Die Bank Julius Bär hat de facto eine Ergebniswarnung herausgegeben: Höhere Kreditrückstellungen hinterlassen beim Vermögensverwalter Bremsspuren. Zusammen mit dem Anstieg der Steuerquote dürften Wertberichtigungen dem Schweizer Institut im Gesamtjahr 2023 einen sinkenden Gewinn einbrocken, wie die von CEO Philipp Rickenbacher geführte Bank am Montag mitteilte.

2022 verdiente das Geldhaus unter dem Strich 950 Millionen Franken. Analysten hatten für dieses Jahr mit einem Gewinnplus gerechnet. Der Aktienkurs rauschte am Montag bis zum Ende des Handelstages um 12 Prozent in die Tiefe. Zwischenzeitlich betrug das Minus gar über 13 Prozent.

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Besonders im Blickpunkt steht, dass die Bank bis zum 19. November Wertberichtigungen in Höhe von insgesamt 82 Millionen Franken auf das Kreditbuch gebucht. Davon entfielen 70 Millionen auf das Kreditportfolio in der Zeit nach dem 31. Oktober.

Welche Rolle spielen Bärs Kredite für René Benko?

Leidet Bär unter der Benko-Krise? Einem Bericht von «Business Insider» zufolge soll Bär hunderte Millionen an die kriselnde Signa-Gruppe verliehen haben. Bär wollte sich nicht zu der Frage äussern, ob Signa Auslöser der Rückstellungen sei. Ein Sprecher betonte dagegen, die Wertkorrektur beziehe sich auf das gesamte Kreditbuch, und nicht auf einige, wenige Risiken. Die Aussage zielt offenbar darauf ab, die Spekulationen um mögliche Verluste aus vermuteten Benko-Engagements zu widerlegen.   

Die Analysten der Zürcher Kantonalbank schreiben dagegen in einem Kurzkommentar, dass der Abschreiber auf Kredite «wie in den Medien berichtet, auf den Zusammenbruch von Signa des Financiers Benko zurückzuführen sein dürfte». 

«Die Zahlen sind schlechter als erwartetet», kommentierte Andreas Venditti, Bank-Analyst bei Vontobel. Analysten hatten im Schnitt mit einem Gewinnplus von rund 10 Prozent in diesem Jahr erwartet, dass sei «viel zu optimistisch» verglichen mit dem neuen Ausblick der Bank, laut dem der Gewinn 2023 tiefer als im Vorjahr ausfalle. 

«Die Wertkorrektur auf Kredite fällt auf, denn weder bei EFG noch bei UBS haben wir Vergleichbares gesehen», so Venditti weiter. «Die Wertberichtigung muss also einen Bär-spezifischen Grund haben.»

Vermögenswachstum langsamer als erwartet

In den ersten zehn Monaten sammelte Bär bei den Kunden netto 10,3 Milliarden Franken ein das entspricht einer auf das Jahr hochgerechneten Wachstumsrate von drei Prozent - auch das ist weniger als Analysten erwartet hatten. Das Geld stammte unter anderem aus der Schweiz, Grossbritannien, Deutschland, Hongkong, Japan, den Emiraten und Israel. In den ersten sechs Monaten hatte Bär unter anderem dank der Krise beim Konkurrenten Credit Suisse Neugeld von 7,1 Milliarden Franken eingesammelt. Die verwalteten Vermögen stiegen um elf Milliarden Franken auf 435 Milliarden Franken.

Der Anstieg sei hauptsächlich auf die anhaltenden Neugeldzuflüsse und die positive Entwicklung der Aktienmärkte zurückzuführen. Die Aufwertung des Frankens gegenüber den meisten wichtigen Währungen seit Jahresbeginn habe allerdings für Gegenwind gesorgt.

Mit der Einstellung von netto 75 Kundenberatern in den ersten zehn Monaten des Jahres und mit einer vielversprechenden Pipeline für weitere Neueinstellungen investiere Bär in zukünftiges Wachstum. Insgesamt beschäftige das Geldhaus nun 1323 Berater. Diese Neueinstellungen hätten auch zu einem Anstieg des Kosten-Ertrags-Satzes auf fast 68 Prozent von 66 Prozent im Gesamtjahr 2022 beigetragen. Bis 2025 will die Bank die Kosten-Ertragsquote auf Werte unterhalb von 64 Prozent drücken. Laut Vontobel-Experte Venditti sei es für Bär «sehr herausfordernd», dieses Ziel zu erreichen.

(mit Material von Reuters)

Holger Alich
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