Henri Bernard Meier, Ex-Finanzchef von Hoffmann-La Roche, hat schon unbeschwertere Ferientage erlebt. Im November, wenn in der Schweiz die Nebelbänke aufziehen, setzt sich der geheimnisumwitterte Finanzcrack gewöhnlich für ein paar Wochen in seine US-Residenz in Florida ab. Erholung kann der 69-Jährige gut gebrauchen, denn kurz vor seiner Abreise war er in der Schweiz gehörigem Stress ausgesetzt.

Als Meier von der Absicht Rumen Hranovs erfuhr, den CEO der Swissfirst Bank wegen diverser angeblicher Vergehen wie Betrug und möglicher Veruntreuung einzuklagen, läuteten bei ihm die Alarmglocken. Unbedingt wollte Meier verhindern, dass Hranov, Verwaltungsrat bei HBM Partners, mit derart groben Vorwürfen an die Öffentlichkeit ging. Bei einem Treffen in Basel bekniete er den Geschäftspartner, wenn immer möglich von dieser Extremvariante abzusehen. Ohne Erfolg, wie Tage später offenbar wurde: Hranov reichte am 4. November gegen den Swissfirst-Chef Strafklage ein und lud gleichentags in Zürich zur Presskonferenz. Was, so fragt man sich seither in der Finanzgemeinde, hat Henri B. Meier zu verlieren?

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Erstmals begegnet sind sich Henri B. Meier und Rumen Hranov Ende der neunziger Jahre – auf Vermittlung von Swissfirst-Chef Thomas Matter. Nun ist Hranov nicht der Typ, der Kontaktchancen wie diese verkümmern lässt. In der Folge begann er, den Chef der damals grössten «Industriebank» der Schweiz zu hofieren, und lud Meier, der ein begeisterter Hobbytänzer ist, im Februar 2000 an den Opernball nach Wien ein. Zu später Stunde wurde die Idee zur Gründung von HBM BioVentures dort gewissermassen am Rand der Tanzfläche geboren.

Fakt ist, dass es die Beteiligungsgesellschaft HBM BioVentures ohne Zutun von Rumen Hranov in ihrer heutigen Form nicht gäbe. Vor dem Hintergrund seines breiten Beziehungsnetzes sorgte der bulgarisch-schweizerische Doppelbürger anfänglich dafür, dass die richtigen Leute an Bord kamen – darunter der promovierte Biochemiker und heutige HBM-Geschäftsführer Andreas Wicki, die Private-Equity-Spezialisten Ulrich Geilinger und Daniel Richner wie auch die beiden akademischen Aushängeschilder Prof. Ulrich Abshagen und Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heinz Riesenhuber. Was der hochkarätigen Mannschaft um Hranov einzig noch fehlte, war ein zugkräftiges Label à la HBM. Von Hranov in die Rolle des prominenten Schirmherrn komplimentiert, gelang es Henri B. Meier in der Folge immerhin, den früheren Verwaltungsratspräsidenten der Grossbank UBS, Mathis Cabiallavetta, als honorigen Beirat zu gewinnen. Nur für einen begrenzten Einsatz allerdings, denn an der letzten GV zog sich «Cabi» von HBM BioVentures wieder zurück; angeblich wegen Arbeitsüberlastung.

Hranov knüpfte anfänglich nicht nur die wichtigsten Kontakte, auch bei der Erstplatzierung der Aktien legte er sich kräftig ins Zeug. Mit der Pensionskasse des Bundespersonals, Publica, und der Beamtenpensionskasse des Kantons Zürich zog er im Sommer 2001 zwei der gewichtigsten Vorsorgeeinrichtungen des Landes als Geldgeber für das Biotech-Vehikel an Land. Mit einer Beteiligungsquote von über fünf Prozent ist Publica heute grösster Aktionär bei HBM BioVentures.

