Was würde Ihr Grossvater, der Lego 1932 gründet hat, heute über Lego sagen?

Kjeld Kirk Kristiansen: Ich glaube nicht, dass er mit der momentanen Situation sehr zufrieden wäre. Sowieso hat das Unternehmen eine Dimension erreicht, die er sich gar nie hätte vorstellen können. Aber wahrscheinlich wäre er stolz darauf, dass wir die Werte, die ihm wichtig waren, beibehalten haben.

Welche Werte?

Kristiansen: Der Name, den er der Firma gegeben hat, Lego, bedeutet auf Dänisch «spiel gut». Er wollte, dass die Spielsachen nicht nur von hoher Qualität, sondern auch für Kinder gut und sinnvoll zum Spielen sind, sodass sie Spass haben und etwas lernen.

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Welchen Tipp würde Ihr Grossvater angesichts des Verlusts geben?

Kristiansen: (wie aus der Pistole geschossen) Fokussiere. Fokussiere auf das Wesentliche.

Wann verlor Lego den Fokus?

Kristiansen: Das geschah bereits in den letzten zehn Jahren.

Damals waren Sie noch operativer Chef, bevor Sie das Amt 1998 abgaben ...

Kristiansen: Die Verzettelung begann Mitte der 90er Jahre, nachdem unser Wachstum gebremst wurde. Wir lancierten viele neue Produkte, was uns von der Weiterentwicklung unserer klassischen Produkte ablenkte. In der Folge kam es in den letzten Jahren zu starken Wachstumsausschlägen. Nach den ersten Defiziten in der Lego-Geschichte 1998 und 2000, erlitten wir im letzten Jahr einen massiven Verlust.

Deshalb haben Sie Anfang Jahr wieder die Führung übernommen?

Kristiansen: Ich fühle mich sehr verantwortlich für diese Firma. Ich sehe es als meine Pflicht, alles zu tun, um die Firma wieder auf den richtigen Weg zurückzuführen. Als Besitzer der dritten Generation, und weil ich viele Jahre sehr direkt involviert war, war es für mich auch natürlich, ins Tagesgeschäft zurückzukommen.

Treten Sie wieder einen Schritt zurück, wenn Ende Jahr der erhoffte Breakeven erreicht wird?

Kristiansen: Für den Turnaround braucht es länger als ein Jahr. Ich habe keine bestimmten Pläne darüber, wie lange ich im Amt bleibe.

Möchte eines Ihrer drei Kinder in Ihre Fusstapfen treten?

Kristiansen: Das wissen wir noch nicht. Sie sind alle drei noch in den 20ern. Ich erwarte jedoch nicht, dass sie im täglichen Geschäft tätig werden.

Die neue Strategie lautet «back to basics».

Kristiansen: Ja, oder eher fokussieren auf das Kerngeschäft. Uns sagen Eltern, die selber mit Lego spielten, dass sie die ursprüngliche Idee in den heutigen Lego-Spielsachen gar nicht mehr erkennen könnten. Darum stellen wir künftig wieder die traditionellen Bausteine ins Zentrum der Produktestrategie, weniger Trendspiele.

Wie stark sank der Marktanteil?

Kristiansen:In einem stagnierenden Gesamtmarkt haben wir mit dem hohen Umsatzeinbruch auch dramatisch Anteile verloren.

Wer profitierte davon?

Kristiansen: Es gibt mehrere starke Konkurrenten Mattel und Hasbro sind Beispiele , und jedes Jahr kommen Modeprodukte auf den Markt, die abheben.

Sie wollen heuer die Kosten um 145 Mio Fr. senken, unter an-derem mit dem Abbau von welt-weit bis zu 500 von 8000 Stellen. In der Schweiz stellen Sie neben dem Hauptsitz in Billund rund 20% von Lego her. Wieso produzieren in einem Hochlohnland?

Kristiansen: Wir haben bereits zwei Schweizer Werke in Baar geschlossen. Doch an Willisau und Steinhausen halten wir fest.

Selbst Schweizer Firmen verlegen ihre Produktion nach China ...

Kristiansen: Die Dänen fragen uns auch, wieso wir hier bleiben. Ganz alles stellen wir allerdings nicht in Dänemark und der Schweiz her. In der Tat sind wir unter Druck, billig zu produzieren, darum verlagern wir sehr arbeitsintensive Prozesse wie das Verpacken in Länder wie die Tschechien und China.

Die 400 verbliebenen Angestellten in der Schweiz von 1000 1998 müssen in den nächsten Jahren nicht um ihre Stelle bangen?

Kristiansen: In Dänemark und der Schweiz bleibt unsere Hauptproduktion, wir planen da keine Änderungen. Wir bauen auf die Schweiz. Längerfristige Garantien können wir nicht abgeben.

Lego exportiert viel aus der Schweiz. Wie stark wäre Lego von Re-Export-Zöllen betroffen?

Kristiansen: Das ist für uns kein Thema, weil wir die Produkte verarbeiten und veredeln. Die Zölle betreffen nur unbehandelte Produkte.

Die tiefen Steuern sprechen wohl auch für den Standort Schweiz?

Kristiansen: Sicher, das hat uns geholfen. Aber das war nie ausschlaggebend. Mein Vater errichtete 1957 in der Schweiz nach Deutschland die zweite Verkaufs-Niederlassung. Er hatte einen sehr guten Verkaufsdirektor gefunden, der auch ein guter Freund der Familie wurde. Wir waren mit der Familie sehr oft in der Schweiz. Anfang der 60er Jahre errichteten wir eine Holding in der Schweiz, weil es die dänische Gesetzgebung schwierig machte, ausländische Töchter zu gründen. Deshalb verfügt Lego über je eine Holding in der Schweiz und in Dänemark, die je zur Hälfte die ausländischen Töchter besitzen.

