Das beste Mittel gegen unerwünschte Übernahmen ist ein hoher Aktienkurs - das weiss auch das Top-Management von Leica Geosystems. Vergangene Woche kündigte das Unternehmen deshalb als ersten Schritt ein Aktienrückkaufprogramm an im Umfang von 100 Mio Fr. Diese Massnahme bewirkt im Rahmen der drohenden Übernahmeszenarien eine Reduktion der liquiden Mittel und damit eine Erhöhung des Netto-Kaufpreises für jeden Käufer. Eine zweite, damit einher gehende bewährte Massnahme ist das Emportreiben des Aktienkurses über den angebotenen Kaufpreis von 440 Fr. - auch das erfolgte bereits vergangene Woche mit einem neuen Geschäftsplan. Und Leica übernimmt die kanadische Firma Terramatics Systems und stärkt seine Position in Nordamerika. Das dritte Standbein der Verteidigung bildet ein umfangreiches Programm von Roadshows. Dabei sollen vor allem die institutionellen Anleger überzeugt werden, dass der angebotene Übernahmepreis zu gering ist und die Aktie mehr Potenzial hat.
Damit hat Leica Geosystems seine Möglichkeiten zwar noch nicht ausgeschöpft, aber bei weiteren, in den USA verbreiteten Abwehrmassnahmen würden rechtliche Probleme entstehen wie zum Beispiel die Verletzung von gesetzlichen Bestimmungen, Klagen eigener Aktionäre oder von Hexagon.
Der «Weisse Ritter» fehlt
So ist ein weiterer aggressiver Aufkauf von eigenen Aktien, in einer zweiten Phase auch durch Verschuldung, aufgrund der 10% Limite des Obligationenrechts nicht möglich. Ebenso ist eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts, um die Stimmrechtsquote des Aufkäufers gering zu halten, nicht praktikabel. Für die Einführung von Stimmrechtsbeschränkungen oder eine Opting-out-Klausel ist eine ausserordentliche Generalversammlung erforderlich.
Für weitere mögliche strategische Schritte wie die seriöse Suche nach einem «Weissen Ritter» fehlt die Zeit. In Frage käme der US-Konkurrent Trimble, es bestehen aber zu viele Überlappungen, und es würden Einsprachen von Wettbewerbshütern drohen. Weil Leica Geosystems keine Turnaround-Firma ist, ist auch das Interesse von Private-Equity-Firmen gering. Und ein nahe liegender Verkauf der Sparte Metrologie (Vermessung von Industrieprodukten) an eine Drittfirma würde vielleicht die industrielle Logik etwas schwächen, aber Hexagon ist hier Marktführer und argumentiert, dass die anderen Unternehmensteile nach wie vor attraktiv sind.
Leica Geosystems hatte sich zudem, wie viele andere Unternehmen, in den vergangenen Jahren eine aktionärsfreundliche Corporate Governance gegeben und viele mögliche Abwehrmittel gegen Übernahmen gar nicht in die Statuten aufgenommen. So fehlen Sonderkonditionen für das Management im Übernahmefall («Goldene Fallschirme») und vertragliche Absprachen gegenüber Kunden und/oder Zulieferern. Solche Absprachen können Verkäufe oder Weiterlizenzierungen von Patenten oder neue Technologien betreffen. Somit bleibt dem Leica-Management nur, den Aktienkurs auch über die Angebotszeit von Hexagon hinaus oben zu halten.