Ende Juli hat Swatch-Group-Chef Nick Hayek bekannt gemacht, dass seine Marken an der Baselworld 2019 nicht dabei sein werden. Seither ist die Uhrenindustrie in heller Aufregung. Der weltgrösste Uhrenkonzern bleibt der weltgrössten Uhrenmesse fern? Ist das der Anfang vom Ende der Baselworld? Oder bloss ein Intermezzo? Eine Laune des Uhrenkönigs Hayek, um das Management der Uhrenmesse wachzurütteln?

Fakt ist: Seit Hayek seine Bombe platzen liess, schiessen die Spekulationen ins Kraut. Darüber, wie es mit der Messe weitergeht. Vor allem aber darüber, wo und wie Hayek seine 2019er-Kollektionen zeigen wird.

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An vorderster Front dabei beim Spekulieren ist der Westschweizer Journalist Grégory Pons mit seinem Uhren-Blog «Business Montres». Kürzlich hat Pons – er gilt in der Industrie als eine Autorität – einen Artikel gepostet (kostenpflichtig), der es in sich hat. Demnach plane die Swatch Group für das kommende Jahr eine Konkurrenz-Ausstellung zur Baselworld. Und das – ausgerechnet – in Zürich!

«Balexit»

Steigen soll, so Pons, die «Swatch-Zurichworld» an allererster Adresse: im Grieder-Haus an der Bahnhofstrasse, unmittelbar beim Paradeplatz. Die Immobilie gehört der Swatch Group. Sie hat sie der Grossbank Credit Suisse im Jahr 2014 für rund 400 Millionen Franken abgekauft.

Grieder Bahnhofstrasse

Grieder-Haus an der Zürcher Bahnhofstrasse: Die Swatch-Group hat die Immobilie für 400 Millionen Franken gekauft.

Quelle: Keystone

Zwar sind in den Räumlichkeiten das Modehaus Grieder sowie eine Boutique von Louis Vuitton eingemietet – und verfügen, wie zu hören ist, noch über langjährige Mietverträge. Aber, spekuliert «Business Montres» weiter, die Swatch Group könne ihre Mieter durchaus für eine Woche verbannen. Entsprechende Vorbereitungen für Hayeks «Balexit» würden bei Grieder bereits laufen.

Um eine offizielle Stellungnahme zu den Plänen in Zürich gebeten, verweist Bastien Buss, Sprecher der Swatch Group, auf eine Mitteilung, welche das Unternehmen zur Begründung des Abschieds von der Baselworld «ab 2019» verbreitet hat.

Appenzell, Taschkent oder Ouagadougou?

Üblicherweise antworten börsenkotierte Konzerne auf Fragen zu Spekulationen, dass man Spekulationen nicht kommentiere. Stattdessen macht sich Sprecher Buess einen Spass daraus, die Spekulationen weiter anzuheizen. Und gibt zu bedenken, dass die Welt stets «voller Gerüchte» sei. Allenfalls habe «die Swatch Group mit Richemont vereinbart, gemeinsam eine neue Messe irgendwo in der Schweiz zu veranstalten», so Buess. Oder aber die «Swatch Group macht eine kleine Baselworld in New York, Ougadoudou, Taschkent, Appenzell, Bümpliz etc.».

Eine Vernebelungstaktik? Oder ein witziger Hinweis darauf, dass die «Anti-Baselworld» in Zürich ins Reich der Märchen gehört? Sicher ist: Der Unternehmer-Pirat Nick Hayek hat grossen Spass daran, die Uhrenwelt im Ungewissen zu lassen. Und: Einem Piraten wie Hayek ist schlicht alles zuzutrauen – selbst eine Messe in Appenzell.

Plan der Halle 1 an der Baselworld 2018.

Plan der Halle 1 an der Baselworld 2018: Gähnende Leere ohne die Marken der Swatch-Group (gelb umrandet).

Quelle: Watchpro

Gerangel um die besten Plätze

Doch egal, ob die Swatch-Group ihre Neuheiten nun in Bümpliz, Zürich oder Taschkent zeigt oder ob Hayek einen ganz anderen Plan ausheckt – er könnte auch ein Boot chartern und während dem Genfer Uhrensalon SIHH, der eigentlich den Richemont-Brands «gehört», auch seine Kollektionen vorführen, wie es Jean-Claude Biver mit seinen LVMH-Marken gerne tut: In der Halle 1 der Basler Messe – dem Herzstück der Baselworld – herrscht ohne die Hayek-Marken gähnende Leere (siehe Grafik oben). Denn Omega, Blancpain und Co. haben im Zentrum der Halle riesige Flächen gemietet.

Entsprechend gross ist hinter den Kulissen bereits das Gerangel um die besten Plätze, wie das britische Magazin «WatchPro» berichtet. Logisch wäre, wenn das neue Baselworld-Management um Michel Loris-Melikoff Breitling den bisherigen Platz von Omega zuweisen würde. Das würde nicht nur den grossen Ambitionen von Breitling-Chef Georges Kern gerecht, sondern auch der Bedeutung der Marke: In der vordere Hälfte der Halle 1 wären Blockbuster-Brands unter sich.

Dann wird es delikater: Chanel und Carl F. Bucherer könnten auf die bisherigen Plätze von Breguet und Blancpain rücken, räsoniert WatchPro. Beide Marken haben jedenfalls das Prestige, um vorne mitzumischen.

Darf Citizen ins Parterre?

Trotz solchen Upgrades bliebe noch Platz im Parterre der Halle 1. Logisch daher wäre, wenn die Baselworld die japanische Citizen Watch Company – zu ihr gehören die Marken Bulova, Alpina, Frederique Constant, Arnold & Son und Ateliers de Monaco – von ersten Stock nach unten bitten würde. Gegenüber WatchPro liess das Unternehmen verlauten, durchaus daran interessiert zu sein. Skeptischer dagegen sollen die Schweizer Aussteller sein. Sie würden eine Halle mit auschliesslich Schweizer Ausstellern bevorzugen.

Das Problem für Loris-Melikoff: Lässt er Citizen zügeln, müsste er konsequenterweise auch Seiko und Casio upgraden. Denn: Sie gehören – wie Citizen – umsatzmässig zu den grössten Uhrenherstellern der Welt.

Umfrage unter Ausstellern

Loris-Melikoff aber will sich nicht noch in die Karten schauen lassen, wie er in einem grossen Interview mit dem Schweizer Uhren-Magazin «Watch Around» sagte (Zugang nur für Abonnenten). Derzeit befragt er Aussteller, wie sie sich die Baselworld 2020 vorstellen. Die Ergebnisse der Umfrage will er dann an der Baselworld 2019 präsentieren. Die Antworten werden ein Element seiner Strategie, die Baselworld in die Zukunft zu retten.

Möglicherweise gar wieder mit der Swatch Group: «Nick Hayek weiss», so Loris-Melikoff gegenüber «Watch Around», «dass ich ihn sehr schätze und dass ich seine Entscheidung respektiere. Es ist nicht meine Sache, einem wichtigen Unternehmer zu sagen, was er zu tun hat. Wenn er morgen von den Veränderungen überzeugt ist, wird er vielleicht zum Schluss kommen, dass ich meinen Job gut gemacht habe.»

Marcel Speiser Handelszeitung
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