Kurvig, klein, gross: Die Barbie gibt es jetzt in verschiedenen Körpertypen. Der Hersteller Mattel gibt somit jahrelangem Druck aus der Gesellschaft nach - und hat gleichzeitig sein Geschäft erfolgreich belebt. Das erste Mal seit zwei Jahren überraschte das Unternehmen mit einem Umsatzplus. Gingen die Verkaufszahlen der Barbie in den letzten acht Quartalen jeweils im zweistelligen Prozentbereich nach unten, verkaufte Mattel von Oktober bis Dezember 0,5 Prozent mehr Puppen.

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Nicht nur der US-Hersteller setzt auf politisch korrektes Spielzeug, um das Geschäft anzukurbeln: Der dänische Spielwarengigant Lego hat auf Druck der Behinderten-Initiative Toy Like Me eine erste Figur im Rollstuhl präsentiert. Die Minifigur erscheint im Juli als Teil eines Spiel-Sets in Schweizer Regalen, wie Lego-Sprecherin Martina Augenstein zu handelszeitung.ch sagt.

Branche unter Druck

Das Internationale Paralympischen Komitee (IPC) wandte sich auf Twitter an Lego: «Das ist grossartig, danke für die Förderung von Vielfalt!» Auch der britische Hersteller Makie hat Puppen herausgegeben, die Kinder wahlweise mit Blindenstock, Hörgerät, Rollstuhl oder Brandmalen versehen können.

Die Spielzeugbranche steht unter Beobachtung: Der deutsche Hersteller Playmobil stand letztes Jahr etwa in der Kritik, weil er in den USA ein Piratenschiff-Set vertrieben hatte, inklusive einer Sklavenfigur, die eine Stahlkette um den Hals trug. Das Piratenschiff wurde laut Playmobil-Sprecherin Anna Ermann mittlerweile durch ein neues Set ersetzt – ohne Sklavenfigur.

Zudem arbeite auch Playmobil mit der Initiative Toy Like Me daran, Playmobil-Figuren mit Behinderungen zu entwickeln. Die Öffentlichkeit interessiere sich zunehmend für Themen wie Tier- und Umweltschutz, Geschlechterrollen; und Diversität im Bereich Spielwaren, so Sprecherin Ermann.

«Wer nicht ethisch handelt, merkt die Auswirkungen»

Auch in der Schweiz sei ein klarer Trend sichtbar, auf politisch korrektes Spielzeug zu setzen, sagt Markenexperte Stefan Vogler. In der Öffentlichkeit steige das Bewusstsein dafür, wie beeinflussbar gerade Kinder durch Spielzeug seien, sagt die Psychologin Denise Ineichen von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW): «Spielpuppen, wie auch Werbung, Medien und Musikvideos bestimmen die prototypischen Vorstellungen, an denen sie sich orientieren. Darauf könnten auch die Hersteller reagieren.»

Vor allem global tätige und börsenkotierte Unternehmen achteten darauf, politisch korrekte Spielsachen herzustellen, so Experte Vogler. Denn Verstösse gingen mit einem enormen Reputationsschaden einher. «Wer nicht ethisch handelt, merkt die Auswirkungen sofort auf dem Börsenkurs», so Vogler. Es herrsche auf dem Spielwarenmarkt also eher eine Risiko- als eine Chancen-Orientierung.

«Der Markt ist sehr träge»

Marken-Experte Thomas Ramseier von Brandpulse widerspricht: «Diese Themen sind vor allem in den USA dauerpräsent», sagt er. «Die Sklavenfigur von Playmobil hat vor allem in der schwarzen Community für Empörung gesorgt.» Die europäischen Konzerne könnten sich höchstens wegen der Marktgrösse der USA an diesen Trend anpassen, so Ramseier.

Auch Kurt Meister, Spielwarenexperte beim Marktforschungsunternehmen GfK bezweifelt, dass ein Umdenken stattfindet. Unternehmen würden den Faktor politische Korrektheit zwar mit einbeziehen – solche Produkte seien im Sortiment aber eher ergänzend. Meister: «Der Markt ist relativ träge. Ein richtiges Umschwenken sehe ich nicht.»

Die Warenhauskette Manor reiht sich in diese Einschätzung ein: Man wolle zwar sowohl das Lego-Paket mit dem Kind im Rollstuhl, als auch die neuen Barbies mit runderer Hüfte und verschiedenen Hautfarben ins Sortiment aufnehmen. «Wir denken jedoch, dass dies eher einem gesellschaftlichen Wandel entspricht und weniger als politisch korrekt zu betrachten ist», so Manor-Sprecherin Elle Steinbrecher.

Trend Richtung Spielwelten

Insgesamt sei der Schweizer Spielzeugmarkt aber stabil und als einziger Non-Food-Markt im letzten Jahr gewachsen, so Meister. Von Januar bis Dezember hätten die Konsumenten für 460 Millionen Franken und damit 2,1 Prozent mehr Spielzeug (ohne Videogames) eingekauft als im Vorjahr, teilt der Spielwarenverband Schweiz mit.

Vor allem Spielaktionsfiguren (+24 Prozent) und Outdoor-Spielwaren (+14 Prozent) haben gemäss den Zahlen von GfK Switzerland stark zugelegt. Das starke Plus bei den Spielaktionsfiguren sei auf starke Lizenzgeschichten und Spielfilme zurückzuführen. Auch Konstruktionsspielzeuge (+14 Prozent) und Spiele/Puzzles (+6,5 Prozent) verzeichneten einen Zuwachs. Schwächer war hingegen der Absatz mit Kreativ-Spielwaren (-19 Prozent) und auch das Geschäft mit Puppen (-4,9 Prozent) und Fahrzeugen (-4,7 Prozent) ging zurück.

Der Ausblick für 2016 ist positiv. «Der konjunkturunabhängige Spielwarenmarkt steht auch 2016 auf einer soliden Grundlage», wird SVS-Präsident Rolf Burri zitiert. «Starke Lizenzgeschichten und innovative neue Produkte lassen uns optimistisch aufs laufende Jahr blicken», so Burri. Im Markt sei ein Trend Richtung Spielwelten und -themen sowie zu einem stärkeren Online-Handel mit Lieferzeiten innert 24 Stunden spürbar.

Redaktorin Caroline Freigang
Caroline Freigangschreibt seit 2019 für den Beobachter – am liebsten über Nachhaltigkeit, Greenwashing und Konsumthemen.Mehr erfahren