Am Donnerstag, 26. Oktober, um 9 Uhr 15 muss sich Josef Ackermann in einem Raum einfinden, an den er kaum gute Erinnerungen hat: den Saal L 111 des Landgerichts Düsseldorf, jenen Ort, wo er vor zweieinhalb Jahren die Hand zum Victory-Zeichen hob. Seither gilt der Chef der Deutschen Bank, der sich vor Gericht wegen der Millionenprämien an scheidende Mannesmann-Chefs zu rechtfertigen hat, als Sinnbild des arroganten Managers. Auch wenn er sich kaum nochmals einen derartigen Fauxpas leisten wird – Ungemach ist angesagt. Denn die Gefahr einer Verurteilung Ackermanns ist erheblich. Bereits hat er angekündigt, dass er in diesem Falle als CEO der Deutschen Bank zurücktreten würde.

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Dabei hatte alles zunächst gut ausgesehen. Im Sommer 2004 sprach das Landgericht Düsseldorf alle sechs Angeklagten frei. Doch die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein. Im Dezember 2005 hob der Bundesgerichtshof (BGH) die Freisprüche auf. Das Landesgericht muss nun unter einem neuen Richter nochmals darüber entscheiden, ob die rund 60 Millionen Euro, die im Jahr 2000 an den Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser und an andere Mannesmann-Manager bei der Übernahme durch Vodafone bezahlt wurden, rechtsmässig waren. Ackermann hat als Mitglied des zuständigen Aufsichtsratsausschusses diese Prämien bewilligt.

Nur 43 Seiten lang war die Begründung der Top-Richter Deutschlands, doch ihre Argumente wiegen schwer. Denn die Vorgaben des Bundesgerichtshofes sind für die Neubeurteilung des Falles bindend. Die Prämien sind laut den Richtern für Mannesmann «ohne Nutzen» gewesen. Es sei dem Ausschuss nicht freigestanden, eine «in der Vergangenheit erbrachte, durch die dienstvertraglichen Bezüge bereits abgegoltene Leistung durch eine Sonderzahlung zusätzlich zu honorieren». Ein grundloses Geschenk sei verteilt worden und die Vermögensbetreuungspflicht damit verletzt – es liege strafbare Untreue vor.

Diese Nutzlosigkeit wollen die Verteidiger in Frage stellen: «In der Phase der Übernahme durch Vodafone gab es für das Management von Mannesmann noch erhebliche Dinge zu tun, damit die Integration klappt», sagte Daniel Krause, Verteidiger Essers, gegenüber der «Süddeutschen Zeitung». Die Prämie habe den Anreiz geboten, in der bevorstehenden Integration besonders die Interessen Mannesmanns durchzusetzen. Die Prämien als Anreiz für gute Leistungen in der Zukunft also – und somit nicht nutzlos. Auch aus Ackermanns Umfeld heisst es, die Verteidigung sehe die Frage der Nutzlosigkeit der Prämien als mögliches Schlupfloch in der Argumentation des Bundesgerichtshofs.

Michael Adams, Professor an der Universität Hamburg und Spezialist für Corporate Governance, hält diese Position für gerechtfertigt. «Man musste die Manager schliesslich nach einem ‹unfriendly takeover› dazu motivieren, die ordentliche Übergabe des Geschäfts zu bewerkstelligen.» Die Vorgaben des BGH seien «grausam formaljuristisch» und gingen an der Realität in der Wirtschaft vorbei. Ganz anders sieht dies indes der Münchner Strafrechtsprofessor Bernd Schünemann: Diese Sichtweise sei «abenteuerlich». Die Führungskräfte seien ja bereits durch ihre bestehenden Verträge und die vorher abgemachten Abfindungen dazu verpflichtet gewesen, im Sinne ihres Arbeitgebers zu wirken. Auch sein Kollege Hans Achenbach, Professor für Strafrecht aus Osnabrück, hält den Spielraum für die Verteidigung für eng und die Chancen für einen Freispruch für gering. Der Versuch, einen Vorteil in den Prämienzahlungen zu finden, sei gesucht: «Es scheint mir eine schwierige Aufgabe für die Verteidigung, bei der Tat einen zukunftsgerichteten Nutzen darzulegen.» EN