Wie schon in den Vorjahren droht im 2025 ein neuerlicher Prämienschock. Dabei ächzen Schweizer Haushalte bereits jetzt gewaltig unter den steigenden Krankenkassenprämien.

Die bittere Pille kommt von Comparis. Der Vergleichsdienst hat seine jährliche Prognose für die Entwicklung der Grundversicherungsprämien aufgestellt. Im Schnitt müssen die Versicherten im 2025 mit einem Anstieg von 6 Prozent rechnen.

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Gesundheitsexperte Felix Schneuwly (64) von Comparis: «Das ist die dritte überdurchschnittliche Prämienerhöhung in Folge.» Damit nicht genug: Einige Kantone und regionale Kassen könnten laut Schneuwly sogar gezwungen sein, die Prämien um 10 Prozent zu erhöhen.

Kassen fehlt das Polster

Die Kosten für die Prämien steigen schon seit gut zwei Jahrzehnten – mit zunehmendem Tempo. Einen Treiber sieht Schneuwly, wie die Jahre zuvor, im dünnen Reservepolster der Krankenkassen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zwang Krankenkassen dazu, ihre Reservepolster abzubauen. Je höher die Reserven eines Versicherers waren, desto mehr Kapitalerträge hatte er, um die Prämien zu subventionieren. Diese fehlen den Kassen nun.

Schneuwly: «Ohne den politisch erzwungenen Reservenabbau wären die Prämien in den letzten Jahren um unter 3 Prozent pro Jahr und Person gestiegen.»

Schätzungen oft unter dem tatsächlichen Wert

Wie treffsicher sind die Comparis-Prämienprognosen? Sie sollen einen ungefähren Ausblick bieten, heisst es. Eine Analyse der Veröffentlichungszeitpunkte der letzten zehn Jahre zeigt: Zuletzt lagen die Schätzungen jeweils unter der Höhe des tatsächlichen Prämienanstiegs. So prognostizierte Schneuwly 2023 und 2024 einen Anstieg um 5 respektive 6 Prozent. In den betreffenden Jahren stiegen die durchschnittlichen Kosten aber um 6,6 respektive sogar 8,7 Prozent.

Es gab aber auch Jahre, in denen die Prämien-Prognosen teilweise sehr deutlich über dem tatsächlichen Anstieg lagen. Beispielsweise im Jahr 2019, als das Vergleichsportal einen Prämienanstieg um 4 Prozent prognostizierte, sich die Prämien aber nur um 1,1 Prozent verteuerten.

Generell liegen die Prognosen immer im ungefähren Bereich der tatsächlichen Werte und selten mehr als 1 Prozent daneben.

Leistungskatalog als wirtschaftlicher Knackpunkt

Sowohl Gesundheitsexperte Schneuwly als auch der Krankenkassen-Dachverband Santésuisse kritisieren, dass immer mehr Leistungen in die Grundversicherung aufgenommen werden. Die Schuld sehen sie bei der Politik. Bundesbern habe es in den letzten Jahren versäumt, griffige Sparmassnahmen zu beschliessen, meinte Santésuisse-Direktorin Verena Nold (61) schon bei der letzten Prämienrunde zu Blick. «Kaum wird eine Leistung in den Katalog aufgenommen, wird alles teurer», sagt sie. Und für die Schweizer Haushalte bedeutet das, dass sie immer tiefer in die Taschen greifen müssen.

Deshalb fordert Nold einen Marschhalt: keine zusätzliche Ausweitung des Leistungskatalogs. Doch das ist nicht ganz so einfach. «Teilweise ist dies hinsichtlich des dynamischen Umfelds in der Pharma- und Medizinbranche gar nicht möglich», sagt Schneuwly. Als Beispiel führt er die Abnehmspritzen Wegovy und Ozempic an. Wären diese nicht aufgenommen worden, hätten Personen mit Diabetes in diesem Punkt keine Kostendeckung.

Schweiz stimmt bald über die Prämien ab

Zusätzliche Sprengkraft hat die Publikation der Prämien-Prognose, weil die Schweizer Bevölkerung am 9. Juni über eine Prämien-Entlastung abstimmt. Zufall oder nicht? Schneuwly verneint einen Zusammenhang: «Die Umfrage erscheint jedes Jahr Ende Mai, Anfang Juni.» Ein Blick in die Datenbank bestätigt dies: 2023 publizierte Comparis die Umfrage am 6. Juni, 2022 am 5. Mai.

Die beiden Initiativen zur Prämienentlastung und Kostenbremse liegen in der aktuellen SRG-Umfrage knapp im Ja-Bereich. Mit 52 Prozent fällt die Zustimmung zur Kostenbremsen-Initiative der Mitte noch etwas knapper aus als die 56 Prozent für die Prämienentlastungs-Initiative der SP. Ob die Comparis-Prognose für weitere Zustimmung in der Bevölkerung sorgt, wird sich in der nächsten Erhebung zeigen.

Olivia Ruffiner
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