Wie viel Schweiz steckt in der Swiss? Diese Frage muss sich die Fluggesellschaft seit der Übernahme durch die deutsche Lufthansa-Gruppe im Jahr 2005 gefallen lassen. Jetzt zeigt ein brisantes internes Papier, das dem «Handelsblatt» vorliegt, dass die Lufthansa die Swiss weiter verdeutschen will.
Demnach sollen zentrale Funktionen wie das Streckennetz, Vertrieb oder Loyalitätsprogramme künftig direkt aus der Lufthansa-Zentrale in Frankfurt (D) gesteuert werden. Die Premium-Airlines – darunter auch die Swiss – müssen diese Kompetenzen abgeben und dürften sich künftig nur noch auf das Erlebnis an Bord konzentrieren. Das Projekt mit dem Namen «Matrix Next Level» soll bereits Anfang 2026 umgesetzt werden.
Harsche Kritik an Lufthansa-Plänen
Der Grund für die Massnahmen: Lufthansa-CEO Carsten Spohr (58) will den Profit und die Passagierzufriedenheit steigern. Einzig die Swiss schreibt schwarze Zahlen – alle anderen Lufthansa-Airlines hinken hinterher. Deshalb ist man in Frankfurt überzeugt: Es muss sich etwas ändern.
Gerald Wissel vom Luftfahrtberatungsunternehmen Airborne Consulting kritisiert die Pläne der Lufthansa-Gruppe gegenüber dem «Handelsblatt» deutlich: «Es passt einfach nicht zusammen, dass der CEO einer Gruppen-Airline für Umsatz und Ergebnis zuständig ist, aber gleichzeitig nicht mehr alleine über Flotte, Flugplan und Preisgestaltung entscheiden darf.» Er sieht eine düstere Zukunft für die Swiss: «Zur Ehrlichkeit gehört, offen zu sagen, dass die einzelnen Airlines nur noch Produktionsplattformen sind.»
Das sagt die Swiss
Auf Anfrage der Handelszeitung schreibt die Swiss: «Wir können bestätigen, dass die Lufthansa Group gemeinsam mit den Konzernairlines ihre Organisationsstruktur überarbeitet. Als Teil der Lufthansa Group wird auch geprüft, in welchen Bereichen wir noch mehr von den Synergien einer starken Gruppe profitieren können.» Da diese Arbeiten «noch im Gange» seien, können weitere Details nicht veröffentlicht werden. Die Swiss-Medienstelle legt Wert auf folgenden Satz: «Wichtig ist uns aber zu sagen, dass die Swiss als starke Airline bestehen bleibt. In Zukunft soll sie weiterhin Entscheide für ihr Angebot selbst fällen können.»
Kein Wunder, hat die Swiss keine Lust auf Befehle aus Frankfurt. Als einzige Airline, die regelmässig fette Gewinne einstreicht, will sie wohl weiterhin selber entscheiden, welche Ziele sie anfliegt, welche Flugzeuge sie dafür einsetzt und wie sie ihre treusten Kunden bei Laune hält. Gegen aussen will die Lufthansa-Tochter den Familienfrieden wahren und betont: Man sitze bei der Ausarbeitung der Organisationsstruktur mit am Tisch, heisst es. Eine profitable Lufthansa-Gruppe sei auch im Interesse der Swiss. «Eine Zusammenarbeit ist für uns innerhalb der Gruppe selbstverständlich und auch nichts Neues.»
Gegenüber der Nachrichtenagentur AWP erklärte die Lufthansa, Ziel des gruppenweiten Umstrukturierungsprogramms «Matrix Next Level» seien eine bessere Organisationsstruktur und bessere Arbeitsprozesse. Die Netzwerkgesellschaften sollten in den Gremien repräsentiert und damit in alle Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Zu Details äusserte sich das Unternehmen nicht.
Zur Lufthansa-Gruppe gehören neben der Swiss die Airlines Lufthansa, Austrian, Brussels, Discover, ITA Airways, CityLine, City Airlines, Air Dolomiti, Eurowings sowie die Ferienfluggesellschaft Edelweiss Air.
Ob in der Schweiz wegen den Lufthansa-Plänen Jobs verloren gehen, ist unklar. Die Swiss wollte sich dazu gegenüber der Handelszeitung nicht weiter äussern.