Sie arbeiteten selber in der Schweiz.

Kristiansen: In den 70er Jahren, nach meiner Ausbildung, wurden die Spritzgiesserei, der Werkzeugbau sowie die Forschung und Entwicklung in der Schweiz aufgebaut. Erweitertet wurde auch die Administration in Baar, die ich für viereinhalb Jahre leitete. Wir expandierten weiter... Und so wurde die Schweiz unsere zweite Basis. Das soll so bleiben, darum sind wir sehr glücklich darüber, ab Juni die europäische Verkaufszentrale von Baar aus zu führen.

Sie schaffen dafür bis 20 neue Stellen. Wieso gerade in der Schweiz?

Kristiansen: Ausschlaggebend waren die zentrale Lage Baars sowie die gute Beziehung zu den Behörden.

Ist das Abseitsstehen der Schweiz von der EU für Lego kein Problem?

Kristiansen: Nein. Die Schweiz ist ja bemüht, ihr Gesetzgebung mit jener der EU zu harmonisieren. Es wäre natürlich praktisch, wenn die Schweiz der EU beiträte und auch wenn die Dänen den Euro angenommen hätten.

Was ändert sich für die Kunden, wenn der Verkauf für Europa von Baar aus gesteuert wird?

Kristiansen: Wir werden näher und schneller an den Märkten sein als mit den bisherigen drei europäischen Verkaufsregionen. Wir können damit aggressiver auftreten.

Während der Hauptsitz in Billund bleibt, verschieben Sie Teile des Managements in die Schweiz?

Kristiansen: Ja, eines von neu neun Geschäftsleitungsmitgliedern wird künftig in der Schweiz sein und je ein weiteres in den USA und in Japan.

Lego Company

(in Mio Fr.) 2003 2002 %

Umsatz 1800 2268 26

Ebit 294 175

Ebitmarge (in %) 17,6 7,3

Reingewinn 228 91

Beschäftigte 8278 8297 0,2



Neue Strategie für den grössten europäischen Spielwarenhersteller: Das Herz für den europäischen Verkauf entsteht neu in Baar

«Made in Willisau» steht auf den neusten Lego-Produkten, die in den Verkaufsregalen im dänischen Billund stehen. Im 3000-Seelen-Dörfchen, wo Lego 1932 gegründet wurde und heute der Lego-Hauptsitz ist, sowie in Willisau und Steinhausen befinden sich die grossen Produktionswerke von Lego. «Und das soll so bleiben», sagt Kjeld Kirk Kristiansen, der Enkel des Gründers, der «HandelsZeitung» in seinem Büro voll von Spielsachen. Nach einem Vorsteuerverlust von 294 Mio Fr. 2003 hat er Anfang Jahr wieder die operative Führung übernommen. Das Familienunternehmen leidet nicht nur unter billigen Nachahmerprodukten und den Konkurrenzspielsachen schlagkräftiger Spielzeugmultis wie Mattel. Der massive Umsatzeinbruch von 26% auf 1,8 Mrd Fr. im letzten Jahr ist grösstenteils selbstverschuldet. Lego hat die klassischen Spielsachen vernachlässigt und sich mit trendigen Lizenzprodukten, die je nachdem zum Renner wurden oder in den Regalen verstaubten, verzettelt.

Zurück zu den Grundwerten und mehr Effizienz stehen zuoberst auf dem Sanierungsplan von Kristiansen, der zu einem stabilen Wachstum von 3 bis 5% zurückfinden will. Die Produktion in der Schweiz und in Billund wurde dazu bereits gestrafft. Von einer Verlagerung in Billiglohnländer will Kristiansen nichts wissen. Die hohe Automatisation erlaubt die Produktion in Hochlohnländern. Doch wenn Lego als Familienunternehmen überleben will, müssen Ertrag und Umsatz stark steigen. Die Zeiten, in denen sich Lego quasi auf dem guten Ruf der Marke ausruhen konnte, sind vorbei. «Wir haben an Glaubwürdigkeit verloren», sagt Kristiansen und das sei das Schlimmste.

Umgekrempelt werden muss nicht nur die Produkte-, sondern auch die Verkaufsstrategie. «Wir haben uns an der Front zu wenig eingesetzt», sagt ein Angestellter. Wenn Lego es verschlafe, gefragte Produkte nachzuliefern, überrasche es nicht, wenn die Lego-Spielsachen in den Regalen nach unten rutschten. Das soll sich nun ändern: Die Verkaufs- und Marktingaktivitäten für Europa, wo Lego die Hälfte aller Spielsachen umsetzt, werden ab Juni von Baar ZG aus geleitet. In der neuen Europazentrale werden rund 20 neue Arbeitsplätze geschaffen. Damit arbeiten in der Schweiz rund 420 von insge-samt 8000 Lego-Angestellten. Eine starke Erhöhung des Marketinginvestments liegt aber laut Kristiansen nicht drin: «In der momentanen finanziellen Lage versuchen wir, die Mittel so gut einzusetzen wie möglich.»

Wie die Dänen steuern die Schweizerinnen und Schweizer nur rund 2% zum Gesamtumsatz von Lego bei. Dafür sind die Dänen die Nummer eins und die Schweizer die Nummer zwei beim Pro-Kopf-Konsum von Lego-Spielsachen. (clu)

Profil: Steckbrief

Name: Kjeld Kirk Kristiansen

Funktion: CEO, Verwaltungsratspräsident und Besitzer von Lego Company

Alter: 56

Familie: Zwei Mädchen, ein Junge in den 20ern

Karriere:

1972 MBA, Lausanne

1973 Geschäftsführer Lego AG, Schweiz

1977 Geschäftsleitungsmitglied Lego Company

1979-1998 CEO Lego Company