr. Bislang wagten sich die Medizintechnikfirma Medacta und das vom Pharmakonzern Novartis abgespaltene Augenheilunternehmen Alcon aufs Parkett.

Gemäss der Börsenbetreiberin SIX ist das Börsendebüt von Stadler gar der grösste IPO in Europa seit Anfang 2019. Vergleicht man den Schweizer Fahrzeughersteller direkt mit der Konkurrenz, so ist Stadler trotzdem eher ein kleiner Fisch.

So beträgt der Marktwert von Alstom aus Frankreich fast neun Milliarden Euro. Erst vor kurzem war ein Zusammenschluss des Zug-Geschäfts von Alstom mit der deutschen Siemens an den EU-Behörden gescheitert. Grösster Bahnbauer der Welt ist die China Railway Rolling Stock Corporation.

(awp/tdr)