Im Knüpfen von Businesskontakten sei Rumen Hranov «ein Genie», versichern solche, die ihn kennen. Seiner direkten Art hat er es zu verdanken, dass es ihm oft gelingt, gesellschaftliche Schwellen offenbar spielerisch zu überwinden. In seinem Bestreben, mit einflussreichen Personen in Kontakt zu kommen, zieht Hranov sämtliche Register und erweist sich dabei als gleichermassen ideenreich wie hemmungslos. Um mit Meiers früherem Chef, dem langjährigen Roche-Präsidenten Fritz Gerber ins Gespräch zu kommen, überwies er zunächst einen fünfstelligen Betrag auf das Konto von dessen «Stiftung für begabte junge Menschen», griff Tage später beherzt zum Telefon und vereinbarte mit dem Roche-Gewaltigen einen Gesprächstermin. Bewaffnet mit einem Blumenstrauss (für die Sekretärin), erschien Hranov in Gerbers Büro und versprach – da er in Erfahrung gebracht hatte, dass jener seltene Wertpapiere sammelt –, ein paar rare Exemplare zu beschaffen. Ungerührt von Hranovs geballter Charmeoffensive, zeigte ihm der Doyen unter den helvetischen Industrieführern jedoch die kalte Schulter.

Einfacher kam Hranov bei anderer Gelegenheit mit Markus Ebner, dem Neffen des Innerschweizer Aktienhändlers, ins Geschäft. Zusammen mit ein paar gleichgesinnten Kollegen hatte dieser im Frühjahr 2000 die Beteiligungsgesellschaft Broadband Capital gegründet und dafür bei Martin Ebner und weiteren Interessenten, darunter Rumen Hranov, gesamthaft rund 80 Millionen Franken lockergemacht. Wie sich bald herausstellen sollte, war das Timing der Jungunternehmer alles andere als optimal. Als die Börsenblase noch im Herbst des gleichen Jahres platzte und die Technologiewerte in den Keller sausten, standen sie ihren Geldgebern gegenüber mit abgesägten Hosen da. Um zu verhindern, dass der Flop in der Öffentlichkeit breitgetreten würde, sprang der fliegenbewehrte Onkel in die Bresche und nahm Hranov dessen Beteiligung an Broadband Capital mit nur geringfügigem Abschlag wieder ab.

So zielstrebig, wie er seine Geschäfte betreibt, so offenherzig und spendabel zeigt sich Hranov gegenüber Freunden. Womöglich ist es diese Kombination scheinbar unvereinbarer Verhaltensweisen, die Henri B. Meier am stupenden Vernetzer so sehr fasziniert. Auch für den Chairman von HBM BioVentures ist Kosteneffizienz eine primäre Geschäftstugend. Wenn man entsprechenden Gerüchten glauben darf, scheint sich diese beim prominenten Ex-Rochianer allerdings bis weit ins Private hineinzuziehen. «Wenn es darum geht, eine Parkuhr zu füttern», scherzt einer aus Meiers Entourage, «kann man darauf wetten, dass er sein Portemonnaie gerade verlegt hat.»

Doch zurück zum geschäftlichen Teil: Das Verhältnis zwischen Meier und seinem Taktgeber Hranov sei «intakt und absolut vernünftig», verlautet aus Kreisen, die mit den Verhältnissen bei HBM BioVentures vertraut sind. Verändert hat sich durch den anvisierten Zusammenschluss von Swissfirst und Bellevue-Gruppe allenfalls dies: Trat Swissfirst bisher als «Marketmaker» für die noch unkotierten Beteiligungspapiere von HBM BioVentures in Erscheinung, so sehen sich Meier und seine Crew jetzt schon nach einer alternativen, weniger im Rampenlicht stehenden Blockhandelsplattform um. Ein Schritt, der unmittelbar einleuchtet und sich wunderbar damit begründen lässt, dass die Bellevue-Gesellschaften BB Biotech und BB Medtech gegenüber der Hranov/Meier-Risikokapitalfamilie – zumindest was ihre Branchenausrichtung angeht – in einer «gewissen Konkurrenzsituation» stehen. Bei so viel divergierender Gemeinsamkeit wollte Henri B. Meier den klärenden Effekt ausgedehnter Strandspaziergänge dieser Tage nicht missen.