Ist die Sprachlern-App Duolingo, die vom Zuger Severin Hacker (41) mitgegründet wurde, in Gefahr? Richtig gelesen: Das Unternehmen mit Sitz in Pittsburgh (USA) hat zwar soeben ein Rekordjahr hinter sich gebracht. Monatlich nutzen rund 116 Millionen Menschen Duolingo – darunter auch Tausende in der Schweiz.
Doch das Aufkommen der Künstlichen Intelligenz (KI) stellt das Unternehmen vor riesige Herausforderungen.
Zwar versprach Duolingo Anfang 2025 eine auf KI fokussierte Strategie. Das sollte Lerninhalte kostengünstiger und umfassender machen. Damit erntete die Sprachlern-App zunächst vor allem Kritik. Nicht nur, weil menschliche Mitarbeitende durch KI ersetzt würden: Nutzer befürchteten, dass die Qualität der Sprachlern-Inhalte leiden würde.
Immerhin: Der Aktienkurs sank dadurch leicht, stieg jedoch bald wieder stark an. Die KI-Priorisierung schien bei Investoren gut anzukommen. Schon zu Jahresbeginn wurden Duolingo-Aktien als mögliche Überflieger des Jahres gehandelt.
Aktie wegen ChatGPT abgestürzt
Doch ab Mitte Jahr folgte ein Absturz: Lag der Aktienkurs am 14. Mai 2025 noch bei über 540 Dollar, fiel er bis zum 17. August auf unter 327 Dollar. Ein Rückgang um fast 40 Prozent.
Nach einer kurzen Erholung am Montag, mit einem Aufwärts-Sprung um 13 Prozent, gab die Aktie heute Dienstag bereits wieder nach. Es ist ein Auf und Ab. Die Aktie liegt zwar über dem Wert zu Jahresbeginn. Aber der Kurs schwankt wild.
Ein Grund für den Kurssturz im Sommer wird von «Yahoo Finance» mit einer Demonstration von OpenAIs GPT-5 in Verbindung gebracht. Das KI-Modell zeigte beeindruckende Fähigkeiten bei der Erstellung einer Sprachlern-App. Warum Duolingo nutzen, wenn ich mir via ChatGPT quasi selber ein personalisiertes Sprachprogramm erstellen kann?
Duolingo steht trotz operativ starkem Ergebnis unter Druck. Das ist nicht einmal überraschend: Im letzten Jahresbericht hatte Duolingo bereits vor möglichen Risiken durch KI gewarnt – obwohl die App selbst von KI-Technologie profitierte und inzwischen voll darauf setzt. KI-gestützte Konversationsfunktionen führten beispielsweise zu einem starken Wachstum der Abonnentenzahlen.
Der Konkurrenzdruck ist enorm
Doch KI schafft auch neue Konkurrenz, wie eben ChatGPT. Zudem soll Google an einer Sprachlern-Funktion für seinen Übersetzungsdienst arbeiten, wie «PC Magazine» meldet. Dies wird den Wettbewerbsdruck auf Duolingo weiter erhöhen.
Die Entwicklungen um Duolingo zeigen exemplarisch die Chancen und Risiken, die der KI-Boom für etablierte Technologieunternehmen mit sich bringt. KI-Technologie kann Effizienzsteigerungen und Produktverbesserungen ermöglichen. Aber sie hat auch das Potenzial, ganze Geschäftsmodelle über den Haufen zu werfen.
Dieser Artikel erschien zuerst bei Blick unter dem Titel «KI setzt Duolingo unter Druck».