Helvetia hat heute angekündigt, 70 Prozent am spanischen Versicherer Caser zu übernehmen. Diese Akquisition ist gleich aus mehreren Gründen bemerkenswert und zeugt von Wagemut am St. Galler Konzernsitz.

Der Zukauf von Caser ist vergleichbar mit der viel diskutierten und teuer erkämpften Übernahme von Nationale Suisse im Jahr 2014. Mit einem Prämienvolumen von rund 1,5 Milliarden Euro in Spanien allein ist Caser gleich gross wie die international aufgestellte Nationale Suisse.

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Auch der Preis ist ähnlich: Die «National» kostete damals rund 1,4 Milliarden Franken. Für die 70 Prozent an Caser bietet Helvetia 780 Millionen Euro, was einer Bewertung von 1,2 Milliarden Franken entspricht. Das sind keine Kleinbeträge. 

Lediglich beim Gewinn scheinen die Spanier der Nationale Suisse etwas nachzustehen: Im letzten Jahr vor der Übernahme wiesen die Basler einen Gewinn von 105 Millionen Franken aus. Caser verdiente zuletzt mit 87 Millionen Euro etwas weniger (2018).

Mit der Übernahme erreicht Helvetia-CEO Philipp Gmür zunächst mal zwei Ziele: Er kann die Position in Spanien deutlich ausbauen. Der Marktanteil vervierfacht sich auf 4 Prozent, was Helvetia die Position 7 verschafft. Gleichzeitig erreicht Gmür sein deklariertes Wachstumsziel von 10 Milliarden Franken Bruttoprämien auf Gruppenebene, auf das er mit organischem Wachstum allein nicht gekommen wäre. Denn unter dem Strich waren die letzten Jahre eher flach: Zukäufe wurden durch Rückzüge ausgeglichen. Gruppenweit generierte Helvetia 2018 gleich viele Prämieneinnahmen wie nach der Übernahme von National Suisse vier Jahre zuvor.

Rückkehr der Allfinanz

Der Kauf steht aber auch für eine Diversifikation in neue Bereiche, und das ist nicht minder interessant. Heute «Bankassurance» genannt, erleben wir ein zweites Aufblühen der guten alten Allfinanz. Mit Caser erwirbt Helvetia eine Versicherungsgesellschaft, die eng mit dem Banking verzahnt ist.

Die 30 Prozent Minderheitsbeteiligung bleiben denn auch bei den spanischen Banken Ibercaja, Unicaja und Liberbank, die über mehr als 3000 Filialen den Zugang zu 7 Mllionen Kunden ermöglichen. 40 Prozent der Einnahmen generiert Caser im Bereich «Bankassurance», also über banknahe Dienstleistungen.

So langsam scheinen die Schweizer Versicherer das Hüppi-Trauma überstanden zu haben. Der legendäre Zürich-CEO führte den Versicherungsriesen in den Neunzigerjahren mit einer Allfinanz-Strategie nahe an den Kollaps, worauf die Branche kollektiv der Allfinanz abschwor. 

Nicht zuletzt investiert Helvetia über Caser auch ins Gesundheitswesen, denn die Spanier betreiben unter anderem eigene Pflegeheime und Spitäler. 14 Millionen Euro nimmt Caser hier über Gebühren ein.

Expansion in neue Bereiche

Diese Diversifizierung ist symptomatisch für Stimmung in der Versicherungsbranche. Nachdem das klassische Geschäft mit Hausrat und Lebensversicherungen eher stagniert und die lukrative Automobilversicherung vor einer unsicheren Zukunft steht, suchen viele Gesellschaften das Heil in neuen, verwandten Branchen oder neuartigen Vertriebsmodellen. Das gilt auch für die Helvetia, die etwa im Heimmarkt stark auf das Geschäft mit Hypotheken setzt. Nicht zuletzt über die Akquisition von Moneypark vor drei Jahren.

Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich erst in ein paar Jahren zeigen. Aber es zeugt von Mut und Optimismus in der Branche. 

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